Hirsutismus – starke Behaarung bei Mädchen und Frauen
Frauen mit Bärten galten schon vor langer Zeit als kuriose Laune der Natur. Oft wurden sie als "bärtige Damen" auf Jahrmärkten zur Schau gestellt und dem Spott anderer preis gegeben. Auch heute im 21. Jahrhundert können viele Betroffene kaum ein normales Leben führen. Sie verstecken sich, schämen sich für ihr Aussehen, ein normales Sexualleben ist für viele Betroffene von Hirsutismus nur ein unerfüllbarer Traum. Dabei ist Hirsutismus – ein hormonell bedingter übermäßiger Haarwuchs an bestimmten Körperpartien – ein medizinisches Problem, das durchaus zu behandeln ist.
Starke Behaarung bei Hirsutismus
Bei Frauen mit Hirsutismus zeigt sich auf der Oberlippe ein dunkler Damenbart, der Haaransatz zieht sich langsam immer weiter nach oben und hinten zurück. Am Körper nimmt die Behaarung immer mehr zu: auf den Armen, auf der Brust, am Rücken. Viele Frauen leiden auch psychisch unter diesem männlichen Erscheinungsbild.
Viele Frauen mit Hirsutismus kämpfen zudem mit allen möglichen Mitteln, Salben und Vitaminpräparaten gegen Akne, ein Hautproblem, das die meisten Menschen mit der Pubertät hinter sich lassen.
Mit der Pubertät beginnt der Haarwuchs
Hirsutismus beginnt bei den meisten Betroffenen schleichend: Die ersten Zeichen zeigen sich in typischen Fällen während die Hormone ihre erste Wirkung entfalten und die Pubertät einsetzt. Die Zunahme unerwünschter Behaarung im Gesicht, Haarwuchs an den Beinen und oft sogar am ganzen Körper verstärkt sich im Laufe der Zeit.
Die Frauen haben das Gefühl, mit ihren Versuchen der Behandlung wie Enthaarungscremes oder dem Bleichen der Haare im Gesicht und an den Armen den Haarwuchs nur zu verstärken. Dies hat allerdings nichts mit dem Eingreifen der Betroffenen zu tun, sondern viel mehr mit der Wirkung der körpereigenen Hormone.
Wie der Körper jeder Frau, so produzieren auch die Hormondrüsen der Hirsutismus-Patentinnen sowohl weibliches, als auch kleinste Mengen männliches Hormon (Testosteron). Die Ursachen des Hirsutismus liegen in 95 Prozent der Fälle im Bereich dieser hormonellen Steuerung. Dabei schüttet der Körper der meisten Frauen nicht übermäßig viel Testosteron aus, wie die Medizin lange Zeit dachte. Vielmehr reagiert die Haut in solchen Fällen einfach ausgesprochen stark auf diese eigentlich normalen Testosteron-Mengen.
Hirsutismus: Körperbehaarung als Leidensfaktor
Die Folgen dieser übersensiblen Haut machen für die betroffenen Frauen oft das ganze Leben kompliziert. Gerade in einem Alter, in dem Mädchen lernen müssen, mit den körperlichen Folgen der Pubertät umzugehen und erste Erfahrungen mit der Sexualität machen möchten, werden Betroffene von Hirsutismus oft ins soziale Abseits gedrängt.
Akne im Gesicht und starke Körperbehaarung, nicht nur in der Schamgegend, sondern auch an den Beinen, im Gesicht, in schlimmen Fällen sogar Haarwuchs auf Brust und Rücken machen einen entspannten Umgang mit der eigenen Körperlichkeit nahezu unmöglich. Die Akne, die oft neben dem Gesicht auch Brust und Rücken befällt, wird oft mit Hygienemängeln verwechselt. So fühlen sich betroffene Frauen und Mädchen oft sozial isoliert.
PCO-Syndrom als eine der Ursachen
Doch der Hirsutismus ist kein Schicksal, das einfach hingenommen werden muss. Es gibt mehrere Behandlungsansätze, um dem Haarwuchs entgegen zu wirken. Als Erstes muss sichergestellt werden, dass die Probleme der Patientin wirklich von einer übermäßigen Reaktion auf normale Testosteron-Mengen stammt. Ein einfacher Bluttest kann dies belegen.
Die zweithäufigste Ursache für Hirsutismus ist das sogenannte Polyzystische Ovarsyndrom (kurz: PCO-Syndrom, PCOS). Diese Fehlfunktion der Eierstöcke kann in einer frauenärztlichen Untersuchung mit Ultraschall festgestellt werden.
Oft geht das PCO-Syndrom (PCOS) mit Übergewicht und Störungen des Stoffwechsel Hand in Hand. Die Überempfindlichkeit und das PCO-Syndrom (PCOS) zusammen machen rund 95 Prozent aller Fälle von Hirsutismus aus.
Oft tritt dieses Krankheitsbild auch in den Wechseljahren auf, wenn die eigene Hormonproduktion nachlässt. Andere Ursachen, zum Beispiel ein Hirsutismus, der in der Schwangerschaft auftritt, oder Zubildungen, die Hormone produzieren, sind ausgesprochen selten.
Nicht nur körperliche Auswirkungen, sondern auch seelische
Hirsutismus ist für betroffene Frauen oft mit einem enormen Leidensdruck verbunden, denn die übermäßige Körperbehaarung und die anderen Anzeichen der Vermännlichung führen oft dazu, dass die Frauen sich selbst als unschön empfinden oder von anderen ausgegrenzt werden. Da die äußerliche Vermännlichung oft schwere psychische Folgen hat, ist sie eine ernst zu nehmende Krankheit, die behandelt werden muss. Die Narben, die die ständige Ablehnung durch die Umwelt entstehen lässt, sollten in keinem Fall unterschätzt werden.
So sollten besonders Mütter, die bei ihren Töchtern einen Hirsutismus entdecken, möglichst früh einen Arzt zurate ziehen, um ihrem Kind eine normale körperliche und soziale Entwicklung zu ermöglichen.
Nachhaltige Entfernung der Körperhaare wichtig
An erster Stelle steht die möglichst nachhaltige Entfernung der unerwünschten Körperhaare. Für welche Methode sich die einzelne Betroffene entscheidet, hängt dabei auch vom Hauttyp, einer bestehenden Akne und – leider auch – dem Geldbeutel ab.
Rat und Hilfe finden Betroffene bei ausgebildeten Kosmetikern und dem Hautarzt. Folgende Methoden kommen beispielsweise infrage:
- Wachsenthaarung oder Epilation sind etwas schmerzhaft, hält aber länger vor als das einfache Rasieren.
- Sind die Haare weich und dünn, kann überlegt werden, sie einfach zu bleichen.
- Besonders gründlich sind Methoden wie die Laser-Epilation oder das Zerstören der Haarwurzel mit einem kleinen Stromstoß (Elektroepilation). Diese Behandlungen können Hautärzte oder auch gut geführte Kosmetiksalons durchführen.
Behandlung mit Medikamenten
Um das Problem von innen her anzugehen, ist zum Beispiel die Anti-Baby-Pille geeignet. Produkte, die sowohl Östrogen als auch Gestagen enthalten, können die Produktion von Testosteron in den Eierstöcken reduzieren. Zudem bewirkt Östrogen, dass das männliche Hormon im Körper gebunden, also unwirksam gemacht wird. Gestagen beschleunigt die Ausscheidung des Testosterons.
Als besonders geeignete Wirkstoffe zur Kombination mit Östrogen gelten:
- Desogestrel,
- Gestoden,
- Norgestimat und
- Cyproteronacetat.
Drei von vier Patientinnen sprechen gut auf diese Behandlung an. Leider haben Anti-Baby-Pillen auch Nebenwirkungen. Besonders Frauen über 35 Jahre, die zudem auch noch rauchen, sollten sich die Einnahme dieser Präparate gründlich überlegen.
Als Alternative werden auch Präparate angeboten, welche die Aktivität der Eierstöcke drosseln. Diese Art Medikament kann zusammen mit einem Östrogenpräparat ähnlich gute Erfolgsquoten aufweisen wie die Anti-Baby-Pille. Es handelt sich hierbei aber auch um ein Hormon und ist zudem vergleichsweise teuer.
Leider gibt es Frauen, deren Problem mit der unerwünschten Behaarung sich nicht von Medikamenten beeinflussen lässt. Ihnen bleibt nur die Haarentfernung und viel Geduld mit sich selbst.
Sport und gesunde Ernährung als wichtige Säule der Therapie
Frauen mit PCOS bekommen von ihrem Arzt in der Regel die Anweisung, ihr Übergewicht durch Ernährungsumstellung zu reduzieren und Sport zu treiben. Eine Ernährungsberatung kann helfen, abzunehmen. Gut geeignet ist beispielsweise Walken, ein sanfter Ausdauersport, der die Gelenke nicht belastet und hilft, den Stoffwechsel wieder in normale Bahnen zu lenken.
In einigen Fällen lässt sich so sogar auf Medikamente verzichten und ein regelmäßiger Zyklus herstellen. Daher ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen und Maßnahmen zu ergreifen, die die Symptome lindern: Immerhin drei Viertel aller Frauen mit Hirsutismus kann geholfen werden.