Leberzirrhose: Symptome & Ursachen einer Schrumpfleber
Die Leber ist das größte Stoffwechselorgan im menschlichen Körper und nimmt zahlreiche Funktionen wahr. So produziert sie beispielsweise Gallenflüssigkeit, speichert Vitamine und bestimmte Mineralstoffe und befreit den Körper von Giftstoffen. Eine Leberzirrhose, auch bekannt als Schrumpfleber, ist eine ernstzunehmende Erkrankung dieses Organs, das dadurch in seinen Aufgaben eingeschränkt wird. Unbehandelt kann eine Zirrhose der Leber tödlich enden. Welche Ursachen können eine Leberzirrhose auslösen, welche Symptome treten auf, wie wirkt sie sich auf die Lebenserwartung aus und wie sieht der Sterbeverlauf im Endstadium der Erkrankung aus?
Was ist eine Leberzirrhose?
Chronische Krankheiten oder jahrelange Entzündungsprozesse in der Leber können zu einer Zerstörung des Lebergewebes führen. Leberzellen werden dann durch funktionsloses Bindegewebe ersetzt. Die Folge: Die Leber kann nicht mehr oder nur eingeschränkt ihren Aufgaben im Stoffwechsel und bei der Entgiftung nachkommen.
Das Vorstadium dieser Erkrankung ist die Leberfibrose. Bei einer Fibrose werden bereits Kollagenfasern in die Leber eingelagert. Es bildet sich Narbengewebe, die Leber ist in ihrer Funktion aber noch nicht oder kaum beeinträchtigt. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann die Leberfibrose in eine Leberzirrhose übergehen.
Bei der Untersuchung, etwa beim Abtasten oder mittels Ultraschall, zeigt sich die Leber zu Beginn infolge der Krankheitsprozesse vergrößert. Schreitet die Leberzirrhose fort, schrumpft die Leber infolge der narbigen Veränderungen und sie wird klein, fest und höckerig. Daher kommt auch der Name "Schrumpfleber".
Bei der Leberzirrhose handelt es sich um eine recht häufige Erkrankung. Jährlich werden in Deutschland pro 100.000 Personen etwa 250 neue Fälle festgestellt. Von einer Zirrhose der Leber sind mehr als doppelt so viele Männer wie Frauen betroffen.
Leberzirrhose – welche Ursachen gibt es?
Nahezu jede chronische Lebererkrankung kann in eine Zirrhose münden. In über der Hälfte der Fälle (etwa 60 Prozent) ist chronischer Missbrauch von Alkohol die Ursache (äthyltoxische Leberzirrhose). Dieser Missbrauch kann zur vermehrten Einlagerung von Fett in der Leber und damit zu Entzündungen des Gewebes führen. Man spricht dann von einer alkoholischen Fettleber. Daneben kann auch die nicht-alkoholische Fettleber zu dauerhaften Entzündungsprozessen und damit zu einer Schrumpfleber führen. Ursachen dafür können unter anderem starkes Übergewicht, aber auch eine Mangelernährung oder ein Diabetes mellitus sein.
Bei knapp einem Drittel der Betroffenen mit Leberzirrhose liegt eine Virushepatitis, genauer eine chronische Hepatitis B oder C zugrunde.
Seltenere Ursache sind beispielsweise Autoimmunerkrankungen, die zu ständigen Entzündungsreaktionen führen. Solche Erkrankungen können sowohl die Leber selbst betreffen (Autoimmunhepatitis) als auch die im Bereich der in der Leber gelegenen Gallenwege. Weitere mögliche Auslöser sind Stoffwechselkrankheiten wie Morbus Wilson oder die Hämochromatose. Bei der erstgenannten Erkrankung wird Kupfer, bei der zweitgenannten Eisen in der Leber gespeichert, was dort zum Absterben von Zellen führt.
Auch bestimmte potenziell leberschädigende Medikamente, Chemikalien wie das Lösungsmittel Benzol oder eine Infektion mit tropischen Saugwürmern (Bilharziose) können eine Leberzirrhose auslösen.
Leberzirrhose: Anzeichen und Symptome
Die Leberzirrhose selbst verursacht meist erst relativ spät Symptome. Ist eine andere Erkrankung der Auslöser der Leberzirrhose, machen sich zunächst Beschwerden bemerkbar, die darauf zurückzuführen sind. Die Symptome der Leberzirrhose selbst treten erst auf, wenn die Funktion der Leber durch das zerstörte Lebergewebe schon stark eingeschränkt ist.
Erste Anzeichen im Anfangsstadium
Folgende Symptome können im Anfangsstadium der Leberzirrhose auftreten:
- Allgemeinsymptome: verminderte Leistungsfähigkeit, Abgeschlagenheit und Müdigkeit sind oft erste Anzeichen
- Hautauffälligkeiten: Gefäßsternchen (Spider naevi), Lacklippen und -zunge (auffällig gerötet und glänzend), gerötete Handinnenflächen, Juckreiz
- Weißnägel (hell verfärbte Nägel ohne sichtbaren weißen Halbmond) oder Uhrglasnägel (stark nach innen gewölbte, gerundete Nägel)
- Blähungen, Oberbauchschmerzen, Druckgefühl im Oberbauch
- Abnahme von Muskelmasse und erhöhte Neigung zu Osteoporose (Knochenschwund)
- hormonelle Störungen: Libidoverlust, beim Mann Brustbildung und Verlust der männlichen Behaarung an Brust oder Bauch, Verkleinerung der Hoden, bei der Frau Menstruationsstörungen
Symptome im fortgeschrittenen Stadium
In einem fortgeschrittenerem Stadium der Leberzirrhose können folgende Anzeichen hinzukommen:
- Bauchwassersucht (Aszites), sichtbar als aufgetriebener Bauch
- Bluthochdruck in der Pfortader und dadurch sichtbare Venenerweiterungen unter der Bauchhaut (Zeichen eines Umgehungskreislaufs)
- Gelbsucht (Ikterus): gelbe Verfärbung von Haut und Augenbindehaut, dunkler Urin, hell gefärbter Stuhlgang
- Bluterbrechen oder Teerstuhl (schwarzer, blutiger Stuhlgang) durch die Bildung von Krampfadern in Magen oder Speiseröhre
- Zeichen von Hirnstörungen: Orientierungsstörung, Gedächtnisprobleme, psychische Verstimmung oder Stimmungsschwankungen, unangemessenes Verhalten, später Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit (Leberausfallkoma)
- Atemnot
- Gewichtsverlust
- verstärkte Blutungsneigung und Häufung von blauen Flecken
Folgen einer Leberzirrhose
Die Hauptfolgen einer Leberzirrhose sind ein veränderter Eiweiß- und Hormonhaushalt sowie die Ansammlung giftiger Substanzen wie Gallensäure und Ammoniak im Blut, welche auch ins Gehirn gelangen und dieses schädigen können (hepatische Enzephalopathie).
Da das Blut durch die narbige Schrumpfung der Leber diese nur noch schwer durchfließen kann, staut es sich zurück in die Pfortader. Diese Vene leitet das Blut von den Organen des Magen-Darm-Traktes in die Leber. Kann das Blut nicht mehr problemlos durch die Leber fließen, staut es sich zurück bis in die Milz, die sich dadurch vergrößert. Um ungehindert fließen zu können, schafft sich das Blut Umgehungskreisläufe, es bilden sich also neue Blutgefäße. Diese Umgehungskreisläufe können wiederum zu lebensgefährlichen Blutungen im Bereich der Speiseröhre und des Magens führen.
Diagnose der Leberzirrhose
Um die Diagnose Leberzirrhose zu stellen, reichen oft bereits die typischen Beschwerden und Befunde bei der körperlichen Untersuchung. Bei der Tastuntersuchung kann festgestellt werden, ob der*die Patient*in an einer verhärteten Leber oder einer vergrößerten Milz leidet. Beides sind wichtige Anzeichen einer Leberzirrhose. Auch die typischen Hautveränderungen können für den*die Arzt*Ärztin ein wichtiger Hinweis sein.
Bei der Ultraschalluntersuchung können Veränderungen am Gewebe der Leber, eine Vergrößerung der Milz oder auch eine Bauchwassersucht erkannt werden. Reicht ein Ultraschall zur Diagnose nicht aus, kann eine bildgebende Untersuchung mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) erfolgen. Am zuverlässigsten bei unklarer Diagnose ist jedoch die Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) aus der Leber. Dazu wird nach örtlicher Betäubung eine Hohlnadel im Bereich der unteren Rippen eingeführt. Mithilfe der Nadel wird ein sehr kleines Stück Lebergewebe entnommen.
Mit einer Magenspiegelung kann geprüft werden, ob an der Speiseröhre oder im Magen bereits – potenziell lebensbedrohliche – Umgehungskreisläufe der Blutgefäße, sogenannte Speiseröhrenkrampfadern (Ösophagusvarizen), vorhanden sind.
Blutwerte bei Leberzirrhose
Die Leber entgiftet den Körper und speichert zahlreiche Nährstoffe. Eine gestörte Leberfunktion kann sich also auch in veränderten Blutwerten widerspiegeln. Das sind unter anderem:
- erhöhte Konzentration der Transaminasen AST (auch GOT) und ALT (auch GPT)
- erhöhte Werte des Abbauproduktes Bilirubin
- erhöhte Ammoniakkonzentration
- niedrige Werte des Enzyms Cholinesterase
- niedrige Konzentration des Eiweißes Albumin
- niedriger Anteil an Blutplättchen (Thrombozyten) und weißen Blutkörperchen (Leukozyten)
Stadien bei Leberzirrhose: Child-Pugh-Kriterien
Die Leberzirrhose wird mithilfe der sogenannten Child-Pugh-Kriterien in verschiedene Stadien unterteilt. Die Child-Pugh-Kriterien decken folgende Bereiche ab:
- Wie hoch sind die Albuminwerte im Blutserum?
- Wie hoch ist die Konzentration an Bilirubin?
- Wie hoch ist der Quick-Wert beziehungsweise der INR (beides sind Werte zur Bestimmung der Blutgerinnung)?
- Ist eine Bauchwassersucht erkennbar (gegebenenfalls auch nur im Ultraschall)?
- Liegt eine Enzephalopathie vor?
Die Ergebnisse dieser einzelnen Untersuchungen werden dann herangezogen, um das Stadium der Erkrankung zu bestimmen. Das am wenigsten kritische Stadium ist das Child A, gefolgt von Child B. Das höchste Krankheitsstadium liegt bei Child C vor.
Eine Alternative zu den Child-Pugh-Kriterien ist der sogenannte MELD-Score. Dabei werden das Gesamt-Bilirubin, der Kreatininwert im Blutserum und der INR bestimmt.
Behandlung bei Leberzirrhose
Eine Leberzirrhose ist nicht vollständig heilbar, denn einmal verändertes Lebergewebe lässt sich nicht mehr in funktionsfähige Leberzellen zurückverwandeln. Das heißt, bereits entstandene Einschränkungen bleiben bestehen. Im Endstadium der Erkrankung sind so viele Zellen zerstört, dass eine Transplantation der Leber notwendig wird. Deshalb ist das wichtigste Ziel der Therapie, ein Fortschreiten der Leberzirrhose zu vermindern oder aufzuhalten. An erster Stelle steht somit die Behandlung der Grunderkrankung.
Zudem müssen zwingend Substanzen gemieden werden, die die Leber weiter schädigen können – vor allem Alkohol, doch auch Medikamente, welche häufig über die Leber entgiftet werden. Auch eine ausgewogene und gesunde Ernährung sowie die Reduzierung von Übergewicht können die Leber entlasten. In diesem Artikel erhalten Sie weitere Informationen zur Ernährung bei Leberzirrhose.
Therapie von Komplikationen
Neben den bereits genannten Maßnahmen werden die Symptome und möglichen Komplikationen der Leberzirrhose behandelt. So wird ein Aszites mittels entwässernder Medikamente (Diuretika) oder einer Bauchpunktion reduziert oder eine Blutung aus Speiseröhrenkrampfadern im Rahmen einer Spiegelung gestoppt. Dabei werden die Krampfadern verödet oder mithilfe eines Gummibands abgebunden.
In manchen Fällen wird auch eine nicht ungefährliche Shunt-Operation (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Stent-Shunt, kurz TIPSS) durchgeführt, bei der eine künstliche Umgehung des Pfortadersystems geschaffen wird. Dieser portosystemische Shunt schützt vor Krampfaderblutungen, allerdings können, wie bei anderen Operationen auch, Komplikationen auftreten.
Lebertransplantation bei starker Schädigung
Ist die Schädigung der Leber so weit fortgeschritten, dass die verbleibenden Leberzellen die Aufgaben des Organs nicht mehr erfüllen können, liegt eine sogenannte dekompensierte Leberzirrhose vor. Dann kann nur noch durch eine Lebertransplantation die Leberfunktion wieder hergestellt werden.
Allerdings kommen aufgrund einiger Ausschlusskriterien, etwa Alkoholabhängigkeit, viele Betroffene dafür nicht infrage. Zudem handelt es sich um einen schweren und körperlich sehr belastenden Eingriff. Bei erfolgreichem Verlauf ist der*die Patient*in aber geheilt, auch wenn lebenslang Medikamente eingenommen werden müssen.
Leberzirrhose: Verlauf und Lebenserwartung
Die Lebenserwartung bei Leberzirrhose hängt zum einen von der Ursache ab, zum anderen davon, wie weit die Leberzirrhose fortgeschritten ist und wie gut es gelingt, ihre Verschlimmerung zu verhindern. Wird nichts getan oder beispielsweise die Leber weiter durch fortlaufenden Alkoholkonsum geschädigt, endet die Leberzirrhose in Monaten bis wenigen Jahren tödlich. In einem frühen Stadium lässt sich ein Fortschreiten der Erkrankung häufig gut aufhalten. Eine Leberzirrhose ist also nicht automatisch ein Todesurteil.
Entscheidend für die Prognose ist das Stadium der Leberzirrhose. Im Stadium Child A ist die Überlebensrate für ein Jahr nahezu wie die einer gesunden Person. Bei Child B liegt sie für ein Jahr bei 85 Prozent, bei Child C nur noch bei 35 Prozent. Hierbei handelt es sich um durchschnittliche Zahlen. Generell ist jeder Krankheitsverlauf anders.
Sterbeverlauf bei Leberzirrhose
Häufigste Todesursache sind Blutungen von Speiseröhrenkrampfadern, gefolgt von Leberversagen oder einem kombinierten Leber- und Nierenversagen (hepatorenales Syndrom). Generell steigt bei einer dekompensierten Leberzirrhose das Risiko für ein zusätzliches Organversagen, da viele Organe in ihrer Funktion von der Leber abhängig sind. Man spricht dann von einem akut-auf-chronischen Leberversagen (ACLF).
Darüber hinaus erhöht sich durch eine Leberzirrhose das Risiko für Leberkrebs. Bei der Erkrankung beträgt die durchschnittliche 5-Jahres-Überlebensrate etwa 15 Prozent, weshalb Leberkrebs eine häufige Todesursache bei Menschen mit fortgeschrittener Zirrhose darstellt.