Set-Point-Theorie: schlanke und übergewichtige Frau
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Set-Point-Theorie

Von: Gesundheit-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 23.05.2012

Die Set-Point-Theorie beschreibt die Regulation des Körpergewichts. Nach dieser Theorie hat jeder Mensch ein bestimmtes Körpergewicht, bei dem es ihm relativ gut geht, und welches vom Stoffwechsel unter normalen Bedingungen konstant gehalten wird. Die Höhe dieses individuellen Gewichts wird als Set-Point bezeichnet. Sein genauer Wert ist wahrscheinlich angeboren und kann dauerhaft beziehungsweise langfristig nicht wesentlich beeinflusst werden, ohne dass gesundheitliche Schwierigkeiten auftreten. Das bedeutet, dass der Körper darum bemüht ist, das für ihn normale Ausgangsgewicht - den Set-Point - beizubehalten.

Gewicht pendelt sich ein

Ein kurzfristiges Abnehmen unter das individuelle Set-Point-Gewicht ist zwar möglich, jedoch pendelt das Gewicht längerfristig wieder in Richtung des Ausgangspunktes. Es kommt zu einer Gegenregulation, die einer zu starken Gewichtsabnahme entgegenwirkt. Das gleiche Prinzip gilt auch für die umgekehrte Richtung: im Anschluss an eine hochkalorische «Mastkur» treten spezielle Veränderungen im Stoffwechsel ein, so dass über längere Zeit das frühere, normale Ausgangsgewicht (Set-Point) wieder erreicht wird.

Die Erkenntnisse über den Set-Point sind nicht neu. Bereits in den 50er und 60er Jahren wurden wissenschaftliche Untersuchungen über die Auswirkungen von Gewichtsreduktion oder hochkalorischer Ernährung auf das Körpergewicht und die Befindlichkeit durchgeführt. Ein Teil dieser Untersuchungen gilt auch heute noch als klassisch.

Studien zur Set-Point-Theorie

Die wohl wichtigste Untersuchung wurde 1950 in den USA von der Arbeitsgruppe um Keys durchgeführt. Ziel der Studie war, die Folgen von Hungern auf das seelische und körperliche Befinden zu untersuchen. An der Untersuchung nahmen junge, psychisch gesunde Männer mit durchschnittlichem Gewicht teil. Die gesamte Studiendauer betrug ein Jahr.

Während den ersten drei Monaten ernährten sich die Männer normal, entsprechend ihren bisherigen Essgewohnheiten. In den folgenden sechs Monaten, der eigentlichen Diätphase, wurde die individuelle Kalorienmenge halbiert. Unter dieser Reduktion der Kalorien verloren die Teilnehmer durchschnittlich 25 Prozent ihres Körpergewichts. In den letzten drei Untersuchungsmonaten bekamen die Teilnehmer wieder zunehmend mehr zu essen und nahmen entsprechend langsam wieder an Gewicht zu.

Auch Gesunde ändern Verhalten

Die Ergebnisse zeigten nebst der Gewichtsänderung überraschende Abweichungen im Verhalten der Männer: Während der Diätphase waren sie gedanklich immer mehr mit Essen beschäftigt und konnten sich immer weniger auf anderes konzentrieren. Dies galt nicht nur für Gesprächsthemen, sondern auch für Lesematerial. Einige begannen Kochbücher zu lesen und Rezepte zu sammeln. Sie verbrachten viel Zeit damit, sich Gedanken über kommende Mahlzeiten zu machen. Zum Teil verbrachten die Teilnehmer Stunden beim Essen einer Mahlzeit, für die sie früher nur wenige Minuten benötigt hätten.

Sie erlebten außerdem große Stimmungsschwankungen. Die meisten wurden gereizt und nervös, viele depressiv. Sie verloren das Interesse an sozialen Kontakten und zogen sich zunehmend zurück. Die Fähigkeit zur Konzentration und Auffassung nahm deutlich ab.

Gefühl für Hunger verloren

Das Gleiche passierte mit der körperlichen Leistungsfähigkeit. Bei vielen traten Schlafstörungen oder Beschwerden im Magen-Darm-Bereich auf. Der Grundumsatz und damit der Energieverbrauch der Teilnehmer reduzierte sich um circa 40 Prozent. Deshalb verloren die Männer weniger Gewicht, als aufgrund der Kalorienreduktion eigentlich zu erwarten gewesen wäre.

Während der Diätphase traten bei den Männern erstmals Essanfälle auf, wofür sich die Betroffenen schämten. Das normale Gefühl für Hunger, Sättigung und Appetit kam den meisten völlig abhanden. Diese Probleme dauerten auch nach Beendigung der Diät noch eine Weile an. In der abschliessenden Phase der Untersuchung nahmen die Teilnehmer wieder an Gewicht zu und erreichten wieder ihr Ausgangsgewicht.

Was bewirkt Gewichtszunahme?

Eine weitere wichtige Untersuchung ging der Frage nach, wieweit das Gewicht eines Menschen durch starke Erhöhung der täglichen Kalorienzahl ansteigt und welche Folgen sich daraus für das seelische Befinden ergeben. Diese Untersuchung wurde 1968 von der amerikanischen Forschungsgruppe um Sims durchgeführt. 15 Männer erhöhten innerhalb von sechs Monaten ihr Gewicht um 25 Prozent. Anfangs nahmen die meisten Teilnehmer problemlos einige Kilogramm zu.

Dies änderte sich jedoch im weiteren Verlauf: Nur vier Männer nahmen durch die Überernährung (maximal 10’000 Kcal. pro Tag) deutlich zu. Die restlichen Teilnehmer mussten sich für eine weitere Gewichtszunahme enorm anstrengen und mit viel Überwindung grosse Mahlzeiten essen, um auch ausreichend zuzunehmen. Unter der Bedingung einer hochkalorischen Ernährung hatte sich der Grundumsatz der Teilnehmer stark erhöht.

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Ausgangsgewicht nach Überernährung

Das heißt, der Stoffwechsel verbrauchte mehr Kalorien, indem er beispielsweise mehr Wärme und Schweiß produzierte. Aus diesem Grund hielt sich die beobachtete Gewichtszunahme in Grenzen und fiel geringer aus, als aufgrund der Kalorienzufuhr zu erwarten gewesen wäre. Drei Teilnehmer hatten bis zum Ende der Untersuchung das Ziel einer 25 prozentigen Gewichtszunahme nicht erreicht.

Nach Beendigung der Überernährung nahm die Mehrzahl der Teilnehmer schnell wieder ab und erreichte ihr Ausgangsgewicht. Nur zwei Männer blieben übergewichtig; bei diesen beiden lag eine familiäre Vorbelastung mit Übergewicht vor und sie nahmen bereits von Anfang der Untersuchung an rasch und problemlos zu.

Fazit: Set-Point-Theorie

Die Ergebnisse belegen die Set-Point-Theorie, nach der das individuelle Körpergewicht zu einem überwiegenden Teil biologisch festgelegt ist. Diäten sind keine dauerhaft wirksame Methode zur Gewichtsregulation, da spezifische Stoffwechselmechanismen der Diät entgegenwirken und so der Set-Point «verteidigt» wird. Das heisst, das Gewicht wird auf dem Niveau des Ausgangsgewicht stabilisiert.

Unregelmässiges Essen, Fasten, Erbrechen, Essanfälle und der Gebrauch von Abführmitteln oder Appetitzüglern haben als gemeinsame Wirkung eine erhebliche Störung der normalerweise vorhandenen Gefühle für Hunger und Sättigung. Deshalb können auch bei bisher gesunden Menschen (mit normalem Essverhalten) im Rahmen einer stark kalorienreduzierten Diät alle Merkmale einer Magersucht oder Essbrechsucht auftreten.