Haarausfall (Alopezie): Ursachen & was tun?
Kräftiges und volles Haar ist gleichbedeutend mit Jugend und Attraktivität – entsprechend groß ist für viele die psychische Belastung, wenn die Haare ausfallen. In Deutschland sind jeder zweite Mann und immerhin jede zehnte Frau von Haarausfall (Alopezie) betroffen – sei es durch erblich bedingten oder krankhaften Haarausfall. Oft sind dann die Hoffnungen groß, dass "Wundermittel" und andere Therapien den Verlust der Haarpracht stoppen können. Als dauerhaft wirksam gilt die Haartransplantation. Aber es gibt auch andere zumindest zeitweise wirksame Mittel.
Haarwachstum und Haarausfall
Unsere Haare bestehen aus Keratin, sind also zunächst nichts anderes als Hornfäden mit Pigmenten – und dennoch der schönste natürliche Schmuck, den wir besitzen. Zwischen 100.000 und 150.000 Haare hat der Mensch auf dem Kopf, zwischen 80 und 100 davon fallen täglich aus und wachsen wieder nach.
Die Kopfhaare beim Menschen hören nicht bei einer bestimmten Länge zu wachsen auf, sondern sprießen pro Monat etwa einen Zentimeter. Rund sieben Jahre kann ein Haar wachsen, bevor es ausfällt und dann wieder neu nachwächst. Leider trifft dies nicht auf jeden zu. Haarausfall – Alopezie – ist ein weit verbreitetes Problem.
Wer über längere Zeit mehr als 100 Haare täglich verliert, leidet an dieser Störung. Grundlegend wird zwischen zwei verschiedenen Formen, dem erblichen und dem krankhaften Haarausfall, unterschieden. Beide treten sowohl bei Männer als auch bei Frauen auf – wenngleich in unterschiedlicher Häufigkeit.
Genetisch bedingter Haarausfall
Der hormonell-erbliche Haarausfall – die sogenannte androgenetische Alopezie – ist die häufigste Form des Haarverlustes, von der vorwiegend Männer betroffen sind. Ursache sind die "männlichen Gene", die dafür sorgen, dass bei vielen Vertretern des männlichen Geschlecht die Haarfollikel mit steigendem Alter immer empfindlicher auf das Hormon Dihydrotestosteron (DHT) reagieren. Dieses Androgen ist ein männliches Sexualhormon, das nicht nur häufig für die ausdünnende Pracht auf dem Kopf verantwortlich ist, sondern auch für den Bartwuchs sowie den männertypischen Bewuchs auf der Brust und in der Schamgegend.
Die mit dem Alter zunehmende Empfindlichkeit für DHT ist genetisch vorprogrammiert und führt zu einer Verkleinerung des Haarfollikels - der sachartigen Struktur, die die Haarwurzel umgibt. Der Haarfollikel selbst ist von einer äußeren und einer inneren Haarwurzelscheide umgeben. Stirbt die Haarwurzelscheide schließlich ab, fallen die Haare aus und wachsen auch nicht mehr nach.
Erblicher Haarausfall beginnt an den Geheimratsecken
Die Veränderungen bezüglich des Haarwuchses beginnen meist im 3. Lebensjahrzehnt. Normalerweise fangen sie schleichend an den "Geheimratsecken" an. Diese wachsen nach hinten, später ist dann auch der Tonsurbereich des Hinterkopfes betroffen. Der Verlust geht über Jahre so lange weiter, bis nur noch ein mehr oder weniger dürftiger Haarkranz verbleibt. Typisch ist diese Form des Haarausfalls beim Mann.
Doch auch Frauen können davon betroffen sein, da diese auch DHT bilden (wenngleich in sehr viel geringerem Maß als Männer). Oft zeigen die betroffenen Frauen insgesamt einen eher männlichen Behaarungstyp. Der Haarausfall beim Mann führt letztlich zur Glatzenbildung, bei der Frau lichtet sich das Haupthaar dagegen nur.
Verschiedene Regionen des Kopfes sind unterschiedlich sensibel gegenüber DHT. Unempfindlich sind beispielsweise die Haare im Haarkranz-Bereich am Hinterkopf. Daher werden bei Haartransplantationen immer Haare aus diesem Bereich entnommen und auf den Oberkopf transplantiert.
Krankhaft bedingter Haarausfall – kreisrunder Haarausfall
Beim kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata) bilden sich meist an verschiedenen Stellen des Kopfes runde, kahle Bereiche. Die Ursache für den kreisrunden Haarausfall ist vermutlich eine Autoimmunreaktion des Körpers gegen die Haarfollikel. In Deutschland sind etwa eine Million Menschen davon betroffen. Zu Beginn der Erkrankung verlieren die Haare zunächst ihr Pigment, sie werden grau. Charakteristisch sind kreisrunde oder oval geformte Kahlstellen auf der Kopfhaut. Im Randbereich dieser Stellen findet man die charakteristischen Kolbenhaare, die nur einen halben Zentimeter lang und wenig pigmentiert sind; gelegentlich sind sie am Ende gespalten.
Vorwiegend sind der Hinterkopf und die seitliche Region des behaarten Kopfes betroffen, seltener Wimpern, Bart und die übrige Körperbehaarung. Ganz selten kommt es zu einem kompletten Verlust der Körperbehaarung – dieser Sonderfall wird als Alopecia universalis bezeichnet. Die kahlen Stellen sind allerdings nicht schmerzhaft und jucken auch nicht.
Andere Ursachen für Haarausfall
Auch Stoffwechselerkrankungen, Medikamente sowie Eisenmangel, hormonelle Störungen und extremer psychischer Stress können den Haarstoffwechsel negativ beeinflussen und zum sogenannten diffusen Haarausfall führen. Ebenso kann in seltenen Fällen eine Fehl- oder Mangelernährung den Verlust der Haare verursachen.
Schließlich gibt es noch den physiologischen Haarverlust. Er ist selten und tritt nach einer Schwangerschaft oder in der Menopause auf, was mit einem plötzlichen Abfall des weiblichen Hormons Östrogen zusammenhängt. Normalisiert sich der Östrogenspiegel wieder, hört meist auch der Haarausfall nach einiger Zeit wieder auf.
Den Haarausfall stoppen – was hilft?
Bevor man zu allen nur erdenklichen Mitteln greift, um das Haarwachstum anzukurbeln, sollte ein Hautarzt aufgesucht werden. Die Gründe für Haarausfall sind vielfältig und zugrunde liegende organische Störungen sollten ausgeschlossen werden. Die Behandlung des Haarausfalls ist oftmals schwierig. Beim anlagebedingten Haarverlust gibt es zwar mittlerweile Mittel, mit denen sich in bestimmten Fällen der Haarausfall stoppen lässt.
Einmal verkleinerte bzw. abgestorbene Haarfollikel lassen sich allerdings nicht "wiederbeleben" – Wundermittel, die verheißen, auf einer haarlosen Glatze neue Haare sprießen zu lassen, versprechen mehr als sie halten können.
Haartransplantationen
Lichtet sich das Haar langsam, kann man kahle Stellen durch eine Haartransplantation verschwinden lassen. Trotzdem sollte man sich darüber bewusst sein, dass man bei einer Eigenhaartransplantation nicht die Haarpracht der Jugend wiederherstellen kann. Eine ausgeprägte Glatze, die von einem kleineren Haarkranz umgeben ist, kann niemals wieder mit der Haardichte eines 18-jährigen gedeckt werden. Außerdem braucht man für eine Haartransplantation viel Geduld, denn die neu eingepflanzten Haare fallen nach kurzer Zeit erst einmal aus, bevor sie dann beginnen zaghaft nachwachsen.
Bei krankhaftem Haarausfall ist eine Haartransplantation nicht ratsam, da nicht genügend gut entwickelte Spenderhaarwurzeln vorhanden sind. Erfolgreich ist die Transplantationsmethode vor allem bei der androgenetischen Alopezie.
Wie funktioniert eine Haartransplantation?
Bei einer Haartransplantation werden Haare aus dem Hinterkopfbereich in die kahlen Flächen transplantiert, z. B. in die Geheimratsecken. Es werden also lediglich die vorhandenen Haare der Hinterkopfregion zur Auffüllung des Haarbestandes in den gelichteten Bereichen genutzt. Das Spenderhaar am Hinterkopf sollte dazu noch sehr kräftig und dick sein und der Haarausfall sollte nicht allzu großflächig sein. Wer von Natur aus kräftige, gesunde Haarwurzeln hat erhält ein recht gutes Resultat.
Schwieriger wird es, wenn die Spenderhaarqualität nicht so gut ist, also sehr dünnes und weiches Haar am Hinterkopf wächst. Wenn möglich werden dann aus dem Nacken gesunde und kräftige Haarwurzeln isoliert und umverteilt. Haare eines anderen Menschen können für eine Haartransplantation übrigens nicht verwendet werden, da diese vom Immunsystem abgestoßen werden würden.
Verschiedene Methoden der Haartransplantation
Eine Methode der Haartransplantation ist die Hautinsel-Verpflanzung: Hier werden in mehreren Behandlungsschritten im Hinterkopfbereich unter örtlicher Betäubung behaarte Hautinseln ausgestanzt und in entsprechend vorbereitete Empfängerareale im Bereich der haarlosen Kopfhaut wieder eingepflanzt. Oft entsteht dabei auf den transplantierten Haarinseln jedoch ein büschelförmiges Haarwachstum, was unnatürlich aussieht.
Die häufigste Form der Haartransplantation ist die Mini- und Mikro-Graft-Technik. Ein Micro-Graft enthält ein bis zwei Haare mit einem Durchmesser von 0,7 bis 0,9 mm, ein Mini-Graft enthält drei bis fünf Haare mit einem Durchmesser von 1,0 bis 1,2 mm. Pro Behandlung werden bis zu 1.500 dieser Transplantate eingesetzt. Mit diesen sehr kleinen Hautinseln ist es möglich, einen natürlichen Haaransatz im Stirnbereich zu erzeugen, bei dem ein langsamer, eher unauffälliger Übergang von haarloser zu behaarter Haut gewährleistet ist. Unter örtlicher Betäubung kann in einer Sitzung eine große Anzahl von Transplantaten eingesetzt werden. Mehrere Behandlungsschritte können zur Auffüllung größerer haarloser Regionen in zeitlichem Abstand hintereinander durchgeführt werden.
Durchführung der Transplantation
Je nach Technik werden bei der Haartransplantation winzige Schlitze in die Haut geschnitten oder kleine Löcher gestanzt bzw. gebohrt, zum Teil wird auch ein Laser eingesetzt. Während Schlitze beim Zusammenwachsen die eingepflanzten Haare wieder hinausdrücken können, ist bei Stanzlöchern die Wundfläche größer. Beim Lasern kann durch die Hitze Gewebe geschädigt werden, was das Anwachsen der Haare erschwert. Dafür fließt beim Einsatz eines Lasers weniger Blut.
Die in der Regel ambulante Operation dauert zwischen zwei und vier Stunden. Nach der Haartransplantation ist es völlig normal, wenn die verpflanzten Haare erst einmal wieder ausfallen. Nach rund drei Monaten werden jedoch neue Haare produziert. Wenn es keine Komplikationen gibt, ist nach neun bis zwölf Monaten die kahle Fläche bewachsen.
Kosten für eine Haartransplantation
Vor einer Haartransplantation sollte der Patient ausführlich beraten werden. Vor allem muss klar werden, wo die Grenzen und Risiken einer Haartransplantation liegen und wie hoch die Kosten der Operation sind. In den meisten Fällen muss der Patient die Kosten selber tragen. Ausnahmen gibt es bei Unfallfolgen - z.B. Verbrennungsnarben der Kopfhaut, sie werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen.
Die Kosten für eine Haartransplantation sind nur sehr schwer zu schätzen, da sie von Person zu Person unterschiedlich sind. Ein Graft kostet je nach Arzt und Klink zwischen 1 und 3 EUR, so können schnell zwischen 3.000 und 6.000 EUR oder noch mehr zusammenkommen. Bereits für das Auffüllen der Geheimratsecken muss man mit rund 2.000 EUR rechnen.
Kunsthaarimplantation
Bei dieser Methode werden unterschiedlich gefärbte Kunsthaare aus synthetischen Fasern mittels einer speziellen Nadel in die Kopfhaut eingefügt. Doch innerhalb eines Jahres muss man mit einem Abbrechen von ca. zehn Prozent und mehr der Kunsthaare rechnen. Außerdem ist das Risiko einer bakteriellen Infektion erhöht, häufig kann es zu einer Fremdkörperabstoßungsreaktion mit entzündlicher Verhärtung der Kopfhaut kommen. Ärzte raten von dieser Methode eher ab.
Medikamentöse Behandlung von Haarausfall
Darüber hinaus kann die Behandlung von Haarausfall auch mithilfe von Medikamenten erfolgen.
Haarausfall bei Männern
Der Wirkstoff Finasterid ist seit 1999 in Deutschland für den genetisch bedingten Haarausfall bei Männern zugelassen. Finasterid hemmt selektiv das Enzym, das das männliche Hormon Testosteron in DHT (Dihydrotestosteron) umwandelt. Die Finasterid-Tabletten werden einmal pro Tag oral eingenommen. Das Medikament muss über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten kontinuierlich angewendet werden, um einen Erfolg zu sehen zu können.
Selten kann es bei der Einnahme von Finasterid zu Nebenwirkungen wie einem reduzierten Lustempfinden oder Potenzstörungen kommen. Für Frauen ist das Mittel nicht geeignet, da eine positive Wirkung für den hormonellen Haarausfall nicht nachgewiesen ist. Zudem kann bei schwangeren Frauen eine Fötenschädigung nicht ausgeschlossen werden.
Haarausfall bei Frauen
Für Frauen - und natürlich auch für Männer - gibt es gegen Haarausfall ein Präparat, das entweder auf die Kopfhaut aufgetragen oder als Tablette eingenommen werden kann. Es enthält den Wirkstoff Minoxidil und ist seit 2004 in Deutschland zugelassen. Als Nebenwirkung konnte bei einige Patienten nach der Einnahme eine vermehrte Körperbehaarung festgestellt werden.
Auch sollten Männer vor dem Erwachsenenalter kein Finasterid einnehmen, da DHT bei der Ausbildung der männlichen Geschlechtsmerkmale eine Rolle spielt. Insgesamt gilt: Bei einer vollausgeprägten Glatze oder prominenten Geheimratsecken sind auch mit Finasterid nur kleine Erfolge möglich. Bei leichtem und mittelschwerem Haarausfall ist Finasterid jedoch eine Therapieoption, um den Haarausfall zumindest zu stoppen.