Frau mit Gehirnerschütterung beim Arzt
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Gehirnerschütterung

Von: Kathrin Mehner (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 01.09.2020

Bei einer Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) handelt es sich um die leichteste Form eines Schädel-Hirn-Traumas. Nach einem Sturz oder einem Schlag auf den Kopf können eine kurze Bewusstlosigkeit und Symptome wie Benommenheit, Erinnerungslücken, Kopfschmerzen und Übelkeit auftreten. Besteht der Verdacht, dass eine Gehirnerschütterung vorliegt, sollte – insbesondere wenn Babys und Kleinkinder betroffen sind – ein Arzt aufgesucht werden. Dieser kann durch entsprechende Untersuchungen eine schwerere Kopfverletzung ausschließen und die Symptome der Gehirnerschütterung adäquat behandeln.

Ursachen einer Gehirnerschütterung

Verletzungen des Schädels, bei denen das Hirngewebe durch eine äußere Krafteinwirkung verletzt oder in seiner Funktion beeinträchtigt wird, werden als Schädel-Hirn-Trauma bezeichnet. Reine Schädelfrakturen oder Platzwunden am Kopf fallen nicht in diese Kategorie, da das Gehirn nicht betroffen ist. Bei einer Gehirnerschütterung handelt es sich um die leichteste Form eines Schädel-Hirn-Traumas. Schwerere Formen werden als Gehirnprellung oder Gehirnquetschung bezeichnet.

Unser Gehirn schwimmt im Schädel in der sogenannten Hirnflüssigkeit (Liquor) und wird durch den Schädelknochen vor äußeren Einflüssen geschützt. Schlägt das Gehirn plötzlich und ruckartig an den Schädelknochen an – wie es beispielsweise bei einem Sturz oder einem Schlag auf den Kopf der Fall ist – kann es zu einer Gehirnerschütterung kommen.

Eine solche Verletzung kann beim Sport oder im Straßenverkehr schnell auftreten – nicht umsonst zählt die Gehirnerschütterung zu den häufigsten Kopfverletzungen. Besonders oft kommt sie im Boxsport vor, aber auch durch einen Sturz beim Radfahren oder Inline-Skaten kann eine solche Verletzung hervorgerufen werden. Je nach Heftigkeit des Aufpralls wird zwischen einer leichten und einer schwereren Gehirnerschütterung unterschieden.

Gehirnerschütterung: Symptome

Häufig kommt es bei einer Gehirnerschütterung zu einer kurzen Phase der Bewusstlosigkeit, der Bewusstseinsstörung oder zu einer Gedächtnislücke. Bei leichten Gehirnerschütterungen müssen diese Symptome jedoch nicht zwangsläufig auftreten. Die Bewusstlosigkeit hält häufig nur wenige Sekunden bis hin zu einigen Minuten an. In extremeren Fällen kann sie aber auch länger als 30 Minuten andauern.

Wacht der Betroffene wieder auf, kann er sich meist nicht mehr an den Unfallhergang erinnern. Zum Teil fehlt auch die Erinnerung an die Zeit direkt nach dem Unfall (anterograde Amnesie). Eine retrograde Amnesie – das Fehlen der Erinnerung an die Zeit vor dem Unfall – ist ebenfalls möglich und deutet auf eine schwerere Kopfverletzung hin. Während bei schwereren Kopfverletzungen meist eine Schädigung der Hirnstruktur vorliegt, ist bei einer Gehirnerschütterung lediglich die Gehirnfunktion vorübergehend gestört.

Postkommotionelles Syndrom als Komplikation

Neben den bereits genannten Beschwerden kommt es bei einer Gehirnerschütterung außerdem zu Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen, Benommenheit und Schwindelgefühlen sowie Sehstörungen und Kopfschmerzen. Einige dieser Symptome können verzögert – in etwa bis zu zwölf Stunden nach dem Unfall – auftreten.

Normalerweise klingen die Beschwerden nach einigen Tagen von selbst wieder ab, in seltenen Fällen – etwa bei einem Prozent der Betroffenen – kann es jedoch auch mehrere Wochen dauern, bis die letzten Beschwerden verschwunden sind. Diese Komplikation wird als postkommotionelles Syndrom bezeichnet. Dabei leiden die Patienten weiterhin unter:

Treten bei einer Person häufiger Gehirnerschütterungen auf – wie es beispielsweise bei Boxern der Fall ist – kann es langfristig zu einer Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit kommen. Im schlimmsten Fall kann durch mehrfache Gehirnerschütterungen eine Demenz entstehen.

Eine Gehirnerschütterung bei Babys und (Klein-)Kindern

Bei Kindern kommen Stürze auf den Kopf deutlich häufiger vor als bei Erwachsenen. Da der Schädel bei Babys noch nicht überall fest verknöchert ist, können Stöße jedoch besser abgefangen werden. Trotzdem treten auch bei Babys und Kleinkindern Gehirnerschütterungen auf. Bei ihnen macht sich eine solche Verletzung durch ähnliche Symptome wie bei Erwachsenen bemerkbar: es kommt zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Sprachstörungen, Erinnerungslücken sowie Müdigkeit und Verwirrtheit. Bei Babys und Kleinkindern treten die typischen Symptome häufig zeitverzögert auf. Deswegen sollten Sie Ihr Kind nach einem Sturz auf den Kopf genau beobachten.

Bemerken Sie bei Ihrem Kind nach einem Sturz typische Symptome einer Gehirnerschütterung, sollten Sie es unbedingt von einem Arzt untersuchen lassen. Bei Kleinkindern unter einem Jahr ist ein Arztbesuch in jedem Fall ratsam, denn bei ihnen treten bei einer Gehirnerschütterung oft nur wenige Symptome auf. Zudem muss durch den Arzt eine Schädelfraktur, die eine für diese Altersgruppe typische Verletzung darstellt, ausgeschlossen werden.

Die Glasgow-Koma-Skala

Um den Verdacht auf eine Gehirnerschütterung zu bestätigen, erfragt der Arzt zunächst den Unfallhergang sowie die auftretenden Symptome und überprüft anschließend den Allgemeinzustand des Patienten.

Mit Hilfe der Glasgow-Koma-Skala kann der Arzt genau bestimmen, wie schwer das Schädel-Hirn-Trauma ist. Dazu führt er unterschiedliche Tests durch und vergibt für die Reaktion des Patienten Punkte. Er überprüft, ob der Patient die Augen öffnet, ob er sich bewegt und ob er ansprechbar ist. Je nach Reaktion kann der Patient insgesamt zwischen 3 und 15 Punkten erreichen:

  • 3 bis 8 Punkte: schweres Schädel-Hirn-Trauma (Gehirnquetschung)
  • 9 bis 12 Punkte: mittelschweres Schädel-Hirn-Trauma (Gehirnprellung)
  • 13 bis 15 Punkte: leichtes Schädel-Hirn-Trauma (Gehirnerschütterung)
 ErwachseneKinderPunkte
Augen öffnenspontanspontan4
auf Anspracheauf Anrufen3
auf Schmerz­reizauf Schmerz­reiz2
keine Reak­tionkeine Reak­tion1
   
Spracheorientiertplappert5
desorien­tiertschreit4
inadä­quate Wortekann nicht getröstet werden3
unver­ständ­lichstöhnt2
keine Reaktionkeine Reaktion1
   
Motorikauf Auf­forder­ungSpontan­bewegung normal6
gezielte Schmerz­abwehrgezielte Schmerz­abwehr5
ungezielte Schmerz­abwehrungezielte Schmerz­abwehr4
Beuge­reaktionBeuge­reaktion3
Streck­reaktionStreck­reaktion2
keine Reaktionkeine Reaktion1

Eine schwere Kopfverletzung ausschließen

Durch eine Tastuntersuchung, eine Computertomographie (CT) oder eine Röntgenuntersuchung kann der Arzt feststellen, ob Verletzungen am Schädel oder in umliegenden Bereichen wie der Halswirbelsäule vorliegen. Bei einer langen Bewusstlosigkeit oder anhaltenden Erinnerungslücken muss zudem eine schwerere Verletzung am Gehirn ausgeschlossen werden. Hat das CT kein eindeutiges Ergebnis geliefert und bestehen weiterhin Beschwerden, kann der Arzt zusätzlich eine Kernspintomographie (MRT) durchführen.

Patienten, die unter starken Beschwerden oder anhaltenden Gedächtnislücken leiden, über einen längeren Zeitraum bewusstlos waren und bei denen eine schwerere Kopfverletzung nicht sicher ausgeschlossen werden kann, sollten nach dem Unfall mindestens 24 Stunden lang ärztlich beobachtet werden. Aber auch bei einer leichten Gehirnerschütterung ist eine Beobachtungsphase unter medizinischer Aufsicht empfehlenswert.

Gehirnerschütterung – was tun?

Liegt der Verdacht nahe, dass Sie sich durch einen Sturz oder eine äußere Gewalteinwirkung eine Gehirnerschütterung zugezogen haben, sollten Sie immer direkt einen Arzt aufsuchen oder einen Notarzt anrufen. Dieser muss ausschließen, dass schwerere Verletzungen am Gehirn oder am Schädel wie eine Schädelprellung, eine Gehirnblutung, ein Schädelbasisbruch oder ein Schleudertrauma vorliegen.

Fragen Sie Ihren Arzt, ob es ratsam ist, dass Sie die ersten Stunden nach der Verletzung unter ärztlicher Aufsicht verbringen. Ruhen Sie sich auf jeden Fall einige Tage lang aus und vermeiden Sie körperliche Arbeiten sowie Sport. Zu Beginn sollten Sie außerdem auf Fernsehen, Arbeiten am Computer sowie langes Lesen verzichten, damit sich das Gehirn in Ruhe erholen kann. Gegen Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Übelkeit kann Ihnen der behandelnde Arzt bei Bedarf ein entsprechendes Medikament verschreiben. Heilt die Verletzung gut ab, ist man – je nach Schweregrad der Gehirnerschütterung – nach circa einer Woche wieder arbeitsfähig.

Wenn Sie bei einer anderen Person eine Gehirnerschütterung vermuten, verständigen Sie einen Arzt und lassen die Person bis zum Eintreffen des Arztes nicht alleine. Überprüfen Sie Atmung, Puls und Herzschlag, versorgen Sie vorhandene Wunden und fragen Sie nach dem Unfallhergang, falls der Betroffene bei Bewusstsein ist. Ist dies der Fall, lagern Sie den Oberkörper etwas höher. Ist die betroffene Person bewusstlos, bringen Sie sie vorsichtig in die stabile Seitenlage.

Einer Gehirnerschütterung vorbeugen

Wie bei anderen Verletzungen auch, lässt sich eine Gehirnerschütterung nicht mit hundertprozentiger Sicherheit vermeiden. Durch bestimmte Verhaltensweisen können Sie das Risiko für eine Gehirnerschütterung jedoch deutlich verringern. So sollten Sie bei Sportarten, bei denen eine hohe Sturzgefahr besteht, wie beispielsweise Fahrradfahren, Inline-Skaten oder Skifahren, stets einen Helm tragen. Üben Sie diese Sportarten außerdem nicht aus, wenn Sie sich körperlich müde fühlen. Dann ist das Risiko für einen Sturz nämlich besonders hoch.

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