Insulin: Das sollten Diabetiker beachten
Sowohl für Typ-1- als auch Typ-2-Diabetiker ist das Hormon Insulin von zentraler Bedeutung. Insulin wird häufig zur Behandlung von Diabetes Typ 2 eingesetzt, bei Diabetes Typ 1 ist es sogar unverzichtbar, um den Betroffenen ein möglichst beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Im Folgenden erfahren Sie, welche Sorten von Insulin zur Behandlung verwendet werden, was man beim Spritzen von Insulin beachten muss und welche Formen der Insulintherapie es gibt.
Was ist Insulin?
Insulin ist ein körpereigenes Hormon, das die Aufnahme von Glucose (eine Form von Zucker) in die Zellen steuert. Es besteht aus Eiweiß, ist also ein Protein, und wird in der Bauchspeicheldrüse produziert. Von allen Zellen der Bauchspeicheldrüse sind nur zwei Prozent an der Bildung von Hormonen beteiligt. Diese Zellen bestehen aus kleinen Verbänden, die wie Inseln mitten im Gewebe der Bauchspeicheldrüse verteilt sind. Deshalb werden sie auch nach ihrem Entdecker Langerhans-Inseln oder Inselzellen genannt.
Insulin wird im Körper immer dann gebildet, wenn die Konzentration von Glukose im Blut steigt. Allerdings wird Insulin nicht kontinuierlich, sondern eher in Wellen gebildet und ausgeschüttet. Durch Insulin wird der Blutzucker gesenkt, indem der Zucker aus dem Blut in die Zellen aufgenommen und dort verarbeitet wird.
Als Medikament wird Insulin zur Behandlung von Typ-1- und Typ-2-Diabetes verwendet, um damit den für diese Erkrankung typischen Mangel an Insulin beziehungsweise die Insulinresistenz der Zellen auszugleichen. Bei der Behandlung unterscheidet man zwei Arten von Insulin: Humaninsulin und Insulinanaloga.
Humaninsulin
Nachdem zunächst tierisches Insulin zur Behandlung von Diabetes verwendet worden war, werden seit den 1980er Jahren Humaninsuline aus gentechnisch veränderten Hefezellen hergestellt und in den meisten Fällen zur Therapie der Erkrankung verwendet. Humaninsulin, das auch als Normalinsulin oder Altinsulin bezeichnet wird, stimmt in Bezug auf die chemische Struktur exakt mit dem Insulin überein, das durch den Körper produziert wird. Es ist deshalb besser verträglich als tierisches Insulin. Dieses wird nur noch zur Behandlung von Betroffenen eingesetzt, bei denen eine Unverträglichkeit gegen Humaninsulin vorliegt.
Im Gegensatz zu körpereigenem Insulin setzt die Wirkung von Humaninsulin jedoch erst circa eine halbe Stunde bis zweieinhalb Stunden nach der Injektion ein. Die Wirkung hält etwa vier bis sechs Stunden an.
Ein bekanntes Humaninsulin ist das sogenannte NHP-Insulin (Neutral Protamin Hagedorn). Dieses wurden mit Protamin (einem bestimmten Protein) angereichert. Dadurch wird das Insulin langsamer vom Körper aufgenommen. Die Wirkung des Insulins hält dafür zwölf bis 36 Stunden an.
Neben dem NHP-Insulin gibt es Humaninsulin, das mit Zink oder Surfen (einem pharmazeutischen Hilfsstoff) angereichert wurde. Auch hier tritt einer Verzögerungseffekt ein. Diese Insuline bezeichnet man deshalb auch als Verzögerungsinsuline oder Basalinsuline.
Insulinanaloga
Zusätzlich zum Humaninsulin kommen auch sogenannte Insulinanaloga zum Einsatz. Ähnlich wie das Humaninsulin werden auch sie synthetisch hergestellt, ihre chemische Struktur wird jedoch künstlich verändert, um die Geschwindigkeit ihrer Wirkung deutlich besser an die Bedürfnisse des Diabetikers anpassen zu können. Diese Insuline können schnell- oder langwirkend sein:
- Langwirkende Insulinanaloga werden als Langzeitinsuline bezeichnet. Ihre Wirkung hält nach der Injektion etwa einen Tag lang an.
- Bei kurzwirksamen Insulinanaloga tritt die Wirkung bereits nach zehn bis 20 Minuten nach der Injektion ein, hält dafür aber nur etwa drei bis fünf Stunden an.
Wie wird Insulin verabreicht?
Beide Insulinarten werden als Lösung per Injektion verabreicht. Dazu kommen entweder Spritzen (meist in Form von Insulinpens) oder Insulinpumpen zum Einsatz. Darüber hinaus gibt es sogenannte nadelfreie Injektionen ("jet-injection"), bei denen das Insulin nicht mit einer Nadel, sondern mit hohem Druck in die Haut injiziert wird.
Insulin-Tabletten sind aktuell noch nicht erhältlich. Dies ist vor allem durch zwei Hindernisse begründet: Als Protein würde Insulin durch die Magensäure verdaut. Doch auch bei Überwindung dieses Problems würde das Insulin durch den Darm nicht in ausreichender Menge ins Blut aufgenommen.
Welche Behandlungsformen mit Insulin gibt es?
Man unterscheidet drei grundsätzliche Formen der reinen Insulintherapie:
- die basalunterstützte orale Therapie (BOT)
- die konventionelle Therapie (CT)
- die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT)
Basalunterstützte orale Therapie
Wenn Antidiabetika in Tablettenform allein den Blutzuckerspiegel nicht mehr ausreichend senken, ist eine Kombination mit Insulin häufig sinnvoll. Bei der basalunterstützten oralen Therapie wird zusätzlich zu den blutzuckersenkenden Tabletten ein langwirksames Insulin gespritzt. Bei dieser Therapieform ist im Vergleich zu einer alleinigen Behandlung mit Insulin die Wahrscheinlichkeit einer Gewichtszunahme oder einer Unterzuckerung geringer.
Konventionelle Insulintherapie (CT)
Bei der konventionellen Insulintherapie spritzen sich Betroffene in der Regel zweimal täglich eine Mischung aus kurz- und langwirksamem Insulin (Normal- und Verzögerungsinsulin), das sogenannte Mischinsulin. Diese Therapie wird vor allem bei Typ-2-Diabetikern eingesetzt.
Dabei gibt es ein festes Mahlzeitenschema mit gleichbleibenden Injektionszeiten, durch die auch die Nahrungsmenge und das Ausmaß der körperlichen Betätigung genau festgelegt werden. Für den Betroffen ist die CT zwar leicht anzuwenden, aber sie führt zu einer strengen Regelung des Tagesablaufs. Zudem ist die Gefahr einer Unterzuckerung bei der CT am höchsten.
Intensivierte konventionelle Therapie (Basis-Bolustherapie)
Bei der intensivierten konventionellen Therapie (auch ICT oder Basis-Bolustherapie) wird ein- bis zweimal täglich ein Verzögerungsinsulin (Basalinsulin) sowie zu den Mahlzeiten ein Bolusinsulin gespritzt. Dieses ist schnell wirksam und dient dazu, Blutzuckerspitzen (etwa nach dem Essen) auszugleichen. Dosis und Zeitpunkt können selbstständig angepasst werden, abhängig von den Mahlzeiten und/oder der körperlichen Aktivität.
Zwar ist durch mehrmals tägliche Injektionen und Blutzuckerkontrollen die ICT mit einem höheren Zeitaufwand verbunden als die CT oder BOT, mit dieser Therapie wird die körpereigene Insulinfreisetzung von gesunden Menschen aber am besten nachgeahmt. Die Stoffwechsellage kann somit optimal eingestellt und die Gefahr von Folgeerkrankungen so weit wie möglich reduziert werden.
Insulinpen oder -pumpe?
Zur eigenständigen Verabreichung von Insulin stehen Diabetikern unterschiedliche Methoden zur Verfügung, die je nach persönlichen Vorlieben oder krankheitsbedingten Vorgaben ausgewählt werden können. Folgende Dosiergeräte kommen zum Einsatz:
- Insulinpumpe
- Insulinpen
- nadelfreie Injektion
Insulinpumpe
Insulinpumpen werden vor allem zur Behandlung von Typ-1-Diabetes verwendet. In Ausnahmefällen kommen sie auch bei fortgeschrittenen Typ-2-Diabetikern zum Einsatz. Insulinpumpen ermöglichen durch unterschiedliche Programme eine flexible Anpassung der Insulindosis im Tagesverlauf, beispielsweise bei erhöhter körperlicher Aktivität.
Das Insulin ist über eine Ampulle in die Pumpe integriert. Diese zeigt an, wann die Ampulle gewechselt werden muss. Das Insulin wird über einen Katheter aus Kunststoff mithilfe einer Kanüle ins Unterhautfettgewebe geführt. Der Katheter wird mit einem Pflaster an die Haut geklebt. Die Insulinpumpe selbst kann mit einem Clip beispielsweise an der Hose oder am Gürtel befestigt werden.
Insulinpen
Die überwiegende Mehrheit der Diabetiker mit Diabetes Typ 2 nutzt heute zur Injektion von Insulin keine "klassischen" Spritzen mehr, sondern Insulinpens. An den etwa stiftgroßen Insulinpens kann die benötigte Anzahl an Insulineinheiten mittels eines Rädchens dosiert werden.
Nadelfreie Injektion (jet-injection)
Bei einer nadelfreien Injektion wird das Insulin durch hohen Druck in die Haut injiziert. Dieser Druck wird durch eine Feder oder komprimierte Gase erzeugt. Aufgrund des höheren Kaufpreises sowie der fehlenden Möglichkeit, die Injektionstiefe an die Dicke der Fettschicht anzupassen, hat sich die nadelfreie Injektion bisher noch nicht gegen den Insulinpen durchsetzen können.
Injektion: Was muss man beim Spritzen von Insulin beachten?
Das Spritzen von Insulin gelingt mit ein paar einfachen Tipps und etwas Übung meist ohne Probleme:
- Injektionsbereiche: Beine, Bauch und Gesäß sind als Injektionsbereiche am besten geeignet. Am Bauch empfiehlt sich eine Injektion jeweils einen Zentimeter über der Schambeinfuge, unter der untersten Rippe oder im Abstand von einem Zentimeter zum Bauchnabel. An den Beinen ist die bevorzugte Stelle das obere Drittel an der Außenseite der Oberschenkel. Am Gesäß ist der hintere seitliche Bereich beider Gesäßhälften am besten geeignet.
- Wirkstoff: Je nach Wirkstoff (zum Beispiel lang- oder schnellwirksam, Insulinanaloge oder Humaninsulin) empfiehlt sich ein anderer Zeitpunkt und ein anderer Injektionsbereich. Die passende Anwendung sollte mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
- Injektionsstelle: Die Injektionsstelle sollte frei von Entzündungen, Infektionen oder Auffälligkeiten, wie Muttermalen oder Narben sein. Eine Desinfektion der entsprechenden Stelle ist außerhalb von Krankenhäusern oder Pflegeheimen normalerweise nicht notwendig. Die Injektionsstelle sollte bei jeder neuen Injektion gewechselt werden.
Darüber hinaus muss darauf geachtet werden, dass das Insulin entsprechend der Wirkstoffart vorbereitet wurde (beispielsweise Schütteln bei Mischinsulin) und der Pen funktionstüchtig ist.
Wie sollte Insulin gelagert werden?
Insulin als Lösung sollte bei zwei bis acht Grad gelagert werden. Auf Reisen können spezielle Kühltaschen oder auch Thermosflaschen verwendet werden. Insulin in der Kühlbox zu lagern, bietet sich nur bedingt an, da die Kühlakkus aufgrund ihrer niedrigen Temperatur ein Einfrieren des Insulins bewirken könnten. Gefrorenes Insulin verliert jedoch seine Wirkung.
Hat Insulin Nebenwirkungen?
Bei korrekt dosierter Behandlung mit Insulin kommt es in der Regel nicht zu starken Nebenwirkungen. Übergewicht kann eine Folge der Behandlung sein, selten treten zu Beginn der Therapie auch Sehstörungen auf. Wird jedoch zu viel Insulin gespritzt oder bei der Injektion ein Muskel getroffen, kann es zu einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) kommen. Auch eine Überzuckerung (Hyperglykämie) ist bei Unterdosierung des Insulins möglich.
Bei Diabetes Typ 2 sollte deshalb immer abgewogen werden, ob eine Insulintherapie unbedingt notwendig ist oder ob beispielsweise eine Ernährungsumstellung in Kombination mit Sport schon eine ausreichende Verbesserung der Blutwerte bewirken kann.
Grundsätzlich sollte man beim Verdacht auf Nebenwirkungen immer ein Arzt aufsuchen, der die Ursache der Symptome abklären kann. Insbesondere eine Hypo- oder Hyperglykämie kann für den Betroffenen schwerwiegende Folgen haben.