Verhütungsmittel: Methoden zur Verhütung im Vergleich
Verhütung sehen viele Frauen und Männer mittlerweile als selbstverständliche Möglichkeit an, ihr Leben zu planen und berufliche Ziele mit dem Wunsch nach einer Familie in Einklang zu bringen. Eine große Palette verschiedener Methoden bietet zwar individuell optimal zugeschnittene Empfängnisverhütung, stellt aber auf der anderen Seite die Frauen und Männer häufig vor eine schwierige Wahl. Hilfestellung, sich im Dschungel der zahlreichen, oft auch neuen Möglichkeiten zurechtzufinden, gibt der Frauenarzt.
Verhütungsmittel: Wege der Verhütung
Banal gesagt ist ein Verhütungsmittel ein Mittel, um eine Schwangerschaft zu verhindern, also eine "Empfängnisverhütung". Daher auch das Fremdwort Kontrazeption (gegen Empfängnis). Die Möglichkeiten sind mittlerweile so vielfältig, dass es Sinn ergibt, für die verschiedenen Methoden eine Einteilung zu finden. Zunächst lässt sich zwischen Verhütung für Männer und für Frauen unterscheiden.
Männer können derzeit sicher nur mittels Sterilisation oder Kondom verhüten. Weiter lässt sich zwischen reversiblen, also rückgängig zu machenden, und irreversiblen Möglichkeiten der Verhütung unterscheiden. Meist meint man erstere, wenn man von Verhütungsmitteln spricht. Aber auch Sterilisation von Frau oder Mann sind - in der Regel unumkehrbare - Methoden, sich vor einer Schwangerschaft zu schützen.
Eine weitere Einteilung ist die nach dem Weg, auf dem Verhütungsmittel wirken:
- mechanisch
- chemisch
- hormonell
- natürlich
Die verschiedenen Methoden können kombiniert werden. Eine ideale Verhütungsmethode müsste 100-prozentig sicher und schnell wirksam, umkehrbar, ohne Nebenwirkungen, einfach zu handhaben und ohne Einfluss auf die Sexualität sein. Bisher gibt es eine solche nicht. Deshalb spielen bei der Frage, welche Mittel angewendet werden, verschiedene Faktoren eine Rolle.
Nicht nur der Pearl-Index, also die Sicherheit bzw. Versagerquote, muss berücksichtigt werden, sondern auch Alter, Begleiterkrankungen, Lebensrhythmus, Kosten und - nicht zuletzt - auch individuelle Vorlieben.
Was ist der Pearl-Index?
Dieser wichtige Parameter spiegelt die Sicherheit eines Verhütungsmittels. Der Pearl-Index gibt an, wie viele von 100 Frauen, die ein Jahr lang mit einem bestimmten Mittel verhüten, in diesem Zeitraum schwanger werden.
Je höher der Index, desto größer ist die Versagerquote, desto unsicherer also das Mittel. Bezugsgröße ist der Pearl-Index ohne Verhütung, der bei 85 liegt (also 85 von 100 Frauen werden ohne Verhütungsmittel innerhalb eines Jahres schwanger).
Sicherste Methode ist das Verhütungsstäbchen (Pearl-Index 0,1-0,9), unsicherste der Coitus interruptus mit 4-18. Sehr sicher sind vor allem auch die anderen hormonellen Methoden.
Mechanische Verhütung
Bei diesen Methoden benutzt man Hilfsmittel, die vom Frauenarzt oder selbst entweder in der Scheide oder auf dem Penis platziert werden und dadurch einmalig oder über einen längeren Zeitraum verhindern, dass die Spermien ihren Weg zu den Eizellen finden. Zu diesen Hilfsmitteln gehören beispielsweise Kondom oder die Spirale.
Kondom (Präservativ)
Ein Kondom für Männer ist ein Schutz, der über das steife Glied gezogen wird und verhindert, dass das Ejakulat in die Scheide gelangt. Richtig angewendet liegt es im mittleren Sicherheitsbereich (Pearl-Index 2-12).
Das Kondom für Frauen ("Femidom®"), ist ein an einer Seite offener Schlauch, der - mittels eines Ringes gegen Reinrutschen gesichert - in die Vagina eingeführt wird (Pearl-Index 5-25). Es ist bisher nur über Internet oder internationale Apotheken erhältlich.
Kondome haben den Vorteil, dass sie als einziges Verhütungsmittel gegen HIV und andere Infektionskrankheiten schützen.
Pessar, Portiokappe, Lea Contraceptivum®
Pessare (Diaphragma) bestehen aus einer Latexmembran mit einem flexiblen Drahtring, werden vor dem Geschlechtsverkehr in die Scheide eingeführt und verschließen den Muttermund. Kombiniert mit einem chemischen Verhütungsmittel (z.B. Spermizid) liegt der Pearl-Index bei 1-4, sonst bei 20. Pessare müssen vom Frauenarzt angepasst werden.
Ähnlich in Aussehen und Wirkung ist die Portiokappe; sie deckt nur einen kleineren Teil des Muttermundbereiches ab. Die Handhabung ist schwieriger, der Pearl-Index liegt bei 6. Seit 1996 gibt es das Lea Contraceptivum®, eine Weiterentwicklung der Portiokappe, die einfacher in der Handhabung und- ebenfalls bei Kombination mit einem Spermizid - sicherer ist (Pearl-Index 2-3).
Verhütungsschwamm
Er ist klein, rund, aus Polyurethanschaum und durchtränkt mit einer Samen abtötenden Substanz. Er ist einfach zu handhaben und wird ähnlich wie ein Tampon in die Scheide geschoben. Dort kann er bis zu 24 Stunden bleiben, auch bei mehrmaligem Geschlechtsverkehr. Sein Pearl-Index ist 5-10.
Spirale, Kupferkette
Die Kupferspirale (Intrauterinpessar = IUP) ist ein t- oder hufeisenförmiges Kunststoffgebilde, dessen Mittelteil von Kupferdraht umwickelt ist. Die dort freigegebenen Kupferionen sind für den Verhütungseffekt verantwortlich. Die Spermien können nur schwer passieren und Eizellen – falls sie doch befruchtet werden – sich nicht mehr einnisten.
Eine Weiterentwicklung ist die Hormonspirale, die seit 1990 auf dem Markt ist und statt Kupfer Gestagene frei setzt.
Eine weitere, neuere Alternative ist die Kupferkette, die ähnlich wie die Kupferspirale wirkt, aber sicherer ist und weniger Nebenwirkungen hat. Beide werden vom Frauenarzt in die Gebärmutter eingesetzt und können dort 3-5 Jahre verbleiben. Die Sicherheit ist mit einem Pearl-Index von 0,05-0,3 hoch.
Chemische Verhütung
Bei diesen Methoden benutzt man chemische Hilfsmittel, die mindestens 10 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr in die Scheide eingeführt werden. Sie wandeln sich dort durch die Körperwärme in einen zähen Schleim oder Schaum um und bilden so für die Spermien eine Barriere. Außerdem enthalten sie Stoffe, die die Beweglichkeit d er Spermien hemmen oder sie abtöten.
Sie sind als Zäpfchen, Schaumzäpfchen, Salben, Gels, Cremes oder Schaumsprays erhältlich. Der Pearl-Index liegt zwischen 3 und 20; empfohlen wird, sie mit anderen Verhütungsmitteln wie Kondomen oder Pessaren zu kombinieren. Nachteil ist, dass chemische Verhütungsmittel die Schleimhäute reizen und so leichter zu Infektionen führen können.
Hormonelle Verhütung
Je nach Zusammensetzung der Hormone verhindern solche Mittel den Eisprung ("Ovulationshemmer"), verdicken den Schleim im Gebärmutterhals und erschweren so den Spermien das Eindringen oder unterbinden die Einnistung der Eizelle in die Gebärmutter. In den letzten Jahren sind neben der seit Anfang der Sechziger eingesetzten klassischen "Antibabypille" eine Reihe von Alternativen entwickelt worden.
Orale empfängnisverhütende Mittel (Antibabypille)
Sie werden über 21 oder 22 Tage täglich in Tablettenform geschluckt, gefolgt von einer Einnahmepause von 7 bzw. 6 Tagen. Sie schützen sofort, müssen allerdings regelmäßig, spätestens 12 Stunden nach dem normalen Rhythmus eingenommen werden. Antibiotika und einige Antiepileptika können ihre Wirkung beeinträchtigen.
Bei dieser noch immer beliebtesten Form der Empfängnisverhütung werden mehrere Kategorien unterschieden:
- herkömmliche Pille (Kombinationspräparat): verhindert den Eisprung durch eine Mischung aus Östrogenen und Gestagenen. Bei Einphasenpräparaten bleibt das Mischverhältnis über den Einnahmezeitraum konstant, bei Zweiphasen- und Dreiphasenpräparate ändert es sich, um besser dem weiblichen Zyklus zu entsprechen (Pearl-Index: 0,1-0,9)
- Mikropille: ist einer herkömmlichen Pille ähnlich, hat allerdings einen geringeren Östrogengehalt (Pearl-Index: 0,2-0,5)
- Minipille: Sie enthält nur niedrig dosierte Gestagene und muss deshalb nach einem strengen Zeitplan eingenommen werden (Pearl-Index: 0,15-3).
Das seit 2002 eingesetzte neue Gestagen Drospirenon ("Yasmin®") wirkt den durch Östrogene verursachten Wassereinlagerungen und der damit verbundenen Gewichtszunahme entgegen, hat positive Auswirkungen auf die Haut und hilft manchmal auch bei prämenstruellem Syndrom. Andere, schon länger bekannte Gestagene wie Chlormadinon und Dienogest wirken auch gegen Akne, Haarausfall und verstärkte Körperbehaarung.
Vaginalring (NuvaRing®)
Dieser weiche, biegsame Ring besteht aus Kunststoff, hat einen Durchmesser von 54 mm und enthält in einem Depot ein Östrogen-Gestagen-Gemisch. Er gibt diese Hormone konstant ab und wirkt wie eine Minipille (Pearl-Index: 0,65). Es wird von den Frauen selbst wie ein Tampon eingeführt und nach drei Wochen wieder entfernt. Nach einer Woche Pause wird der nächste eingesetzt. Er ist seit Februar 2003 auf dem deutschen Markt erhältlich.
Verhütungspflaster (Evra® oder Lisvy®)
Das 4,5 x 4,5 cm große, hautfarbene Hormonpflaster Evra® gibt es in Deutschland seit 2003. Es gibt sein Östrogen-Gestagen-Gemisch kontinuierlich über die Haut in den Körper ab, wird auf Po, Oberarm, Bauch oder oberen Rücken geklebt und wöchentlich gewechselt. Wie bei der herkömmlichen Pille folgt nach drei Wochen eine Woche Pause (Pearl-Index: 0,88; bei übergewichtigen Frauen schlechter).
Seit 2015 ist außerdem das niedriger dosierte, transparente und etwa 11 cm² große Verhütungspflaster Lisvy® erhältlich (Pearl-Index: 0,81; für stark übergewichtige Frauen liegen nicht ausreichend Daten vor).
Verhütungsstäbchen (Implanon®)
Diese Verhütungsmethode mit einem Stäbchen, das Hormone abgibt, ist seit Juni 2000 in Deutschland auf dem Markt. Wie die Dreimonatsspritze enthält es nur Gestagene, die langsam abgegeben werden, sein Empfängnisschutz ist sehr sicher und hält über drei Jahre (Pearl-Index: 0,1-0,9). Das 3-4 Zentimeter lange und 2 Millimeter dünne Stäbchen wird vom Frauenarzt unter die Haut geschoben, und zwar an der Innenseite eines Oberarms.
Dreimonatsspritze
Ähnlich wie die Minipille enthält dieses Verhütungsmittel nur Gestagene, allerdings in Depotform. Es wird alle drei Monate vom Frauenarzt in den Oberarm- oder Gesäßmuskel gespritzt und gibt von dort langsam seine Wirkstoffe ab (Pearl-Index: 0,2-0,5).
Hormonspirale (Mirena®)
Wie die Kupferspirale wird auch die Hormonspirale ("intrauterines System" = IUS) vom Frauenarzt in die Gebärmutter eingesetzt und kann bis zu 5 Jahren verbleiben. Statt Kupfer gibt sie von dort kontinuierlich Gestagene ab. Sie verbindet die Vorteile der klassischen Spirale mit den Methoden der Minipille oder Dreimonatsspritze und ist damit sehr sicher (Pearl-Index: 0,05-0,1).
Natürliche Verhütung
Natürliche Methoden haben zwei Dinge gemeinsam: Zum einen sind sie gesundheitlich völlig unbedenklich (wenn auch manchmal psychisch belastend), zum anderen gehen sie mit Einschränkungen des Geschlechtsverkehrs einher. Die Meisten sind unsicherer als die anderen Verhütungsmittel. Deshalb sollte man sie nur dann einsetzen, wenn man eine mögliche Schwangerschaft in Kauf nimmt.
Coitus interruptus
Seit dem Altertum bekannte und unsicherste Methode ist der Coitus interruptus, bei dem der Mann den Penis kurz vor dem Samenerguss aus der Scheide zieht (Pearl-Index: 4-18).
Kalendermethode
Die Kalendermethode nach Knaus und Ogino beruht auf der Berechnung des Eisprungs und damit Eingrenzung der drum herum liegenden durchschnittlich 8-9 fruchtbaren Tage (12-16 Tage vor dem Menstruationsbeginn). In dieser Zeit wird dann auf Geschlechtsverkehr verzichtet. Der Pearl-Index liegt bei 9.
Hormon- und Temperaturmessung
Bei der Hormon- und Temperaturmessung mittels Mikrocomputer (zum Beispiel Persona®) werden die Hormonkonzentration im Urin oder die Temperatur am Morgen (Basaltemperatur) bestimmt und daraus die fruchtbaren Tage berechnet. Wie bei der Kalendermethode wird dann in dieser Zeit auf Sex verzichtet.
Bei der Hormonmessmethode liegt der Pearl-Index bei 6, bei der Temperaturmethode bei 0,6-3,5. Nicht geeignet sind diese Methoden bei Frauen mit irregulären Menstruationszyklen und unregelmäßigem Alltag.
Auch vom Aussehen und der Konsistenz des Zervixschleims kann auf die fruchtbaren Tage geschlossen werden (Billings-Ovulationsmethode), dies erfordert jedoch einige Übung. In Erprobung ist derzeit ein Gerät, das als Indikator der Empfängnisbereitschaft den Kohlendioxid-Gehalt in der Atemluft misst.
Verhütung mithilfe einer App
Unterstützung bei der Berechnung der fruchtbaren Tage kann auch eine Zyklus-App bieten. Das Angebot solcher Apps ist groß – bei der Auswahl sollten Frauen jedoch genau hinsehen, denn die Verhütungs-Apps verwenden verschiedene Methoden.
Apps, die auf der symptothermalen Methode (NFP-Methode, Natürliche Familienplanung) basieren, verwenden zur Berechnung die gemessenen Daten aus dem aktuellen Zyklus. Dazu müssen Frauen täglich Angaben zu Körpertemperatur und Konsistenz des Gebärmutterschleims oder Weite des Muttermunds eintragen.
Vollkommen ungeeignet zur Verhütung sind Apps, die lediglich den Zyklus-Verlauf der Vormonate dokumentieren und diese Statistik als Basis zur Berechnung des nächsten Zyklus verwenden.
Welche Methode kommt wann infrage?
Das individuell optimale Verhütungsmittel ist am besten mithilfe des Frauenarztes zu finden. Junge Mädchen werden sich häufig für eine niedrig dosierte Pille mit einer Kombination von Östrogen und Gestagen entscheiden. Gute Alternativen sind der Vaginalring und das Verhütungspflaster.
Bei älteren Frauen steigt das Risiko für Östrogen-bedingte Komplikationen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Lungenembolie. Deshalb kann der Umstieg auf ein reines Gestagenpräparat oder auf nicht-hormonelle Verhütungsmethoden wie die Kupferspirale oder das Pessar sinnvoll sein.
Während der Stillzeit sind Methoden geeignet, die nicht die Muttermilch beeinträchtigen. Neben Kondomen sind das vor allem Barrieremethoden wie Pessar, Portiokappe oder Lea Contraceptivum®. Auch reine Gestagenpräparate scheinen keinen Einfluss auf die Milchqualität oder das Wachstum des Kindes zu haben.