Hämoglobin – was der Hb-Wert bedeutet
Der Hämoglobin-Wert (auch abgekürzt als Hb-Wert) ist einer der wichtigsten Laborwerte. Er wird bereits beim kleinen Blutbild routinemäßig ermittelt und ist somit wahrscheinlich jedem schon einmal nach der Blutentnahme begegnet. Doch was ist Hämoglobin eigentlich, wofür wird es im Körper benötigt, wie ist der Normalwert und was bedeutet es, wenn der Wert zu hoch oder zu niedrig ist? Dies und mehr erfahren Sie im folgenden Artikel.
Was ist Hämoglobin?
Hämoglobin ist in der Medizin eines der am besten untersuchten Proteine im Körper. Das eisenhaltige Protein ist in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) enthalten und vor allem für den Sauerstofftransport im Blut wichtig. Hämoglobin verleiht dem Blut seine charakteristische rote Farbe und wird daher auch als roter Blutfarbstoff bezeichnet.
Der Aufbau von Hämoglobin erfolgt in den Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen, der Abbau von diesen – und damit auch der Abbau des darin enthaltenen Hämoglobins – findet hauptsächlich in der Milz statt. Erfolgt ein Abbau außerhalb der Milz, wird Hämoglobin an ein Transportprotein gebunden und dann dem Abbau zugeführt. Ein Teil wird wiederverwendet, der andere wird zu Bilirubin abgebaut, gebunden und mit dem Stuhl ausgeschieden. Es trägt damit auch zu einem gewissen Anteil zur Färbung des Stuhls bei.
Seine Hauptaufgabe ist jedoch, wie bereits erwähnt, der Sauerstofftransport im Blut. Es ist damit essenziell für die Sauerstoffversorgung jeder einzelnen Körperzelle. Um den Sauerstoff binden zu können, enthält das Hämoglobin Eisen, weshalb der Hämoglobin-Wert eng mit dem Eisenwert verknüpft ist. Aber auch Folsäure und Vitamin B12 stehen in engem Zusammenhang mit dem Blutfarbstoff, denn sie werden zu seiner Herstellung benötigt. Zudem transportiert Hämoglobin das bei den verschiedenen Stoffwechselvorgängen anfallende Kohlenstoffdioxid zur Lunge, von wo es dann ausgeatmet wird.
Wann und wie wird der Hämoglobin-Wert bestimmt?
Der Hämoglobin-Wert gehört beim kleinen Blutbild zur Standarduntersuchung. Auch bei Verdacht auf Eisenmangel, Blutarmut (Anämie), zur Diagnose verschiedener Organerkrankungen oder einer Störung des Wasserhaushaltes (Dehydration oder Hyperhydration) oder zur Kontrolle bestimmter Therapieformen erfolgt eine Messung des Hb-Wertes. Darüber hinaus wird der Hämoglobin-Wert vor einer Blutspende ermittelt.
Der Hämoglobin-Wert kann wird in der Regel aus einer Blutprobe bestimmt. Es ist nicht nötig, für die Blutentnahme nüchtern zu sein. Darüber hinaus kann schon ein kleiner Tropfen Blut aus dem Ohrläppchen oder der Fingerkuppe zur Ermittlung des Laborwertes ausreichen.
Daneben kann der Hämoglobin-Wert auch im Urin oder im Stuhl bestimmt werden. Dies geschieht meist im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen oder bei Verdacht auf bestimmte Krankheiten, zum Beispiel Nierenerkrankungen.
Das kleine Blutbild – welche Blutwerte sind noch wichtig?
Ein kleines Blutbild wird häufig bei der Routine-Blutentnahme angefertigt. Neben dem Hämoglobin-Wert sind es hier vor allem die einzelnen Blutzellen, die von Bedeutung sind. So werden beim kleinen Blutbild folgende Blutwerte bestimmt:
- die Erythrozyten (rote Blutzellen beziehungsweise rote Blutkörperchen)
- die Leukozyten (weiße Blutkörperchen)
- die Thrombozyten (Blutplättchen)
Ein weiterer Wert, der in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielt, ist der Hämatokrit. Er gibt das Verhältnis von Zellen und Flüssigkeit im Blut an. Da die roten Blutzellen zahlenmäßig den größten Anteil ausmachen, spiegelt der Hämatokrit-Wert vor allem deren Anteil am Gesamtblutvolumen wider.
Zudem werden noch MCH, MCV und MCHC bestimmt. Diese Werte lassen nähere Aussagen über die Eigenschaften der Erythrozyten zu und sind vor allem in Zusammenschau mit dem Hämoglobin wichtig. Hämoglobin, die roten Blutzellen sowie MCH, MCV und MCHC sollten für eine differenzierte Aussage zusammen bestimmt werden, da sie zum Beispiel Auskunft darüber geben können, ob und welche Art einer Blutarmut vorliegt.
Wie hoch sind die Normalwerte für Hämoglobin?
Der normale Wert für Hämoglobin ist alters- und vor allem geschlechtsabhängig. So haben Frauen von Natur aus einen niedrigeren Hb-Wert, was nicht zuletzt an der Periodenblutung liegt. Die folgende Tabelle zeigt, in welchem Zielbereich bei Erwachsenen der Hb-Wert liegen sollte:
Geschlecht | g/dl | mmol/l |
Männer | 14-18 | 8,7-11,2 |
Frauen | 12-16 | 7,5-9,9 |
Eine besondere Gruppe bilden hierbei Kinder. Für sie gibt es spezielle Tabellen, in denen der Hb-Wert je nach Alter aufgelistet ist. Eine zusätzliche Besonderheit weisen Neugeborene auf. Sie besitzen sogenanntes fetales Hämoglobin, das besser Sauerstoff bindet als beim Erwachsenen. Es wird im Laufe der ersten Lebensmonate abgebaut.
Eine weitere Form des Hämoglobins ist das glykierte Hämoglobin. Der Begriff "glykiert" bedeutet, dass dieses Protein mit Zuckerresten verknüpft ist. Dieser Prozess ist abhängig vom Blutzuckerspiegel, weshalb der Anteil des glykierten Hämoglobins eine Aussage über den Blutzucker ermöglicht. Dieses "Zucker-Hämoglobin" ist besser bekannt als HbA1c-Wert oder "Langzeitzucker" und zur Verlaufskontrolle bei Diabetes mellitus von Bedeutung. Bei gesunden Menschen liegt der Wert etwa bei 5 Prozent des Gesamthämoglobins. Bei dem in der westlichen Welt häufigen Typ-2-Diabetes sollte der Wert im Verlauf der Therapie optimalerweise kleiner als 6,5 Prozent sein.
Außerdem ist zu beachten, dass die Normwerte je nach zuständigem Labor abweichen können. Die Tabelle soll daher nur eine grobe Orientierung bezüglich der jeweiligen Referenzbereiche für Männer und Frauen liefern.
Was bedeutet ein zu niedriger Hämoglobin-Wert?
Ein zu niedriger Hb-Wert liegt vor, wenn der Wert unter der alters- und geschlechtsspezifischen Grenze liegt. Ist der Hb-Wert zu niedrig, liegt häufig auch eine Blutarmut oder Anämie vor. Meist ist dann auch die Zahl der roten Blutkörperchen vermindert. Außerdem können MCH, MCV, MCHC und der Hämatokrit ebenso Veränderungen zeigen. Typische Symptome einer Anämie sind Blässe, Müdigkeit oder brüchige Fingernägel.
Ein niedriger Hb-Wert kann zahlreiche Ursachen haben, im Folgenden werden die wichtigsten genannt:
- Eisenmangel (die mit Abstand häufigste Ursache)
- Volumenüberschuss (hier findet eine Verdünnung des Blutes statt, sodass der Hämoglobin-Wert im Verhältnis zu niedrig ist)
- Schwangerschaft
- Blutverlust (sowohl nach innen als auch nach außen)
- Verstärkter Abbau von roten Blutzellen
- Blutbildungsstörungen (Hämoglobinopathien)
- Vitamin-B12-Mangel
- Folsäure-Mangel
- Nierenerkrankungen
- Chronische Erkrankungen (ACD= anaemia of chronic diseases)
- Tumorerkrankungen
- Erkrankungen des Knochenmarks
Unterschiedliche Formen und Ursachen für einen niedrigen Hb-Wert können auch in Kombination vorkommen. Die verschiedenen Unterformen stellen dabei immer eine Ausschlussdiagnose dar. Der Eisenmangel ist weltweit mit über 80 Prozent die häufigste Ursache für eine Blutarmut und damit auch für zu niedrige Hb-Werte. Wird ein Mangel an Eisen vermutet, sollten noch weitere Werte bestimmt werden, um die Verdachtsdiagnose Eisenmangel zu bestätigen.
Was tun wenn der Hämoglobin-Wert zu niedrig ist?
Zunächst sollte eine Ursachenabklärung erfolgen, um den Grund für die niedrigen Hb-Werte zu finden und diesen dann spezifisch zu behandeln. Bei dem weltweit häufigsten Grund für einen zu niedrigen Hb-Wert, dem Eisenmangel, kann bereits eine Ernährungsumstellung von Vorteil sein. Weiterhin können Eisentabletten dabei helfen, eine bestehende Blutarmut zu behandeln und die Blutbildung zu fördern. Meist können diese von dem*der behandelnden Arzt*Ärztin verschrieben werden.
In bestimmten Fällen ist auch eine Eisengabe über die Vene (intravenös) möglich. Diese erfolgt zum Beispiel dann, wenn orale Präparate nicht vertragen werden oder eine chronische Erkrankung besteht, die die Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt verhindert.
Wie lange es dauert, bis der Hb-Wert wieder steigt, ist individuell unterschiedlich. Jedoch gilt als grober Richtwert, dass nach vier Wochen Therapie der Hämoglobin-Wert um zwei Punkte angestiegen sein sollte.
Bei anderen Ursachen für einen zu niedrigen Hb-Wert, wie zum Beispiel einem Vitaminmangel, der zu einer Störung der Blutbildung führt, hilft die Verabreichung des fehlenden Vitamins, um den Hb-Wert zu erhöhen.
Eine weitere Option, die oft bei Nierenerkrankungen angewandt wird, ist die Gabe des Hormons Erythropoetin. Dieses wird bei gesunden Menschen in der Niere gebildet und regt die Blutbildung im Knochenmark an. Bei einer Erkrankung der Niere ist dies nicht mehr im ausreichenden Maß möglich, sodass es notwendig werden kann, das Hormon von außen zuzuführen. Wichtig ist also immer, die Ursache des niedrigen Hb-Wertes zu finden und diese zu behandeln.
Ab welchem Hb-Wert sollte man ins Krankenhaus?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Hat sich der Körper zum Beispiel über einen längeren Zeitraum an einen niedrigen Hb-Wert angepasst, können Betroffene unter Umständen beschwerdefrei sein. Gefährlich kann es jedoch bei akutem Blutverlust, zum Beispiel im Rahmen eines schweren Verkehrsunfalls, werden. Dann sollte auf jeden Fall eine Behandlung im Krankenhaus erfolgen.
Weiterhin sollte bei einem Hb-Wert kleiner als sieben und zusätzlichen Symptomen wie Atemnot, einer hohen Herzfrequenz und extremen körperlichen Schwäche, eine Bluttransfusion stattfinden. Diese wird im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes unter Überwachung durchgeführt. Bei einem Hb-Wert kleiner sechs kann sogar Lebensgefahr herrschen.
Generell gilt also: Bei hohem Blutverlust sowie bei einem generell niedrigen Hb-Wert mit plötzlicher Schwäche und Kurzatmig sollte ärztliche Hilfe gesucht werden, woraufhin dann eventuell die Überweisung ins Krankenhaus erfolgt.
Was bedeuteten hohe Hämoglobin-Werte?
Alternativ zu einem zu niedrigen Hb-Wert kann das Hämoglobin auch zu hoch sein. Liegt der Hb-Wert über der oberen Normgrenze, also bei Männern über 18 g/dl, bei Frauen über 16 g/dl, ist dies ein indirekter Indikator für zu viele rote Blutkörperchen. Man spricht dann von einer Polyglobulie. Ähnlich wie bei einer Anämie kann eine Polyglobulie viele Ursachen haben:
- Flüssigkeitsverluste durch Durchfall oder Erbrechen und damit eine Eindickung des Blutes
- zu geringe Trinkmenge (Dehydratation)
- längere Aufenthalte in großer Höhe
- Erkrankungen des Knochenmarks
- Herzerkrankungen
- Lungenerkrankungen
- Nierenerkrankungen
- erhöhte Hb-Werte können auch bei Rauchern auftreten
- Tumorerkrankungen
- hohe Cortisolspiegel (Stresshormon)
- Doping
- bestimmte Medikamente
- Bluttransfusionen
Auch ein zu hoher Hämoglobin-Wert kann erhebliche Folgen für den Körper haben. So führt die hohe Zellzahl zum Eindicken des Blutes, was zu Durchblutungsstörungen bis hin zum Herzinfarkt oder Schlaganfall führen kann. Symptome bei einem zu hohen Hb-Wert können aus Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrensausen und Juckreiz am ganzen Körper bestehen.
Eine geeignete Therapie, um einen erhöhten Hb-Wert im Blut zu senken, kann aus Aderlässen und einer Blutverdünnung bestehen. Wichtig ist es, ähnlich wie bei der Blutarmut, den Auslöser für das zu hohe Hämoglobin zu finden und diesen zu behandeln.
Hämoglobin in Stuhl und Urin
Grundsätzlich sollte sich eigentlich kein Hämoglobin im Stuhl oder Urin befinden, kleinere Mengen stellen jedoch in der Regel kein Problem dar. Die Abbauprodukte von Hämoglobin, wie Bilirubin, werden jedoch regelmäßig in den Stuhl und Urin abgegeben.
Im Stuhl kann sich Hämoglobin durch Blutauflagerungen und eine rote Färbung des Stuhls bemerkbar machen. Auch eine Schwarzfärbung des Stuhls spricht für Blut aus dem oberen Magen-Darm-Trakt. Durch den sogenannten Test auf okkultes Blut, der auch bei der Darmkrebsvorsorge zum Einsatz kommt, können auch nicht sichtbare Mengen von Hämoglobin im Stuhl gefunden werden.
Generell sollte beachtet werden, dass es viele Störfaktoren gibt, wie zum Beispiel die Ernährung oder bestimmte Medikamente, die einen positiven Befund für Hämoglobin im Stuhl liefern können. Bei sichtbaren Blutspuren oder einer Schwarzfärbung sollte aber in jedem Fall ärztlicher Rat eingeholt werden.
Im Urin wird auf Blut im Allgemeinen mittels Urinstreifentest getestet. So können rote Blutzellen und Hämoglobin im Urin erkannt werden. Ist der Urin dabei nicht sichtbar rot gefärbt, sind nur kleine Mengen an Blut vorhanden (Mikrohämaturie), bei einer sichtbaren Rotfärbung spricht man von einer Makrohämaturie.
Auch hier gibt es einige Dinge zu beachten:
- So können die einfachen Urinstreifentests, die man in der Apotheke erhält, nicht zwischen Hä-moglobin (man spricht dann von Hämoglobinurie) und dem Muskelprotein Myoglobin (Myoglob-inurie) unterscheiden.
- Ebenso wie beim Stuhl können verschiedene Medikamente und die Ernährung zu falsch positiven Ergebnissen beitragen oder sogar für eine Rotfärbung des Urins sorgen.
- Weiterhin ist während der Periode bei Frauen ein positiver Befund auf Hämoglobin kein Grund zur Sorge und völlig normal.
Generell sollte aber bei rotem Urin oder positivem Urintest eine Abklärung der Ursachen stattfinden.
Hb-Wert und Blutspende
Blutspenden sind wichtig, um für kritisch kranke Personen genügend Blutkonserven zu haben. Gerade weil tendenziell zu wenig Konserven in Deutschland zur Verfügung stehen, sind Blutspenden von großer Bedeutung. Dennoch spielt auch hier der Hb-Wert eine große Rolle – und zwar bei der Zulassung zur Spende.
Bei der Blutspende wird meist als eine der ersten Maßnahmen durch einen kleinen Pieks der Hb-Wert gemessen. Liegt dieser bei Frauen unter 12,5 g/dl und bei Männern unter 13,5 g/dl, und damit unter der erforderlichen Mindestgrenze, darf keine Blutspende durchgeführt werden.
Fazit: Das sagt der Hb-Wert über die Gesundheit aus
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Hämoglobin und der gemessene Hb-Wert ein wichtiger Indikator für die körperliche Gesundheit sind. So kann Hämoglobin sowohl in zu geringem Maße (bei einer Anämie) als auch in zu hohem Maße vorhanden sein. Beides kann erhebliche Folgen haben und sollte unbedingt behandelt werden.
Da Hämoglobin oft routinemäßig bestimmt wird, werden zu hohe oder zu niedrige Hb-Werte meist schnell entdeckt, woraufhin immer eine Ursachenabklärung in die Wege geleitet werden sollte. Auch beim Auftauchen von Hämoglobin in Stuhl und Urin sollten ein Arztbesuch zur Abklärung erfolgen. Wenn Sie Genaueres über den Hb-Wert erfahren möchten oder eine Untersuchung des Hb-Werts wünschen, wenden Sie sich gerne an Ihre*n Ärztin*Arzt.