Kortison (Cortison): Wirkung in Tabletten, Nasenspray & Co.
Arzneimittel mit synthetischem Kortison werden in der Medizin zur Behandlung von zahlreichen Erkrankungen eingesetzt. Dabei kommt Kortison beispielsweise in Form von Tabletten, Nasenspray, Spritzen oder Salben innerlich oder äußerlich zum Einsatz. Aber was ist Kortison eigentlich, welche Wirkung hat es und was sollte man bei der Anwendung und Dosierung beachten? Das erfahren Sie hier.
Was ist Kortison?
Bei Kortison handelt es sich streng genommen um ein Hormon, das der Körper selbst herstellt. Es ist die inaktive Vorstufe von Cortisol und wird in der Nebennierenrinde produziert. Cortisol ist ein Hormon aus der Gruppe der Glukokortikoide, welche wiederum zur übergeordneten Gruppe der Kortikosteroide (kurz Kortikoide) gehören.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff Kortison häufig mit einem Wirkstoff gleichgesetzt. In der Medizin eingesetzt werden aber genaugenommen synthetisch hergestellte Glukokortikoide. Dabei handelt es sich um eine ganze Wirkstoffgruppe, der unter anderem die Wirkstoffe Prednisolon oder Dexamethason angehören. Das künstlich hergestellte Kortison wirkt dabei als sogenannte "Prodrug", dient also auch in dieser Form als Vorstufe von Cortisol und wird im Körper dazu umgewandelt.
Welche Wirkung hat Kortison?
Ein zentraler Unterschied zwischen natürlichem und synthetisch hergestelltem Kortison ist die deutliche höhere Wirksamkeit. So übersteigt beispielsweise das künstliche Glukokortikoid Prednisolon die Wirkung von natürlichem Cortisol um das Vier- bis Fünffache.
Inzwischen ist bekannt, dass eine Therapie mit synthetischem Kortison verschiedene Wirkungen hat und entsprechend unterschiedlich eingesetzt werden kann, denn es:
- hemmt das Immunsystem und unterdrückt damit Entzündungen und allergische Reaktionen
- verlangsamt eine beschleunigte Zellteilung (antiproliferative Wirkung)
- kann Hirnödeme verkleinern
- wirkt gefäßverengend und damit abschwellend
- verhindert Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie
Diese Wirkungen beruhen darauf, dass das (synthetische) Hormon an bestimmte Rezeptoren der Zelle andockt. Im Zellkern wird daraufhin die Bildung bestimmter Eiweißkörper, Enzyme und Botenstoffe ausgelöst, die dann ihrerseits Reaktionen erzeugen. Der Wirkstoff hat generell nur einen Effekt, wenn das Hormon in einer höheren Dosierung als im Körper vorhanden verabreicht wird.
Eine Erstverschlimmerung im Zusammenhang mit Kortison, also eine vorübergehende Verstärkung der Krankheitssymptome nach Beginn der Einnahme, tritt in der Regel nicht auf.
Wie schnell wirkt Kortison?
Bei der Zeit bis zum Wirkungseintritt von Kortison kommt es auf das jeweilige Präparat sowie auf die Dosierung und die Art der Verabreichung an. Werden beispielsweise Mittel mit Prednisolon in hoher Dosierung gespritzt, tritt eine spürbare Wirkung schon nach einigen Minuten ein, da sich Kortison dann direkt in die Zellwände einlagert. Diesen Mechanismus machen sich Ärzte*Ärztinnen zunutze, wenn zum Beispiel Schwellungszustände im Gewebe die Atmung behindern oder auch Schockzustände das Leben der betroffenen Person akut bedrohen.
Bei der Einnahme von Kortisontabletten oder der Anwendung von Saft oder Zäpfchen kann es dagegen circa ein bis zwei Stunden dauern, bis sich ein Effekt bemerkbar macht. Eine pauschale Antwort auf diese Frage ist also schwer möglich.
Wie lange bleibt Kortison im Körper?
Auch die Dauer, für die Kortison im Körper bleibt, unterscheidet sich je nach Präparat. So liegt die Halbwertszeit (sprich die Zeit, in der etwa die Hälfte des Wirkstoffes abgebaut wurde) von Dexamethason bei 36 bis 72 Stunden, die von Prednisolon nur etwa zwei bis drei Stunden.
Vielfalt der Kortison-Präparate: systemische und lokale Wirkung
Für die unterschiedlichen therapeutischen Zwecke wurden durch chemische Veränderungen verschiedene Kortison-Präparate entwickelt, die zwar alle die gleiche Wirkung haben, sich aber durch die Wirkungsstärke und ihr Verhalten im Organismus unterscheiden. Inzwischen gibt es zahlreiche synthetisch hergestellte Abkömmlinge des Kortisons wie Betamethason, Triamcinolon, Dexamethason, Prednisolon, Prednison, Mometasonfuroat und Fluticason.
Kortison als Tabletten, Infusion, Saft, Zäpfchen und Spritzen
Medikamente mit Kortison können in Form von Tabletten, Infusionen, Spritzen, Saft oder Zäpfchen zum Einsatz kommen. Da sie sich dann auf den gesamten Organismus auswirken, spricht man auch von systemisch wirksamen Arzneimitteln.
Kortison in Salben, Tropfen oder Sprays
Daneben gibt es eine Reihe von kortisonhaltigen Arzneimitteln, die auch bei längerem Einsatz auf der Haut keine Auswirkungen auf den Gesamtorganismus haben, sondern ihre Wirkung nur lokal auf der Haut entfalten. Man spricht dann auch von topisch (örtlich) wirksamen Kortison-Präparaten. Dazu zählen beispielweise Salben oder Cremes.
Auch bei asthmatischen oder allergischen Erkrankungen werden kortisonhaltige Arzneimittel eingesetzt. Diese wirken ebenfalls lokal, beispielsweise bei einer Entzündung der unteren Atemwege oder (in Form von Kortison-Nasenspray) auf der Schleimhäute der Nase. Auch bei allergischen Entzündungen der Augen oder zur Behandlung von Erkrankungen der Kopfhaut wird Kortison angewendet – in diesen Fällen in Form von Tropfen.
Bei welchen Krankheiten wird Kortison eingesetzt?
Die Anwendungsgebiete von Medikamenten auf Basis von Kortison sind breit gestreut. Einige Fälle, bei denen kortisonhaltige Mittel zur Kurz- oder Langzeittherapie eingesetzt werden, sind:
- Hautkrankheiten, beispielsweise Neurodermitis oder Psoriasis
- Autoimmunerkrankungen, wie rheumatoide Arthritis oder Multiple Sklerose
- Erkrankungen der Lunge, zum Beispiel Asthma bronchiale oder COPD
- Steigerung des Hirndrucks durch Hirnödeme
- chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
- schwere allergische Reaktionen oder allergischer Schock
- Cortisolmangel durch Morbus Addison (primäre Nebennierenrindeninsuffizienz)
- Abschwellen der Schleimhäute bei Pseudokrupp
Auch zur Vorbeugung oder Therapie von Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen oder zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen während einer Chemotherapie werden synthetische Kortikosteroide eingesetzt. Kortison-Präparate können außerdem einem sogenannten Etagenwechsel vom Heuschnupfen zum chronischen Asthma vorbeugen.
Hinweise zur systemischen Anwendung von Kortison
Wenn Kortisontabletten angewendet werden, sollte man ein paar Hinweise beachten:
- Da die Nebennierenrinde morgens das meiste Kortison ausschüttet, sollte man die Tagesdosis oder (bei mehreren Dosen) die höchste Tagesdosis vor 8 Uhr einnehmen. So ahmt man den natürlichen Tagesrhythmus des Körpers nach.
- In keinem Fall sollte man Arzneimittel mit Kortison, wenn die Einnahme über einen längeren Zeitraum (mindestens zwei Wochen) erfolgt ist, abrupt und ohne ärztliche Rücksprache absetzen. Um zu verhindern, dass es zu schweren Nebenwirkungen kommt oder dass bei einem plötzlichen Absetzen des Medikaments die Symptome verstärkt auftreten (Rebound-Effekt), muss Kortison allmählich abgesetzt werden. Man spricht dann von einem Ausschleichen der Therapie.
- Die systemische, also die innerliche Anwendung von Kortison (auch in Form von Zäpfchen) darf nicht ohne ärztliche Kontrolle über längere Zeit (länger als 3 bis 4 Wochen) und nicht in hoher Dosis erfolgen, sonst drohen Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Wassereinlagerung im Gewebe, Osteoporose oder eine Störung des Zuckerstoffwechsels. Zu beachten ist dabei die sogenannte Cushing-Schwelle, die für jedes Kortisonpräparat unterschiedlich hoch ist. Unterhalb dieser Schwelle ist auch die längerfristige Kortisonbehandlung in der Regel unbedenklich und nicht mit schwerwiegenden Nebenwirkungen verbunden.
Kortisonzäpfchen werden in der Regel bei Kindern und bei akuten Anfällen von Pseudokrupp eingesetzt, um ein Abschwellen der Schleimhäute zu bewirken. Auch in Form von Saft wird Kortison in diesen Fällen angewendet. In der Regel verstärken sich die Symptome bei Pseudokrupp in der Nacht, weshalb diese Mittel auch nachts eingesetzt werden.
Wichtig: Bei schwerer Atemnot oder Symptomen wie blau gefärbten Lippen oder Fingern sowie Bewusstseinseintrübung sollte in jedem Fall der Notruf verständigt werden. Die Wirkung von normal dosierten Kortisonpräparaten setzt zeitlich verzögert ein und ist deshalb im Notfall nicht hilfreich.
Weitere Informationen zu unerwünschten Nebeneffekten finden Sie in unserem Artikel über Nebenwirkungen von Kortison.
Hinweise zur lokalen Anwendung
Salben und Cremes mit Kortison können bei Hauterkrankungen äußerst hilfreich sein. Werden sie jedoch entgegen der Packungsanweisung (zum Beispiel über einen langen Zeitraum) angewendet, können sie die Haut dünner machen und letztendlich dazu führen, dass die Haut schneller zu Infektionen neigt.
Daher sollte man folgende Regeln beachten:
- Solange die Erkrankung akut ist, sollten Sie das Mittel so oft wie nötig auftragen (in der Regel ein- bis zweimal täglich).
- Auch bei Cremes sollte die Anwendung im Idealfall am frühen Morgen erfolgen.
- Tragen Sie das Mittel so dünn wie möglich auf.
- Die Haut sollte mit feuchtigkeitsspendenden Cremes oder Lotionen unterstützt werden. Diese sollte man frühestens eine Viertelstunde nach Anwendung des Kortison-Präparats benutzen.
Wird Kortisonspray zur Inhalation verwendet, beispielsweise als Asthmaspray, empfiehlt es sich, den Mund nach der Anwendung auszuspülen, um Pilzinfektionen oder andere Irritationen von Haut und Schleimhäuten zu vermeiden.
Bei Augentropfen, Tropfen für die Kopfhaut oder Nasenspray gibt es keine besonderen Hinweise. Generell sollten Sie bei der Anwendung von Medikamenten aber immer die Packungsbeilage oder ärztliche Anweisungen beachten.
Dosierung von Kortison
Die Dosierung von Medikamenten mit Kortison ist stark davon abhängig, zu welchen Therapiezwecken sie eingesetzt werden sowie ob es sich um eine einmalige beziehungsweise kurzzeitige Behandlung handelt, oder um eine Langzeittherapie. Daneben spielen auch Faktoren wie weitere Vorerkrankungen, das Alter oder (vor allem bei Kindern) das Gewicht und die Größe eine Rolle.
Generell gilt, dass bei einer Langzeittherapie in der Regel eine schrittweise Reduzierung auf eine Dosis angestrebt wird, die möglichst niedrig ist und gleichzeitig noch eine ausreichende Wirkung entfaltet ("Erhaltungsdosis").
Bei akuten medizinischen Notfällen, wie einem Lungenödem, können einmalig Dosen von bis zu 1.000 mg Kortison verabreicht werden. Auch bei akuten Schüben einer Multiplen Sklerose oder bei einer plötzlichen Verschlimmerung der Symptome bei COPD (Exazerbation) kann Kortison in höheren Dosen (meist intravenös) gegeben werden. Man spricht dann von einer sogenannten "Stoßtherapie".
Die Dosierung von Kortison sollte für den eigenen Fall immer ärztlich abgesprochen werden. Falls nicht anders verordnet, sollten genau die Anwendungshinweise in der Packungsbeilage beachtet werden.
Gegenanzeigen: Wann nicht anwenden?
Von der Anwendung kortisonhaltiger Mittel sollte in einigen Fällen abgesehen werden. Dies gilt insbesondere bei der Anwendung von Infusionen, Spritzen, Tabletten oder Zäpfchen, da sich der Wirkstoff dabei über den gesamten Körper verteilt.
Nicht anwenden sollte man Kortison unter anderem bei:
- akuten Pilz- oder Virusinfektionen
- Allergien gegen den Wirkstoff
- Tuberkulose
- Befall mit Parasiten
- Osteoporose
Auch kurz vor oder nach einer Impfung sollte der Einsatz von Kortison ärztlich besprochen werden, da sich synthetisches Kortison negativ auf die Wirksamkeit der Impfung auswirken kann. Dies gilt vor allem für Lebendimpfstoffe.
Kortison in Schwangerschaft und Stillzeit
In der Schwangerschaft und Stillzeit sollte auf die innerliche Anwendung von kortisonhaltigen Präparaten nach Möglichkeit verzichtet werden. Falls die Gabe aus gesundheitlichen Gründen unbedingt erforderlich ist, ist Prednisolon das empfohlene Mittel.
Die äußerliche Anwendung von Mitteln mit Kortison ist dagegen auch bei schwangeren und stillenden Frauen unbedenklich. Es sollte lediglich darauf geachtet werden, nicht die Brüste zu behandeln, damit der Wirkstoff nicht in die Muttermilch übergeht.
Wechselwirkungen mit Kortison
Es sind Wechselwirkungen mit zahlreichen Medikamenten möglich. Dazu gehören unter anderem das Antibiotikum Rifampicin, Schmerzmittel wie nicht-steroidale Antirheumatika (kurz NSAR) sowie blutdrucksenkende Mittel (ACE-Hemmer).
Kortison mit Alkohol oder Kaffee
Kortison kann die Wirkung von Alkohol verstärken. Umgekehrt kann auch der Effekt von Kortison durch Alkoholkonsum verstärkt werden. Während einer Therapie mit Kortison sollte also (je nach Höhe der Dosis) entweder komplett auf Alkohol verzichtet oder die Trinkmenge zumindest stark reduziert werden.
Auch bei koffeinhaltigen Getränken, wie Kaffee oder Energydrinks, ist Vorsicht geboten. Kortisonhaltige Arzneimittel können die Wirkung des Koffeins verstärken, was Schlafstörungen oder Nervosität zur Folge haben kann.