Gedächtnistraining
Passiert Ihnen das auch immer wieder, dass Sie eine Information aus Ihrer Erinnerung abrufen wollen, und es findet sich nichts im Gedächtnis? Sie wissen zwar, dass da mal etwas war, aber wie in einem unaufgeräumten Zimmer lässt sich der gesuchte Artikel einfach nicht auffinden? Ihre Augen gleiten mit suchendem Blick im Supermarkt über die Regale, nicht weil Sie auf der Suche nach etwas Bestimmten sind, sondern nur weil Sie doch wissen: Da war doch noch etwas, was ich kaufen wollte? Wenn Ihnen derlei Dinge häufig Kummer bereiten, muss es nicht gleich eine schwerwiegende Gehirnerkrankung sein, die Sie heimsucht: Vielleicht fehlt Ihnen einfach der richtige Umgang, die richtige Übung mit Ihrer Erinnerung. Wie unser Gedächtnis funktioniert und welche einfachen Übungen beim Gedächtnistraining helfen, zeigen wir Ihnen im Folgenden.
Wie funktioniert das Gedächtnis?
Das Gedächtnis des Menschen ist komplex. Zunächst einmal erreichen Informationen über Augen und Ohren das Ultrakurzzeitgedächtnis (sensorisches Gedächtnis). Der Name ist Programm: Eingehende Reize werden tatsächlich nur wenige Sekunden dort abgespeichert und nicht weiter verarbeitet. Soll dies geschehen, werden die Informationen vom Ultrakurzzeitgedächtnis ins Kurzzeitgedächtnis (auch Arbeitsgedächtnis) weitergeleitet. Dieses verarbeitet eingehende Informationen und behält sie für 20 Sekunden bis maximal wenige Minuten. Das reicht häufig aus, um eine entsprechende Reaktion einzuleiten, beispielsweise, um die Antwort auf eine Frage herauszufinden oder um eine Telefonnummer aufzuschreiben.
Ins Langzeitgedächtnis gelangen besonders wichtige oder interessante Informationen über das limbische System. Dieser Teil des Gehirns ist unter anderem für die Gedächtnisbildung verantwortlich. Informationen, die durch Wiederholung oder die Erstellung von Verknüpfungen ins Langzeitgedächtnis gelangen, können dort jahrelang und teilweise lebenslang gespeichert werden.
Das Gehirn benötigt Training
Der richtige Umgang mit unserem Gehirn ist ebenso nötig wie ein wenig Übung beim "Einprogrammieren" von Informationen. Gerade ältere Menschen haben häufiger das Gefühl, ihr Gedächtnis lasse sie im Stich. Neben altersbedingten Strukturveränderungen im Gehirn kann dies auch durch die schlechtere Aufnahme von Reizen durch vermindertes Seh- und Hörvermögen sowie weniger Stimulation des Gehirns begünstigt werden. Gedächtnistraining ist also für Senior*innen besonders wichtig. Aber natürlich kann jede*r davon profitieren, das Gedächtnis zu stimulieren. Mit den folgenden Übungen können Sie neue Gehirnzellen aktivieren und die Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn trainieren.
Gedächtnistraining: Übungen
Nehmen Sie sich zehn Begriffe vor und versuchen Sie, sich diese innerhalb einer Minute einzuprägen. Gehen Sie dann fünf bis zehn Minuten Ihrer normalen Beschäftigung nach und versuchen Sie anschließend, die Liste vollständig aufzuschreiben. Hier die Liste:
- Smartphone
- Tannenzapfen
- Türzarge
- Wackelpudding
- Polaroidfoto
- Klebestift
- Namensschild
- Sekundenzeiger
- Tischbein
- Katzenkratzbaum
Und, hat es geklappt? Im Zweifelsfall recht gut, denn schließlich waren Sie auch hochmotiviert und haben sich Mühe gegeben. Das ist im Alltag seltener der Fall. Welche Tipps können dabei helfen, Informationen besser im Gedächtnis zu behalten? Hier können verschiedene Wege zum Ziel führen.
Beispielsweise kann es beim Lesen der Begriffe helfen, eine Geschichte um diese herum zu konstruieren. Denn eine Geschichte merkt man sich wesentlich besser als reine Begriffe. Zu anstrengend? Dann versuchen Sie doch mal, sich vorzustellen, wie Sie jeden einzelnen der genannten Gegenstände kaputtmachen. Am besten, Sie nehmen dabei jeweils den zuerst Gelernten und demolieren damit den nächsten.
Kreativität ist wichtig
Lassen Sie Ihrer Phantasie freien Lauf. Möchten Sie es auf die eine oder andere Art noch einmal probieren mit dem Listenlernen? Dann hier noch eine Liste:
- Nagellack
- Kaffeetasse
- Flachbildschirm
- Fenstergriff
- Korkenzieher
- Käsereibe
- Pappschachtel
- Kugelschreiber
- Glasauge
- Telefonhörer
Das Prinzip der "Gedächtnis-Kunst" besteht darin, dass neben der aufmerksamen Beschäftigung mit dem zu Lernenden der Lernstoff in das Gedächtnis durch Wiederholung oder im Idealfall durch Verknüpfung ins Langzeitgedächtnis gelangt. Handelt es sich um solche Listen wie die obige, ist es wichtig, die Begriffe auch untereinander zu verknüpfen, damit ein Gegenstand der Liste zum nächsten führt.
Hierdurch wird der Eindruck des zunächst abstrakten Begriffes verstärkt ins Gedächtnis eingespeichert. Sie haben den Tannenzapfen in der ersten Liste oben vergessen? Haben Sie nur das Wort "Tannenzapfen" fokussiert oder hatten Sie ihn wirklich geistig vor Augen? Haben Sie gespürt, wie er in der Hand piekst? Haben Sie den harzigen Geruch bemerkt? Das Rauschen im Wald gehört? Sich ans Zapfensammeln im Kindesalter erinnert? Dann hätten Sie ihn vielleicht nicht so leicht "geistig fallengelassen".
Zahlen und abstrakte Begriffe
All dies funktioniert noch recht einfach mit Begriffen, die konkrete Gegenstände beschreiben. Schwieriger ist es, wenn Begriffe für abstrakte Dinge, wie zum Beispiel das Wort "Gerechtigkeit" auftaucht. Besonders abstrakt sind zudem Zahlen. Sich Nummern zu merken, fällt den meisten Menschen am schwersten.
Doch auch hier kann die Anwendung der Phantasie Abhilfe schaffen: Wenn man sich ein System von "Stellvertretern" ausdenkt, bei dem jede Zahl, beispielsweise zwischen eins und hundert, für einen Gegenstand steht, fällt es schlagartig leichter, die schwerverdaulichen Zahlenreihen ins Gedächtnis zu bannen. Die Bilder, die dabei den Zahlen zugeordnet werden, sollten möglichst naheliegend sein, um sie sich leichter zu merken: Für die sechs bietet sich beispielsweise ein Würfel an, für die acht eine Sanduhr, für die elf eine Fußballmannschaft.
Hat man sich auf diese Weise ein Hunderter-System überlegt und verinnerlicht, lassen sich Zahlenabfolgen beliebig in Form von Bildern oder Gegenständen darstellen, aus denen dann wieder (wie bei den Listen) eine Geschichte oder Ähnliches geknüpft werden kann.
Welche Tipps können noch das Gedächtnis trainieren?
Neben diesen konkreten Übungen können auch einige weitere Tipps dabei helfen, das Gehirn dauerhaft fit zu halten. So ist es wichtig, beide Gehirnhälften immer wieder neu zu stimulieren: Sowohl die linke Gehirnhälfte, die für das logische, sprachliche Denken verantwortlich ist, als auch die rechte Gehirnhälfte, die für bildhaftes Erkennen, für Gerüche, optische Eindrücke und die Phantasie zuständig ist. Dies geht beispielsweise, wenn Sie als Rechtshänder*in die linke Hand bewusst für einfache Tätigkeiten, wie beispielsweise Haare kämmen, nutzen oder umgekehrt. Auch neue Herausforderungen, wie das Erlernen eines Musikinstruments oder schon eine geänderte Route zur Arbeit können das Gehirn trainieren.
Das Praktische: Viele Formen des Gedächtnistrainings können Sie, das ist das praktische am Denksport, eigentlich überall durchführen – sei es abends auf dem Sofa, in der U-Bahn oder in der Mittagspause.