Morbus Addison – Insuffizienz der Nebennierenrinden
Beim Morbus Addison, einer auch als primäre Nebennierenrindeninsuffizienz (oft auch kurz: Nebenniereninsuffizienz) bezeichneten Erkrankung, handelt es sich um eine Krankheit, bei der die Nebennierenrinde nicht genug Hormone ausschüttet. Dieses kleine Organ, das, wie der Name Nebenniere bereits vermuten lässt, oberhalb der Niere sitzt, schüttet das lebenswichtige Stresshormon Cortisol sowie Aldosteron und verschiedene Sexualhormone aus. Unterschreitet die Cortisolproduktion ein kritisches Minimum, so spricht man von einer Addison-Krise, die unbehandelt zum Tode führen kann. Was genau ist Morbus Addison, wie entsteht die Krankheit und durch welche Symptome macht sie sich bemerkbar? Informationen zu der Erkrankung und ihrer Behandlung lesen Sie hier.
Was ist die Nebennierenrinde?
Die Nebennierenrinde bezeichnet die äußerste Schicht der Nebenniere, einem kleinen Organ, welches den Nieren aufsitzt und für die Hormonproduktion verantwortlich ist. Konkret werden dort die Hormone Cortisol, Aldosteron und Sexualhormone (zum Beispiel Testosteron) produziert.
Die in der Nebennierenrinde produzierten Hormone haben unterschiedliche Aufgaben:
- Cortison dürfte den meisten Menschen als Stresshormon bekannt sein und stellt sicher, dass der Körper mit stressigen Situationen angemessen umgehen kann. So lässt es beispielsweise den Blutdruck und den Blutzucker steigern, sodass der Mensch im Falle eines Kampfes oder einer Flucht mit ausreichend Energie versorgt ist.
- Aldosteron ist ein Hormon des sogenannten Renin-Aldosteron-Angiotensin-Systems, welches über die Niere zu einem Anstieg des Blutdrucks führt. Es beeinflusst den Salz- und Wasserhaushalt der Nieren.
- Die Sexualhormone sorgen bei Frauen für eine Aufrechterhaltung des Zyklus sowie der Achsel- und Schambehaarung. Bei Männern sind sie für den Sexualtrieb verantwortlich.
Was ist Morbus Addison?
Morbus Addison ist eine Unterfunktion der Nebennierenrinde, in deren Folge diese keine oder nicht ausreichend Hormone ausschüttet. Der dadurch verursachte Hormonmangel kann dazu führen, dass wichtige Funktionen im Körper nicht mehr richtig erfüllt werden können. Morbus Addison betrifft mehr Frauen als Männer und gilt generell als gut behandelbar. Als Komplikation kann sich jedoch eine Addison-Krise entwickeln, die für Betroffene tödlich verlaufen kann.
Die Addisonsche Krankheit wird auch primäre Nebennierenrindeninsuffizienz genannt. Die Bezeichnung "primär" dient zur Unterscheidung von der sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz, bei der die verminderte Hormonproduktion nicht durch die Nebenniere selbst verursacht wird, sondern Folge einer Unterfunktion der Hirnanhangdrüse ist.
Welche Ursachen hat ein Morbus Addison?
In 80 bis 90 Prozent der Fälle liegt dem Morbus Addison eine Autoimmunadrenalitis vor. Das bedeutet, dass das körpereigene Immunsystem, wie es für Autoimmunerkrankungen typisch ist, die Nebennierenrinde angreift, sodass es zu deren Zerstörung kommt. Als Folge kann die Nebennierenrinde nur vermindert Hormone produzieren und es entsteht ein Morbus Addison. Warum genau es dazu kommt, dass der Körper die eigene Nebennierenrinde angreift, ist bislang nicht bekannt.
Daneben gibt es weitere mögliche Ursachen wie etwa Blutungen, Tumoren oder eine operative Entfernung der Nebennierenrinde. Aber auch Tuberkulose, eine Amyloidose oder eine sogenannte Meningokokkensepsis können für einen Morbus Addison verantwortlich sein. Bei Letzterer liegt die Ursache darin, dass während einer Sepsis (im Volksmund auch "Blutvergiftung" genannt) der Körper versucht, das Blut im Blutkreislauf in die Körpermitte zu holen. Dabei werden die peripheren (also etwas abgelegeneren) Körperteile und Organe, darunter die Nebennierenrinde, weniger durchblutet und können im schlimmsten Fall sogar absterben. Diesen Prozess bezeichnet man als hämorrhagische Nekrose.
Symptome: Wie erkennt man Morbus Addison?
Morbus Addison verursacht meist erst dann Symptome, wenn die Zerstörung der Nebennierenrinde schon recht weit fortgeschritten ist. Die betroffenen Menschen leiden an einem niedrigen Blutdruck, Gewichtsverlust und sind oft dehydriert. Außerdem klagen Betroffene über Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Energielosigkeit.
Menschen mit Morbus Addison weisen zudem eine dunklere Hautfarbe als gewöhnlich auf (Hyperpigmentierung), teils auch an ungewöhnlichen Stellen wie den Fußsohlen. Oft werden sie gefragt, ob sie vor Kurzem im Urlaub waren, da die gebräunte Haut schnell auffällt. Aufgrund dieser Besonderheit wird Morbus Addison auch als Bronzekrankheit bezeichnet.
Weitere Symptome können außerdem Salzhunger (also übermäßiger Appetit auf Salz) sein und bei Frauen ein Verlust der Scham- und Achselbehaarung sowie Zyklusanomalien und Veränderungen der Psyche. Auch Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall, Muskelschmerzen oder Unterzuckerung sind mögliche Symptome.
Regelkreis der Hormone – ein empfindliches Gleichgewicht
Wie die meisten Hormone unterliegt auch Cortisol einem sehr komplexen Regulierungssystem im menschlichen Körper. Dabei regulieren die Hypophyse und der Hypothalamus im Gehirn, die Nebennierenrinde und die Leber in einem fein abgestimmten System die Ausschüttung oder Blockade von Cortisol.
Vereinfacht gesagt entsteht der erste Stimulus für die Ausschüttung von Cortison im Hypothalamus, einer kleinen Region im Gehirn. Ein Reiz aus dieser Region löst in der Hypophyse, einer kleinen Drüse am Gehirn, die Produktion des Stoffes POMC (Proopiomelanocortin) aus. Dies ist die Vorstufe von ACTH (adrenocorticotropes Hormon), Melanin (dem Farbpigment der Haut) und der Beta-Endorphine (den körpereigenen Schmerzmitteln). ACTH wiederum stimuliert die Nebennierenrinde dazu, Cortisol zu produzieren. Hat der Körper genug Cortisol produziert, so beginnt das Cortisol, das ACTH zu hemmen. In der Folge wird weniger Cortisol produziert, da für den Körper schon genug vorhanden ist.
Dieser Regelkreis mag zwar komplex und nebensächlich erscheinen, doch er ist sehr wichtig, um einige Symptome zu erklären oder um zwischen einem Morbus Addison und einer sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz zu unterscheiden.
Sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz: Wo ist der Unterschied?
Die sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz ist eigentlich das gleiche Krankheitsbild wie der Morbus Addison, nur mit einer anderen Ursache. Dabei liegt das Problem nicht etwa in der Nebennierenrinde, sondern sozusagen ein oder zwei Etagen höher im Regelkreis des Cortisons. Das heißt, entweder der Hypothalamus oder die Hypophyse geben keine oder keine ausreichenden Reize, sodass erst gar nicht genug ACTH gebildet werden kann, welches die Produktion von Cortison auslösen könnte.
Da ACTH auch die Vorstufe für das Bräunungspigment Melanin ist, fallen Betroffene mit sekundärer Nebennierenrindeninsuffizienz durch eine blasse Haut auf. Bei der primären Nebennierenrindeninsuffizienz hingegen ist die ACTH-Synthese zwar intakt, aber nicht die Nebennierenrinde. Da das vorhandene ACTH deshalb überwiegend für die Herstellung von Melanin verwendet wird, fallen Menschen mit einem Morbus Addison mit einer dunkleren Hautpigmentierung auf.
Übrigens: Auch ein Cushing-Syndrom kann durch eine fehlerhafte Cortisolproduktion verursacht werden, hierbei wird jedoch zu viel Cortisol produziert.
Diagnostik eines Morbus Addison
Der einzig zuverlässige und wichtigste Test für die Feststellung eines Morbus Addison ist der sogenannte ACTH-Kurztest. Dabei wird der betroffenen Person das Hormon ACTH gegeben und vorher sowie nachher das Cortisol im Blut gemessen:
- Bei einer gesunden Person müsste der Cortisonwert nach ACTH-Gabe ansteigen, da ACTH in einer gesunden Nebennierenrinde für eine Cortisonproduktion sorgt.
- Bei einem Menschen mit Morbus Addison, also einer primären Nebennierenrindeninsuffizienz, steigt die Cortisolproduktion nach dem Test kaum an, da die Nebennierenrinde von sich aus nicht in der Lage ist, Cortison zu produzieren.
- Bei der sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz hingegen steigt der Cortisonwert abgeschwächt an, da die Nebennierenrinde an sich funktionstüchtig ist, aber das dafür nötige ACTH einfach fehlt.
Welche anderen Krankheiten gehen mit Morbus Addison einher?
Gut die Hälfte aller Betroffenen leiden am sogenannten Polyendokrinen Autoimmunsyndrom. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, bei der gleich mehrere hormonproduzierenden Organe nicht mehr richtig funktionieren. So haben die Betroffenen neben Morbus Addison auch Hashimoto-Thyreoiditis, Diabetes mellitus Typ 1 und Alopezie, eine Krankheit, bei der es stellenweise zum kompletten Haarausfall kommt.
Wie wird Morbus Addison therapiert?
Morbus Addison ist in der Regel zwar nicht heilbar, aber gut zu behandeln, sodass Betroffene häufig ein beinahe normales Leben führen können und ihre durchschnittliche Lebenserwartung nicht eingeschränkt ist. Die Therapie besteht darin, die fehlenden Hormone zu substituieren, also zu ersetzen. Konkret verwendet man dazu Hydrocortison und Fludrocortison. Wichtig dabei ist, dass man in für den Körper zehrenden Situationen, wie bei Sport, Infekten oder Operationen, mehr Cortison gibt, da dann der Cortisonverbrauch ansteigt und sonst eine Addison-Krise droht.
Um derartige Komplikationen zu vermeiden, ist es wichtig, seine Medikamente gewissenhaft einzunehmen und durch regelmäßige Kontrollen der Blutwerte sicherzustellen, dass die Medikamentendosis passend eingestellt ist.
Eine spezielle Ernährung für Menschen mit Morbus Addison gibt es nicht. Es ist jedoch grundsätzlich ratsam, auf eine gesunde Lebensweise zu achten und sich ausgewogen zu ernähren. Mitunter wird empfohlen, den Anteil an Zucker und kurzkettigen Kohlenhydraten möglichst gering zu halten, da die Insulinausschüttung eng mit der Ausschüttung von Cortisol verknüpft ist.
Addison-Krise: lebensgefährliche Komplikation
Bei der Addison-Krise handelt es sich um die Maximalvariante des Morbus Addison, bei der der Körper viel zu wenig Cortison zur Verfügung hat. Dies kann beispielsweise in stressigen Situationen oder bei einer intensiven körperlichen Belastung der Fall sein. Symptome sind ein starker Blutdruckabfall, Erbrechen, Durchfall, Bewusstseinseintrübung und Fieber. Da es sich medizinisch gesehen um eine lebensgefährliche Schocksymptomatik handelt, müssen Betroffene in jedem Fall intensivmedizinisch betreut werden.