Angststörung: Ursachen, Symptome & Behandlung
Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen weltweit. Nicht nur unterscheidet man verschiedene Formen, auch die Symptome sind überaus vielseitig. Neben der generalisierten Form können beispielsweise auch spezifische oder soziale Phobien bestehen. Unbehandelte Angsterkrankungen beeinträchtigen das psychische, körperliche und soziale Leben und sorgen für eine massive seelische Belastung. Umso wichtiger ist es, die Angststörung möglichst frühzeitig zu erkennen und zu therapieren.
Was ist eine Angststörung?
In gewissem Rahmen gehören Angstreaktionen zum Leben, haben sie doch eine Schutzfunktion. Laufen Angstzustände aber aus dem Ruder, bestimmen sie den Alltag und sorgen für Leidensdruck, ist das ein Anzeichen für eine Angststörung (anxiety disorder).
Grundsätzlich sind Angsterkrankungen sehr vielschichtig. Eine allgemeine Definition könnte aber lauten: Bei der Angststörung handelt sich um eine psychische Störung, bei der Ängste in übersteigerter Form überhandnehmen und zu einer Vielzahl körperlicher und seelischer Symptome führen können.
Kennzeichnend sind folgende Aspekte:
- Vorhandene Ängste sind übersteigert und anhaltend, für Außenstehende nicht nachvollziehbar und scheinen unangemessen.
- Die Angstgefühle treten häufig auf.
- Die Ängste beeinträchtigen die psychische, körperliche und soziale Funktionsfähigkeit Betroffener.
Ohne geeignete Therapie wird eine Angststörung meist chronisch. Mit unbehandelten Angststörungen sind häufig sozialer Rückzug sowie Substanzmittelabhängigkeit – vor allem von Alkohol – verbunden. Bei rascher Diagnose und Behandlung ist die Prognose aber üblicherweise sehr gut bis hin zur völligen Symptomfreiheit.
Häufigkeit von Angststörungen
Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen überhaupt. Man geht davon aus, dass deutschlandweit etwa fünf bis fünfzehn Prozent aller Menschen betroffen sind. Die Dunkelziffer darf als hoch angenommen werden. Auch als Begleiterkrankung anderer psychischer Krankheiten wie etwa Depressionen oder Zwangsstörungen tritt die Angststörung häufig auf.
Frauen sind bis zu doppelt so häufig betroffen wie Männer. Es ist allerdings durchaus denkbar, dass sie sich einfach öfter in Therapie begeben und deshalb leichter statistisch erfasst werden können.
Was sind die häufigsten Angststörungen?
Angststörungen lassen sich in verschiedene Untergruppen einteilen. Entscheidend ist, was die jeweiligen Ängste auslöst. So kann es konkrete Auslöser geben, oder aber die Ängste sind eher allgemein gefasst.
Die gängigen Formen sind:
- Generalisierte Angststörung: Es handelt sich dabei um langanhaltende, häufig unbegründete Ängste und Sorgen, die sich auf den Alltag oder die Zukunft beziehen. Sie sorgen für Unruhe und Nervosität und zeigen sich in der Regel deutlich übersteigert. Typisch ist etwa die Angst vor Unfällen oder Krankheiten. Bei der generalisierten Angststörung treten Symptome eher moderat auf. Die Abgrenzung zur Depression fällt nicht immer leicht.
- Spezifische Phobien: Die Ängste beziehen sich auf konkrete Dinge oder Situationen, von denen aber nicht zwingend eine Gefahr oder Bedrohung ausgeht. Die deutlich übermäßige Angst tritt oftmals allein beim Gedanken an den Auslöser auf. Bekannt sind etwa Phobien vor Tieren wie Spinnen, Schlangen oder Mäusen, Agoraphobie (Furcht vor öffentlichen Plätzen beziehungsweise in Menschenmengen), die Angst vor Höhe, Dunkelheit, Prüfungen, Spritzen oder vor dem Fliegen.
- Soziale Ängste: Man bezeichnet soziale Ängste auch als Sozialphobie oder soziale Angststörung. Hier kommt es zu übersteigerter Angst vor sozialer Interaktion beziehungsweise Situationen, in denen man den Blicken und vermeintlichen Bewertungen anderer ausgesetzt ist.
- Panikstörung: Man verbindet die Panikstörung gemeinhin mit dem Auftreten von Panikattacken. Anfallsartig kommt es hierbei zu Angst und Panik. Es handelt sich dabei um extreme Ängste, mit denen eine starke körperliche Reaktion verbunden ist. Zwar kann es konkrete Auslöser für die Angstanfälle geben, das muss aber nicht zwingend der Fall sein.
Wie äußern sich Angststörungen?
Wie merkt man nun aber, dass man eine Angststörung hat? Wie verhalten sich Menschen mit Angststörung? Die Störungen zeigen sich ganz unterschiedlich, genauso wie begleitende Symptome. Dabei treten heftige Angstattacken mit deutlich ausgeprägter körperlicher Reaktion ebenso auf wie langsam ansteigende Ängste mit scheinbar moderater Symptomatik. Die Anzeichen sind demnach ausgesprochen vielfältig und machen sich seelisch wie körperlich bemerkbar.
Typische körperliche Symptome einer Angststörung sind Schlafprobleme, Verdauungs- und Appetitstörungen, Übelkeit, Verspannungen und Rückenschmerzen sowie Kopfschmerzen. Die akute Angstreaktion äußert sich oftmals durch Kurzatmigkeit bis hin zu Atemnot, Zittern, Herzrasen, Beklemmungsgefühle in der Brust sowie Schweißausbrüche. Auch Schwindel bis hin zur Bewusstlosigkeit können durch die Reaktion der Psyche ausgelöst werden. Betroffene berichten zudem von einem Kribbelgefühl am ganzen Körper, Schüttelfrost, Taubheitsgefühlen der Haut sowie Ohrendruck. Oft macht sich ein Schwächegefühl in den Beinen bemerkbar, das als weiche Knie oder auch als schwere Beine beschrieben wird. Nicht zuletzt ist die Angstreaktion häufig von Mundtrockenheit oder vermehrtem Speichelfluss begleitet.
Eine Angststörung wirkt sich zudem deutlich auf das seelische Befinden aus. Selbstwert und Selbstbewusstsein leiden massiv, das Gefühl des Ausgeliefertseins wird mitunter unerträglich. Viele Betroffene berichten von einer ständigen "Angst vor der Angst" sowie dem Gefühl von Kontrollverlust. In akuten Angstsituationen machen sich mitunter auch Entfremdungsgefühle sowie das Gefühl von Unwirklichkeit breit. Nervosität und Ruhelosigkeit scheinen allgegenwärtig.
Mit der Zeit spitzen sich auch Probleme im sozialen Umfeld – also innerhalb der Familie, im Freundeskreis oder Arbeitsleben – zu. Wachsende körperliche, seelische und soziale Schwierigkeiten sorgen schleichend für Vermeidungsverhalten und Rückzug bis hin zur Isolation.
Nicht selten werden Ängste zudem mit Alkohol oder anderen Substanzen betäubt. Depression sowie erhöhte Suizidalität sind ebenso mögliche Anzeichen beziehungsweise Folgen.
Angststörung: Symptome im Überblick
Betroffene Menschen können an einer Vielzahl unterschiedlicher Beschwerden leiden. Welche das sind, haben wir im Folgenden noch einmal zusammengefasst:
- Schlafstörungen
- Verdauungsstörungen, Appetitlosigkeit und Übelkeit
- Verspannungen und Rückenschmerzen
- Kopfschmerzen
- Kurzatmigkeit und Atemnot
- Schwäche in den Beinen (kraftlose, wackelige der zittrige Beine)
- niedriger Puls, Schwindel bis hin zu Ohnmacht
- Zittern, Herzrasen, Beklemmungsgefühle in der Brust bis hin zur Todesangst
- heftiges Schwitzen beziehungsweise Schüttelfrost
- Taubheitsgefühl und Kribbeln der Haut
- Ohrendruck
- trockener Mund beziehungsweise vermehrter Speichelfluss
- Nervosität und Unruhe
- reduzierter Selbstwert
- Gefühl des Ausgeliefertseins sowie Kontrollverlust
- Entfremdungsgefühle, Gefühl der Unwirklichkeit
- soziale Schwierigkeiten (Familie, Freundeskreis, Job und so weiter) mit Vermeidungsverhalten und Rückzug bis hin zur Isolation
- Substanzmittelmissbrauch
- Depression und Selbstmordgedanken
Was sind die Ursachen für eine Angststörung?
Die konkrete Ursache für Angststörungen ist nicht geklärt. Man geht davon aus, dass verschiedene Faktoren hier zusammenspielen. Neben der genetischen Komponente dürften das belastende Lebensereignisse in der Vergangenheit (zum Beispiel in der Kindheit) sowie akute Belastungen und Stress sein. Auch erlernte und verinnerlichte Verhaltensweisen, mit Angst umzugehen, spielen eine Rolle.
Nicht zuletzt nehmen körperliche beziehungsweise biologische Faktoren Einfluss. Dazu gehören, neben Nährstoffmangel oder dem Ungleichgewicht von Botenstoffen, schwere Erkrankungen wie etwa Herz- oder Lungenkrankheiten. Bei manchen Phobien, etwa der Angst vor Spinnen, Gewitter oder Höhe, geht man zudem davon aus, dass Urängste wirken.
Wie wird eine Angststörung diagnostiziert?
Die Diagnose einer Angststörung wird bei einem*einer Facharzt*Fachärztin für Psychiatrie gestellt. Zu Beginn steht wie bei jeder Diagnostik die Anamnese, also das Arzt-Patient-Gespräch, anhand dessen sich oftmals schon die erste Verdachtsdiagnose herauskristallisiert. Wesentliche Merkmale sind Qualität und Quantität der Ängste, dass diese Leidensdruck verursachen und die betroffenen Menschen körperlich, seelisch und sozial einschränken. Es gibt keinen speziellen Test, um eine Angsterkrankung zu diagnostizieren, oftmals kommen aber standardisierte Fragebögen zum Einsatz.
Zudem ist es wichtig, organische Ursachen und andere psychische Erkrankungen auszuschließen, die für die Symptome ebenfalls verantwortlich sein könnten. Solche Ausschlussdiagnosen sind etwa Depressionen, Erkrankungen der Schilddrüse, Herzerkrankungen sowie ein Nährstoffmangel.
Wie wird die Angststörung behandelt?
Was kann man nun gegen eine Angststörung tun? Kann man sie auch selbst behandeln? Zwar gibt es einige Möglichkeiten zur Selbsthilfe – dazu abschließend mehr – wie bei jeder anderen psychischen Erkrankung sollte die Behandlung einer Angsterkrankung aber in professionelle Hände gelegt werden.
Konkrete Therapiemaßnahmen richten sich dabei nach der Form der Störung sowie nach der Schwere der Erkrankung. Meist erzielt man mit einer Kombination aus medikamentöser Behandlung sowie Psychotherapie gute Erfolge. Darüber hinaus können Betroffene noch einige Ansätze mehr ausprobieren. Langfristiges Ziel ist es, den Leidensdruck zu minimieren und einen guten Umgang mit der Krankheit zu finden.
Medikamentöse Therapie bei Angststörungen
Gerade zu Beginn der Therapie einer Angststörung ist neben einer Psychotherapie oftmals die Einnahme von Medikamenten sinnvoll. Die Behandlung von Angsterkrankungen ähnelt jener von Depressionen. So kommen vermehrt Antidepressiva, etwa Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Citalopram, Escitalopram, Sertralin, Fluoxetin oder Paroxetin, zum Einsatz. Welches das beste Medikament gegen die vorliegende Störung ist, entscheidet der*die behandelnde Arzt*Ärztin. Lediglich bei spezifischen Phobien ist im Normalfall keine medikamentöse Therapie angezeigt, die Behandlung stützt sich hier auf Psychotherapie.
In schweren akuten Krankheitsphasen können kurzfristig Beruhigungsmittel verschrieben werden. Eine engmaschige ärztliche Begleitung ist hier aufgrund der Gefahr einer Abhängigkeit unbedingt zu empfehlen. Antipsychotika (Neuroleptika) kommen nur selten zum Einsatz.
Psychotherapie bei Angststörungen
Um dauerhaft einen guten Umgang mit der Angsterkrankung zu finden, ist die Psychotherapie besonders wichtig. Neben der Psychoedukation (also der Vermittlung von umfassendem Wissen über die Erkrankung) hat sich bei Angststörungen die kognitive Verhaltenstherapie bewährt. Gibt es konkrete Auslöser für das Angstgeschehen, kann zudem eine Exposition (Konfrontationstherapie) im Rahmen der kognitiven Verhaltenstherapie ratsam sein.
Tipps für Betroffene
Neben professionell begleiteten Therapieansätzen gibt es einiges, das Betroffene selbst tun können, um die Angststörung langfristig in den Griff zu bekommen und die Angstgefühle zu reduzieren:
- Entspannungstechniken wie Meditation, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung nach Jacobson erlernen
- regelmäßige Bewegung beziehungsweise sportliche Betätigung in den Alltag einbauen
- ein Angsttagebuch führen, um Angstauslöser rascher erkennen zu können
- offen über die Erkrankung sprechen
- sich einer Selbsthilfegruppe anschließen