Was ist eine Thrombozytopenie?
Thrombozyten (Blutplättchen) spielen in unserem Körper vor allem für die Blutgerinnung eine wichtige Rolle. Sinkt die Anzahl an Blutplättchen in unserem Blut, haben wir einen Mangel an Thrombozyten. In der Fachsprache wird dies Thrombozytopenie genannt. Welche Ursachen gibt es für eine solche Thrombozytenstörung, welche Symptome treten auf und wie erfolgt die Behandlung?
Was ist eine Thrombozytopenie?
Jeder Mensch hat zwischen 150.000 und 450.000 Thrombozyten pro Mikroliter Blut. Wenn der Wert von 150.000 Blutplättchen unterschritten wird, spricht man von einer Thrombozytopenie (Thrombopenie). Der Begriff beschreibt also einen Mangel an Blutplättchen. In der Folge kommt es zu einer gestörten Blutgerinnung, die mit verstärkt auftretenden und länger andauernden Blutungen einhergehen kann.
Das Gegenteil einer Thrombozytopenie wird als Thrombozytose bezeichnet. Im Rahmen dessen kann es zu einer Thrombose kommen. Dabei gerinnt das Blut in einer Vene oder Arterie. Der immer größer werdende Blutpfropf (Thrombus oder Blutgerinnsel) behindert dann den Blutfluss. Mögliche Folgen können etwa eine Lungenembolie, ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall sein.
Funktion der Thrombozyten
Unser Blut setzt sich aus einem flüssigen Bestandteil, dem Blutplasma, und verschiedenen festen Bestandteilen, den Blutzellen, zusammen. Insgesamt gibt es im Blut drei Arten von Blutzellen:
- die Erythrozyten (rote Blutkörperchen)
- die Leukozyten (weiße Blutkörperchen)
- und die Thrombozyten (Blutplättchen)
Die Thrombozyten werden im Knochenmark hergestellt und sind vor allem für unsere Blutgerinnung, also die Stillung von Blutungen, von entscheidender Bedeutung: Wird ein Gefäß verletzt, verschließen die Thrombozyten die verletzte Stelle, indem sie sich von innen an die Gefäßwand sowie aneinander lagern und damit eine Art Pfropfen bilden. Durch die Aktivität der Thrombozyten entsteht bei offenen Verletzungen der Wundschorf. Im Normalfall dauert dieser Vorgang nicht länger als sechs Minuten.
Ursachen einer Thrombozytopenie
Eine Thrombozytopenie kann viele verschieden Ursachen haben. Der Mangel an Blutplättchen kann durch eine Bildungsstörung der Thrombozyten, durch eine verkürzte Lebensdauer der Thrombozyten oder durch eine Verteilungsstörung hervorgerufen werden.
Stellt eine Bildungsstörung die Ursache der Thrombozytopenie dar, muss zwischen einer angeborenen und einer erworbenen Bildungsstörung unterschieden werden:
- Zu den angeborenen Bildungsstörungen zählen Erkrankungen wie das TAR-Syndrom, die Fanconi-Anämie oder die May-Hegglin-Anomalie.
- Zu den erworbenen Bildungsstörungen zählen dagegen Knochenmarkserkrankungen wie Leukämie, Knochenmarksschädigungen oder ein Substratmangel wie beispielsweise ein Mangel an Folsäure oder Vitamin B12.
Ist eine verkürzte Lebensdauer der Blutplättchen die Ursache der Thrombozytopenie, kann diese beispielsweise durch eine mechanische Schädigung der Blutplättchen hervorgerufen worden sein. Zu einer solchen mechanischen Schädigung kann es beispielsweise durch künstliche Herzklappen kommen. Daneben können auch eine verstärkte Blutgerinnung sowie eine Antikörperreaktion zu einer verkürzten Lebensdauer der Thrombozyten führen.
Eine Verteilungsstörung kann beispielsweise vorliegen, wenn die Milz übermäßig aktiv ist (Hypersplenismus), oft im Rahmen einer vergrößerten Milz, etwa bei Menschen mit einer Leberzirrhose. Dabei erfolgt eine Umverteilung der Thrombozyten in die Milz, von wo aus sie abgebaut werden.
Bei rund zehn Prozent der Frauen tritt zudem gegen Ende der Schwangerschaft eine Gestations-Thrombozytopenie auf – allerdings ist diese meist nur leicht ausgeprägt und bildet sich nach der Geburt wieder zurück. Folgen für das Kind hat diese im letzten Drittel der Schwangerschaft auftretende Thrombozytopenie in der Regel keine.
Immunthrombozytopenie
Bei der Immunthrombozytopenie (idiopathische thrombozytopenische Purpura, ITP) – einer Autoimmunkrankheit – stellt eine verkürzte Lebensdauer der Thrombozyten die Ursache der Thrombozytopenie dar. Man unterscheidet zwischen:
- einer akuten Form, der sogenannten akuten Immun-Thrombozytopenie, von der vor allem Kinder betroffen sind
- einer chronischen Form, der chronischen Immun-Thrombozytopenie
Von einer chronischen Immun-Thrombozytopenie spricht man ab einem Zeitraum von sechs Monaten.
Bei einer chronischen Immun-Thrombozytopenie tritt der Mangel an Thrombozyten auf, da das Immunsystem die Thrombozyten irrtümlicherweise als fremde Stoffe erkennt und Antikörper ausbildet. Diese sorgen dafür, dass der Abbau der Thrombozyten durch die Milz beschleunigt und somit deren Lebensdauer verkürzt wird.
Heparin-induzierte Thrombozytopenie
Eine weitere Ursache für eine Thrombozytopenie kann die Behandlung mit Heparin darstellen. Heparin ist ein Mittel, das zur Hemmung der Blutgerinnung eingesetzt wird und der Entstehung von Thrombosen vorbeugen soll. Bei der Heparin-induzierten Thrombozytopenie unterscheidet man zwei verschiedene Typen.
Beim Typ I sinkt die Zahl der Thrombozyten spontan, da es durch die Behandlung mit Heparin zu Wechselwirkungen kommt. Normalerweise steigt der niedrige Thrombozytenwert nach einigen Tagen jedoch von selbst wieder an.
Bei einer Heparin-induzierten Thrombozytopenie vom Typ II sinkt die Zahl der Thrombozyten durch eine Antikörperbildung, die durch die Gabe des Heparins ausgelöst wird. Dadurch wird die Blutgerinnung nicht gehemmt, sondern weiter aktiviert und es kommt zu Blutverklumpungen. Diese Blutgerinnsel (Thrombosen) können dann beispielsweise zu einem Schlaganfall oder einer Lungenembolie führen. Zudem kann durch die Gerinnselbildung der Ausgangwert der Thrombozyten um mehr als die Hälfte abnehmen.
Thrombozytopenie durch COVID-19-Impfung
Im Rahmen der Corona-Impfung mit den Vektor-Impfstoffen von AstraZeneca, aber auch Johnson& Johnson, wurde in sehr seltenen Fällen das Auftreten von Hirnvenenthrombosen (Sinusvenenthrombosen) beobachtet. Einige dieser Fälle gingen mit Thrombozytopenien einher.
Der Zusammenhang ist zwar noch nicht eindeutig geklärt, in den Blutproben der Betroffenen fanden sich jedoch spezifische Antikörper, die darauf hindeuten, dass das Vakzin die Blutgerinnsel ausgelöst haben könnte. Das Erscheinungsbild ähnelt dem einer Heparin-induzierten Thrombozytopenie Typ II.
Betroffen waren zumindest jüngere Frauen unter 55 Jahren. Sollten kurz nach der Corona-Impfung, vor allem zwischen vier und 16 Tagen danach, Beschwerden wie Kopfschmerzen, punktförmige Hauteinblutungen (Petechien), Beinschwellungen, Sprach- und Bewusstseinsstörungen oder Taubheits- und Lähmungsgefühle in den Armen und Beinen auftreten, sollten Betroffene unbedingt ärztlichen Rat einholen.
Pseudothrombozytopenie
Liegen keine Symptome und keine Grunderkrankung vor, deutet dies auf eine Pseudothrombozytopenie hin: Diese entsteht dadurch, dass die Blutplättchen auf dem Weg zum Labor verklumpen und dadurch von den Zählgeräten im Labor nicht mehr als Thrombozyt, sondern als Leukozyt identifiziert werden. Somit werden eine erniedrigte Thrombozyten- und eine erhöhte Leukozytenzahl diagnostiziert, obwohl die Blutwerte eigentlich in Ordnung sind.
Symptome bei einer Thrombozytopenie
Wird der Wert von 150.000 Blutplättchen pro Mikroliter Blut unterschritten, macht sich dies zunächst nicht bemerkbar. Denn auch bei deutlichen niedrigeren Thrombozyten-Werten reagiert der Körper zunächst nicht mit Ausfallerscheinungen. Die Thrombozytopenie macht sich jedoch dadurch bemerkbar, dass die Verschließung von kleineren Verletzungen länger als üblich, das heißt länger als sechs Minuten, dauert.
Charakteristisch für eine Thrombozytopenie ist eine erhöhte Blutungsneigung der Betroffenen. Typische Symptome sind beispielsweise kleine Hautblutungen (petechiale Hautblutungen, Petechien) in der Unterhaut und Schleimhaut. Darüber hinaus kann es auch häufiger zu Nasen- und Zahnfleischbluten sowie zu blauen Flecken kommen. Bei Frauen kann darüber hinaus die Periode ungewöhnlich stark ausfallen
Bei extrem niedrigen Thrombozytenwerten (< 30.000) nimmt die Blutungsneigung weiter zu und es treten gehäuft Blutungen der Schleimhäute auf. In besonders schweren Fällen kann es auch zu inneren Blutungen kommen.
Bei Verdacht auf Thrombozytopenie kann die Diagnose durch entsprechende Laborwerte, unter anderem die Anzahl der Thrombozyten, bestätigt werden.
Thrombozytopenie behandeln
Liegt eine Thrombozytopenie vor, richtet sich die Art der Therapie in erster Linie nach der zugrundeliegenden Ursache. Liegt beispielsweise ein Vitaminmangel zugrunde, besteht die Behandlung in der Gabe von entsprechenden Vitaminpräparaten. In seltenen Fällen – wenn der Mangel an Thrombozyten lebensbedrohlich wird – kann die Zahl der Thrombozyten durch eine Transfusion gesteigert werden. Allerdings besteht bei dieser Methode die Gefahr einer Unverträglichkeit sowie einer Infektion.
Daneben kann eine Thrombozytopenie auch durch Medikamente behandelt werden. Der Wirkstoff Eltrombopag sorgt beispielsweise dafür, dass die Produktion der Vorläuferzellen der Thrombozyten angeregt wird – was auf lange Sicht zu einer Erhöhung der Zahl der Thrombozyten führt.