Krabbelndes Baby
© DanielReche

Immer schön der Reihe nach - Vom Drehen zum Krabbeln zum Laufen

Von: Ina Mersch
Letzte Aktualisierung: 30.05.2012

Viele Eltern können es kaum erwarten, dass ihr Kind läuft. Am liebsten würden sie mit ihm das Laufen üben noch bevor es überhaupt gekrabbelt ist. Dabei sind ihnen eigentlich "die Hände gebunden". Denn die motorische Entwicklung ist ein Reifungsprozess, der nach inneren Gesetzmäßigkeiten abläuft.

Jedem Baby sein Tempo

Ein Merkmal der frühen motorischen Entwicklung ist ihre große zeitliche Streubreite. Das bedeutet, dass jedes Kind sein individuelles Tempo hat und dass sich diese Entwicklung nicht durch Üben beeinflussen lässt. Wohl aber, indem man dafür sorgt, dass das Kind genug Bewegungsfreiheit hat, um seinem natürlichen Bewegungsdrang ungehindert nachzugehen.

Das Baby sollte deshalb nicht zu viel Zeit in Babywippen oder Autositzen liegen, denn sie schränken die natürliche Bewegung zu stark ein. Am besten verbringen sie im wachen Zustand viel Zeit auf dem Boden und in der Bauchlage. Das ist nicht nur sicher, sondern gibt ihnen auch alle Freiheiten, sich drehend, rollend, robbend, kriechend oder wie auch immer fort zu bewegen.

Besser nicht beim Bewegen helfen

Bewegungen oder Haltungen, die nicht entwicklungsgemäß sind, sollte man unbedingt vermeiden. Ein Baby vor der Krabbelphase hinzusetzen (in einen Fahrradsitz oder Hochstuhl) ist z.B. eine zu starke Belastung für den Rücken. Erst wenn das Baby sicher den so genannten Langsitz (gerader Rücken, angewinkelte Beine, Gewicht ist gleichmäßig auf beide Pobacken verteilt) einnimmt, kann ihm diese Haltung nicht mehr schaden.

Ein Baby sollte auch nicht zu lange aufrecht stehen, solange es das noch nicht von alleine kann. Im zweiten Vierteljahr können sich die Babys nämlich bereits an Mamas Hand in den Stand hochziehen. Meist stehen sie dabei nur auf den Zehenspitzen. Gegen diese Übung ist im Prinzip nichts einzuwenden. Allerdings sollten Babys in dieser Position nur wenige Sekunden verbringen und dann wieder hingelegt werden.

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87 % halten sich an einen bestimmten Ablauf

Die grundmotorische Entwicklung verläuft meist in einer ganz bestimmten Reihenfolge, muss nicht gelernt werden und entwickelt sich aus dem eigenen Antrieb des Kindes heraus. So hebt das Baby als erstes den Kopf, mit drei bis sieben Monaten dreht es sich vom Rücken auf den Bauch und schließlich vom Bauch auf den Rücken. Mit sieben bis zehn Monaten beginnt es zu Robben, d.h., es benutzt die Arme und Beine um vorwärts zu kommen, kann jedoch noch nicht den Bauch anheben.

Schließlich stützt es sich auf Händen und Knien ab und kommt in den Vierfüßlerstand; eine wichtige Voraussetzung fürs Krabbeln. Aber zunächst vergeht noch etwas Zeit mit Hin- und Herwippen bis das Baby eine sichere Haltung gefunden hat. Das Krabbeln verlangt dann noch eine ordentliche Koordinationsleistung. Denn es muss je ein Bein und einen Arm gleichzeitig und über Kreuz nach vorne bewegen. 90 Prozent der Kinder schaffen das mit 10 Monaten richtig sicher.

Haben die Kinder den Übergang von der Bauchlage in den Kniestand geschafft, können sie sich auch schon bald aufsetzen; zunächst seitlich mit einer Hand abgestützt, dann im Langsitz. Wenige Zeit später beginnen die Babys sich an niedrigen Möbeln hochzuziehen, machen vielleicht schon ein paar seitliche Schritte. Und schon bald ist nur noch eine Hand zum Festhalten nötig. Ist genügend Gleichgewicht vorhanden führt der Weg recht bald zum freihändigen Stehen und zu den ersten Schritten. Das gelingt 50 % der Kinder bis zu ihrem ersten Lebensjahr.

Keine Regel ohne Ausnahme

Daneben gibt es auch Babys, die sich eher extravaganter Formen der Fortbewegung bedienen oder nicht im Traum daran denken, die typische Reihenfolge einzuhalten. Sie bewegen sich z.B. rollend durch die Wohnung, krabbeln rückwärts oder haben besonderen Spaß am so genannten Kreisrutschen. Dabei dreht sich der Säugling auf der Stelle, mit Drehpunkt Bauch. Schwung bringt das Rudern oder Abstoßen mit Armen und Beinen.

Typisches Beispiel für das Überspringen ganzer Entwicklungsstufen sind Kinder, die nicht Robben oder Krabbeln, sondern aus der Bauchlage sofort mit Laufen anfangen. Oder Babys, die anstatt vom Vierfüßlerstand, das Gehen aus dem so genannten Bärengang (auf Händen und Füßen mit hochgerecktem Po) beginnen. Ohne die Zwischenstufe Krabbeln entgeht den Kindern aber eine wichtige Koordinationsübung. Denn beim Krabbeln haben die wechselseitigen bzw. diagonalen Bewegungen von Arm und Bein einen entscheidenden Einfluss auf die Koordinierung der beiden Gehirn- und Körperhälften.

Es gibt Wissenschaftler, die das fehlende Krabbeln für spätere Defizite bei der Körper-Koordination bis hin zu Lese- und Rechtschreibschwächen verantwortlich machen. Also bei Handlungen, die eine besonders gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Gehirnhälften erfordern.