Sauerstoffsättigung im Blut: Das steckt hinter dem Wert
Sauerstoff ist überlebenswichtig und für jede Körperzelle und -funktion notwendig. Damit unser Körper mit genug Sauerstoff versorgt wird, muss das Zusammenspiel aus Atmung, Kreislauf und der Gewebsdurchblutung stimmen. Die Sauerstoffsättigung gibt den Sauerstoffgehalt im Blut an. Zu niedrige Werte weisen also auf ein Problem in diesem Zusammenspiel hin. Wie kann man die Sauerstoffsättigung messen, welcher Wert ist normal und was tun bei zu niedrigen Werten?
Sauerstoff im Kreislaufsystem des Menschen
Der menschliche Körper besitzt zwei miteinander verbundene Blutkreisläufe:
- Der Körperkreislauf bringt über Arterien sauerstoffreiches Blut vom Herzen in sämtliche Gewebe des Körpers und führt über die Venen das jetzt sauerstoffarme Blut zum Herzen zurück.
- Der Lungenkreislauf führt dieses sauerstoffarme Blut vom Herzen zur Lunge, wo es wieder mit Sauerstoff versorgt wird, und dann zurück zum Herzen, wo es in den Körperkreislauf eingespeist wird.
Beim Atmen füllt sich die menschliche Lunge bis in die Lungenbläschen, die sogenannten Alveolen, mit Luft. In der Luft befinden sich hauptsächlich Wasserdampf und drei Gase: Sauerstoff (O2), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Stickstoff (N).
An die Lungenbläschen grenzen von der Körperseite her Kapillaren, also kleinste Blutgefäße, die zum Lungenkreislauf gehören und sauerstoffarmes Blut führen. Über die dünnen Membranen der Lungenbläschen und der Kapillaren findet nun ein Gasaustausch statt. Sauerstoff geht von den Lungenbläschen in das Blut über, während das Blut Kohlenstoffdioxid an die Luft in den Lungenbläschen abgibt.
Das jetzt sauerstoffhaltige Blut wird nun im Körper verteilt. Wie viel Blut in einem Organ oder Gewebe ankommt, hängt von der Durchblutung ab. Diese kann vom Körper über die Gefäßweite reguliert und an den Sauerstoffbedarf des Organs angepasst werden. Den Sauerstoff wandeln die Zellen in Energie um, um ihre Struktur und Funktion zu erhalten. Dabei entsteht Kohlenstoffdioxid, das vom Gewebe an das Blut abgeben und später über die Lunge abgeatmet wird.
Wie funktioniert der Sauerstofftransport im Blut?
Grundsätzlich können Gase wie Sauerstoff sich in Flüssigkeiten lösen und so transportiert werden. Wie viel Gas sich dabei lösen kann, hängt von seinem Anteil in der Luft ab, von seinem Partialdruck. Auf der Erde würde die so gelöste Menge an Sauerstoff im Blut nicht ausreichen, um den menschlichen Körper mit genügend Sauerstoff zu versorgen. Daher gibt es einen weiteren Transportmechanismus.
Im Blut befinden sich die Erythrozyten, die roten Blutkörperchen. Sie tragen eine bestimmte Menge roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) mit sich. Dieses Hämoglobin ist in der Lage, Sauerstoffmoleküle zu binden und auch wieder abzugeben. Es hängt also von der Hämoglobinmenge im Blut ab, welche Menge an Sauerstoff höchstens gebunden werden kann. Man spricht von der O2-Kapazität.
Je nach äußeren Gegebenheiten – wie zum Beispiel Temperatur, pH-Wert des Blutes und Partialdruck des Sauerstoffs – bindet Sauerstoff unterschiedlich gut und fest an das Hämoglobin; die so genannte O2-Affinität ändert sich.
Was sagt die Sauerstoffsättigung aus?
Unter normalen Umständen sind nicht alle Hämoglobin-Teilchen mit Sauerstoff beladen. Die Sauerstoffsättigung gibt an, welcher Anteil des Hämoglobins Sauerstoff transportiert, also den Sauerstoffgehalt im Blut. Da der Sauerstoffgehalt in frisch mit Sauerstoff angereichertem Blut höher ist als in dem sauerstoffarmen Blut, das sich auf dem "Rückweg" zum Herzen befindet, sind die Werte je nach Messort unterschiedlich. In den großen Arterien liegt die Sauerstoffsättigung bei circa 97 Prozent, während sie in den Venen nur noch 75 Prozent beträgt. Der restliche Sauerstoff wurde an das Gewebe abgegeben.
Über die venöse Sättigung lässt sich außerdem die O2-Utilisation beurteilen. Das heißt, wie viel von dem im Blut vorhandenen Sauerstoff ans Gewebe abgegeben und dort verbraucht wird. Die Utilisation steigt, wenn entweder das Gewebe einen erhöhten Sauerstoffbedarf hat oder aber das Sauerstoffangebot zu niedrig ist. Aus der Utilisation lässt sich auch darauf schließen, ob das Herz in einer bestimmten Zeit eine ausreichende Blutmenge pumpt (Herzzeitvolumen).
Messen der Sauerstoffsättigung
Es gibt verschiedene Methoden, um die Sauerstoffsättigung zu messen. Über Katheter kann aus unterschiedlichen Gefäßen Blut entnommen und der Sauerstoffgehalt über eine Blutgasanalyse bestimmt werden. In der Blutgasanalyse ist meist der Sauerstoffpartialdruck (pO2) angegeben. Dieser Partialdruck hängt direkt mit der Sauerstoffsättigung zusammen.
Am häufigsten wird ein Pulsoximeter als Messgerät zur Bestimmung der Sauerstoffsättigung verwendet. Hierbei handelt es sich um einen Clip, der meist an die Fingerkuppe oder das Ohrläppchen geklemmt wird. Dort wird über die Lichtabsorption des Blutes, also die Abschwächung der Lichtintensität durch das Blut, bestimmt, welcher Anteil des Hämoglobins mit Sauerstoff beladen ist.
Der Messwert der Sauerstoffsättigung wird in Prozent angegeben.
Die Abkürzung, mit der die Sauerstoffsättigung angegeben wird, hängt vom Messort ab:
- sO2: Sauerstoffsättigung allgemein
- SaO2: arteriell
- SpO2: pulsoxymetrisch
- SvO2: venös
- SzvO2: zentralvenös
- SgvO2: gemischt-venös
- O2-sat: eher im englischen Sprachraum gebräuchliche Abkürzung für die Sauerstoffsättigung im Allgemeinen
Wie sinnvoll ist ein Pulsoximeter für zu Hause?
Im medizinischen Gebrauch ist ein Pulsoximeter sehr sinnvoll. Es wird sowohl im Rettungsdienst als auch in der ambulanten und stationären Diagnostik, der Narkose und der stationären Überwachung von Patient*innen eingesetzt.
Außerdem nutzen Sportler*innen und Pilot*innen Pulsoximeter, wenn sie in großen Höhen unterwegs sind. So sind sie gewarnt, wenn bei ihnen eine Höhenkrankheit beginnt, die durch das geringe Sauerstoffangebot ausgelöst wird.
Ein Einsatz zu Hause für Asthmapatient*innen hat in Studien keinen Nutzen gezeigt.*
Wie hoch ist die normale Sauerstoffsättigung?
Die Normalwerte der Sauerstoffsättigung im Rahmen einer Blutgasanalyse oder mit dem Pulsoximeter gemessen liegen zwischen 94 und 98 Prozent. Eine hundertprozentige Sättigung wird in der Regel nicht erreicht, da es Direktverbindungen, sogenannte Shunts, gibt, die die Lungenkapillaren umgehen, weshalb ein kleiner Teil des sauerstoffarmen Blutes nicht am Gasaustausch teilnimmt.
Wert zu niedrig: Wann ist eine Sauerstoffsättigung kritisch?
Ist die Sauerstoffsättigung zu niedrig, spricht man von einer Hypoxygenation. Sie geht mit einer sogenannten Hypoxämie, der Abnahme des Sauerstoffgehaltes im Blut, einher. Auch der Sauerstoffpartialdruck im Blut und Gewebe kann dadurch sinken. In diesem Fall spricht man von einer Hypoxie. Ist gar kein Sauerstoff vorhanden, handelt es sich um eine Anoxie.
Es werden verschiedene Schweregrade der Hypoxygenation eingeteilt:
- Mäßig: 90 - 93 Prozent
- Mittelgradig: 85 - 89 Prozent
- Hochgradig: < 85 Prozent
Das Problem an einer zu niedrigen Sauerstoffsättigung ist, dass dabei der Sauerstoffbedarf der Körperzellen das Sauerstoffangebot übersteigt. Die Zellen benötigen Sauerstoff jedoch, um ihre Funktion und Struktur aufrecht erhalten zu können.
Die meisten Zellen sind nur wenige Sekunden in der Lage, ohne Sauerstoff zu arbeiten. Je nach Gewebe behalten sie jedoch wenige Minuten bis Stunden ihre Form bei und können daher ihre Funktion wieder aufnehmen, wenn erneut Sauerstoff zur Verfügung steht. Ausgerechnet die Gehirn- und Herzmuskelzellen sind jedoch besonders anfällig für einen Sauerstoffmangel und sterben bei einer Gewebshypoxie sehr schnell ab.
Wie entsteht eine niedrige Sauerstoffsättigung?
Für zu niedrige Sättigungswerte kann eine Hypoventilation, also eine zu flache Atmung, verantwortlich sein. Dadurch steht in den Lungenbläschen nicht genug Sauerstoff für den Gasaustausch zur Verfügung. Es kann auch die Lungendurchblutung gestört sein, wodurch sich nicht genug Blut am Gasaustausch beteiligen kann.
Auch bei einer Lungenentzündung kann die Sauerstoffsättigung erniedrigt sein. Die Entzündung führt dazu, dass die Wand der Lungenbläschen sich verdickt. Der Abstand zwischen der Luft und dem Blut in den Kapillaren wird dadurch größer, was den Übergang der Sauerstoff- und Kohlenstoffdioxidteilchen einschränkt. Es geht weniger Sauerstoff von den Lungenbläschen ins Blut über und die Sauerstoffsättigung sinkt.
Andere Erkrankungen, die mit einer erniedrigten Sauerstoffsättigung einhergehen, sind:
- Asthma bronchiale
- chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD)
- Lungenödeme
- Lungenembolien
Eine schlechte Gewebsdurchblutung oder eine Blutarmut können sich ebenfalls in einer Hypoxie äußern. Hierbei ist das Hämoglobin zwar gut mit Sauerstoff gesättigt, allerdings steht aufgrund der schlechten Durchblutung oder des Mangels an roten Blutkörperchen insgesamt weniger Hämoglobin und entsprechend weniger Sauerstoff zur Verfügung. Das Blut wird deshalb stärker entsättigt, sodass die venöse Sättigung niedriger ist als normal.
Bei kalten Fingern ist die Durchblutung schlecht. In diesem Fall zeigt das Pulsoximeter bei einer Messung am Finger fälschlicherweise zu niedrige Werte an. Eine Messwiederholung an einem wärmeren Finger ist sinnvoll.
Außerdem ist bei Rauchern die Sauerstoffsättigung leicht erniedrigt.
Symptome einer zu niedrigen Sauerstoffsättigung
Die Leistungsfähigkeit des Körpers ist stark abhängig von einem ausreichend großen Angebot an Sauerstoff. Ist dieses nicht gegeben, zeigt sich das durch folgende Symptome:
- geringe Belastbarkeit
- Kurzatmigkeit
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- bläulich verfärbte Lippen und Haut (Zyanose)
- Schwächeanfälle und Ohnmacht
Wie kann man die Sauerstoffsättigung im Blut verbessern?
Wichtig ist es, die Ursache für die niedrige Sauerstoffsättigung zu kennen, damit man diese behandeln kann. Bei akutem Sauerstoffmangel kann es sinnvoll sein, Sauerstoff über eine Maske oder Nasenbrille zu geben. Dadurch steigt der Sauerstoffpartialdruck in den Lungenbläschen an und der Übergang von der Lunge ins Blut wird erleichtert. Damit steigt die Sauerstoffsättigung an.
Wer selbst etwas für eine gute Sauerstoffversorgung des eigenen Körpers tun und diese erhöhen möchte, kann sich mit körperlichem Training und Atemübungen fit halten. Der Körper passt sich der Belastung auf vielen Ebenen an, so wird die Durchblutung der Muskulatur und der Lunge gefördert, das Herz wird gekräftigt, der Blutdruck sinkt und die maximale Sauerstoffaufnahme durch die Lunge kann deutlich vergrößert werden.
Zu hohe Sauerstoffsättigung – geht das?
Die Sauerstoffsättigungen kann 100 Prozent nicht überschreiten und selbst dieser Wert wird unter normalen Umständen nicht erreicht. Wird jedoch Sauerstoff gegeben, obwohl die Sauerstoffsättigung zuvor in einem normalen Bereich lag, kann das schädlich sein. Zum einen sinkt mit steigendem Sauerstoffgehalt der Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut, der für den Atemantrieb zuständig ist. Zum anderen kann Sauerstoff sogenannte Radikale bilden, die die Zellen schädigen und Mutationen auslösen können.
Auch bei einem Herzinfarkt ist zu viel Sauerstoff schädlich. Daher wird hierbei Sauerstoff erst bei einer Sättigung unter 90 Prozent gegeben.
Bei einer Hyperventilation, also einer verstärkten Atmung, ändern sich Sauerstoff- und Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut auch wie beschrieben. Allerdings ist der Kohlenstoffdioxidgehalt stärker durch die Atmung beeinflusst. Der Effekt auf die Sauerstoffsättigung ist eher gering.
Sauerstoffsättigung im Schlaf
Normalerweise bleibt die Sauerstoffsättigung im Schlaf gleich. Beim obstruktiven Schlafapnoe Syndrom (OSAS) wird der Rachenraum während des Schlafens jedoch nicht wie normal durch die Muskulatur offengehalten. Dadurch wird der Eingang zur Luftröhre verschlossen und eine Atmung ist nicht mehr möglich. Diese Atempausen halten über zehn Sekunden an. Dadurch kommt es zu einem deutlichen Abfall der Sauerstoffsättigung. Eine Therapie ist unter anderem mit einem Gerät möglich, das nachts die Atmung über eine Maske unterstützt.
Sauerstoffsättigung im Kindesalter
Bei der Geburt stellt sich der Kreislauf des Babys um. Zuvor erhielt es den Sauerstoff über den Mutterkuchen – die Plazenta – von der Mutter. Nun muss es selbst atmen. Es dauert in der Regel einige Minuten, bis die Atmung des Neugeborenen ausreicht, um eine gute Sauerstoffsättigung zu erreichen. Hält eine Hypoxie länger an, muss nach Ursachen gesucht werden, zum Beispiel nach Herzfehlern, Infektionen, Lungenfehlbildungen oder Hirnschäden.
In den ersten sechs Lebensmonaten kann es sein, dass Babys unregelmäßig atmen und daher kurzfristig niedrige Sauerstoffsättigungen (bei 90 Prozent) haben. Dies ist meist nicht besorgniserregend und fällt häufig auch nicht auf.
Beim älteren Kind ist die Sauerstoffsättigung wie beim Erwachsenen und sollte in den entsprechenden Grenzbereichen liegen.