Adipositas: Definition, Grade und Behandlung
Mehr als jeder zweite erwachsene Mensch in Deutschland leidet an Übergewicht und nahezu jeder vierte so stark, dass er als adipös bezeichnet wird. Auch unter Kindern und Jugendlichen nimmt die Häufigkeit von Adipositas seit Jahren zu. Adipositas ist an der Entstehung verschiedener anderer Erkrankungen beteiligt, wie beispielsweise Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck oder Krebs. Bei der Behandlung des starken Übergewichts stehen zunächst Maßnahmen wie eine Ernährungsumstellung oder ein Bewegungsprogramm im Vordergrund. In schweren Fällen ist auch eine Operation möglich. Hier erfahren Sie mehr.
Was ist Adipositas?
Bei Adipositas handelt es sich um eine chronische Krankheit, bei der es durch eine übermäßige Ansammlung von Fett im Körper zu starkem Übergewicht kommt. Adipositas ist auch unter den Namen Fettleibigkeit, Fettsucht oder Obesitas bekannt. Die Bedeutung des Begriffs Adipositas geht auf das lateinische Wort adeps (Fett) zurück.
Adipositas: Definition und Grade nach WHO
Ab wann spricht man von Adipositas? Die Definition und die Einteilung der Adipositas in unterschiedliche Schweregrade orientieren sich an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) sowie am Körpermasseindex (Body-Mass-Index, BMI). Der BMI wird nach folgender Formel berechnet:
BMI = Körpergewicht in Kilogramm (kg) : [Körpergröße in Metern (m)]2
Mit unserem BMI-Rechner können Sie Ihren BMI berechnen.
Während Erwachsene ab 18 Jahren mit einem BMI zwischen 18,5 kg/m2 und 24,9 kg/m2 als normalgewichtig gelten, wird ab einem BMI von 25 kg/m2 von Übergewicht gesprochen. Bei einem BMI von mehr als 30 kg/m2 gelten die Betroffenen zunächst als leicht adipös. Es werden drei Grade der Adipositas unterschieden.
Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Einteilung des Körpergewichts in Kategorien und Adipositas-Grade auf Grundlage des BMI:
BMI (in kg/m²) | Kategorie und Adipositas-Grad |
unter 18,5 | Untergewicht |
18,5 bis 24,9 | Normalgewicht |
25,0 bis 29,9 | Übergewicht (Präadipositas) |
30 bis 34,9 | Adipositas Grad 1 |
35 bis 39,9 | Adipositas Grad 2 |
40 oder mehr | Adipositas Grad 3 |
Adipositas Grad 3 wird auch als "Adipositas permagna" oder als "morbide Adipositas" bezeichnet, die Betroffenen sind schwer adipös. Das Risiko für Folgeerkrankungen ist für Menschen mit Adipositas permagna besonders hoch.
Für Kinder und Jugendliche gibt es spezielle BMI-Rechner und -Tabellen, bei denen zusätzlich das Alter und Geschlecht eine Berücksichtigung finden.
Adipositas: Verteilung des Körperfetts wichtig
Der BMI bewertet lediglich das Körpergewicht in Abhängigkeit von der Körpergröße. Er liefert keine Informationen über die Körperzusammensetzung, das heißt, ob Körperfett oder Muskeln zu einem erhöhten Gewicht beitragen, oder wo sich das Fett vorwiegend befindet. Eine weitere Messgröße spielt daher eine wichtige Rolle: das Fettverteilungsmuster. Bei einer bauchbetonten Adipositas kommt es zu Fetteinlagerungen im Bauchraum zwischen den inneren Organen, dem sogenannten viszeralen Fett oder inneren Bauchfett.
Die einfachste Methode, etwas über die Fettverteilung zu erfahren, ist es, den Bauch- beziehungsweise Taillenumfang zu messen. Das geschieht zwischen der Oberkante des Hüftknochens und dem unteren Rippenbogen. Ab einem Taillenumfang von über 80 Zentimetern bei Frauen und über 94 Zentimetern bei Männern gelten Betroffene als adipös. Bei dieser Form der Adipositas, dem sogenannten Apfeltyp, ist das Risiko für die Entstehung von Folgeerkrankungen deutlich erhöht.
Zusätzlich gibt auch das Verhältnis des Umfangs des Bauchs zu dem der Hüfte (Taille-Hüft-Verhältnis) Aufschluss darüber, ob sich das Körperfett vorwiegend im Bereich des Bauchs befindet. Dazu wird der Bauchumfang gemessen und durch den Hüftumfang geteilt. Der Wert sollte bei Frauen nicht mehr als 0,85 und bei Männern nicht mehr als 1 betragen, ansonsten wird von Adipositas ausgegangen. Hier können Sie Ihre Fettverteilung berechnen.
Adipositas: Auswirkungen auf die Gesundheit
Ein erhöhter BMI allein ist noch kein Hinweis auf ein höheres Gesundheitsrisiko. Eine besondere Rolle spielt neben einem hohen BMI das Vorhandensein von viszeralem Fett. Dieses gilt als bedeutender Risikofaktor für die Entwicklung von Folgeerkrankungen bei adipösen Menschen. Denn das Bauchfett schüttet vermehrt Botenstoffe aus, die entzündliche Prozesse im Körper fördern.
Starkes Übergewicht kann auf Dauer zu folgenden Erkrankungen und Beschwerden führen:
- Typ-2-Diabetes
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- Herzinfarkt
- Schlaganfall
- Fettleber
- Gallensteine
- Gicht
- nächtliche Atemaussetzer (Schlafapnoe)
- frühzeitiger Gelenkverschleiß (Arthrose)
- Sodbrennen
- Unfruchtbarkeit bei Frauen
- Potenzstörungen bei Männern
- Krebserkrankungen (Darm, Prostata, Bauchspeicheldrüse, Brust, Gebärmutter, Eierstöcke)
Neben diesen Folgeerkrankungen können Beschwerden wie Kurzatmigkeit, vermehrtes Schwitzen oder Gelenkschmerzen auftreten und Betroffene auch in ihrem Alltag stark einschränken. Darüber hinaus erleben Personen mit Übergewicht oft vermehrt ein ausgrenzendes oder abwertendes Verhalten der Menschen in ihrer Umgebung. Dies kann zu seelischen Problemen und Stress führen, der sich ebenfalls negativ auf die Gesundheit und das Wohlbefinden auswirken.
Ursachen: Was führt zu Adipositas?
Wenn dem Körper regelmäßig mehr Energie (Kalorien) über die Ernährung zugeführt wird, als er verbraucht, dann wird die überschüssige Energie in Form von Fett eingelagert. Langfristig kommt es zu einer Gewichtszunahme. Auch der Art der Ernährung kommt dabei eine Bedeutung zu. Viele energiereiche und gleichzeitig nährstoffarme Lebensmittel und Getränke, wie unter anderem Produkte aus Weißmehl und zuckerhaltige Softgetränke, fördern ebenfalls das Übergewicht.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Kombination aus einer ungesunden Ernährung und einem Bewegungsmangel eine der bedeutendsten Ursachen für die Entstehung von Übergewicht darstellt.
Weitere Faktoren, die zu einer unausgewogenen und übermäßigen Ernährung führen können, sind:
- Essstörungen, beispielsweise Heißhungerattacken oder mangelndes Sättigungsgefühl
- Verfügbarkeit und Verzehr von Lebensmitteln rund um die Uhr (häufiges Essen von Snacks zwischen den Mahlzeiten etc.)
- psychische Erkrankungen, wie Depressionen, aber auch Stress und andere seelische Belastungen, durch die das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird, das den Appetit und das Hungergefühl verstärkt
- das Aufhören mit dem Rauchen trägt grundsätzlich zur Gesundheit bei, aber gerade zu Beginn kann eine übermäßige Ernährung als "Ersatz" für den Nikotinverzicht gesehen werden
- die Veranlagung, denn die Ausprägung von Hunger und Sättigung oder die Art, wie der Körper die Nahrung verwertet, kann genetisch verankert sein und einen Einfluss auf den Ernährungszustand haben
Darüber hinaus können auch Erkrankungen oder Medikamente zu einer Gewichtszunahme beitragen:
- Störungen im Hormonhaushalt, wie Schilddrüsenunterfunktion, Störung des Insulinhaushalts oder Testosteronmangel beim Mann können sich auf das Gewicht niederschlagen.
- Bestimmte Medikamente, dazu gehören Arzneimittel gegen Diabetes oder gegen Erkrankungen der Psyche, weisen als Nebenwirkung eine Zunahme des Gewichts auf.
- Bestimmte weitere Erkrankungen können ebenfalls zu Adipositas führen, hierzu gehören das Prader-Willi-Syndrom oder Morbus Cushing.
Adipositas und Lipödem: Was ist der Unterschied?
Das Lipödem ist eine Krankheit, bei der es im Gegensatz zu Adipositas vor allem an den Hüften und Oberschenkeln und nicht am Bauch zu einer schmerzhaften Fettansammlung kommt. Weitere Symptome beim Lipödem sind Druckempfindlichkeit an den Beinen und eine Neigung zu Blutergüssen.
Aufgrund ähnlicher Symptome, wie Fetteinlagerungen und erhöhtem Körpergewicht, werden Adipositas und Lipödem immer wieder verwechselt, was dazu führt, dass das Lipödem oft lange unerkannt bleibt. Vom Lipödem sind jedoch fast ausschließlich Frauen betroffen, denn weibliche Hormone sind an der Entstehung beteiligt. Daher tritt ein Lipödem häufig erstmals nach der Pubertät oder einer Schwangerschaft auf und kann zudem nicht durch Ernährung und Bewegung beeinflusst werden. Aus diesem Grund ist eine Diät bei dieser Erkrankung wirkungslos und hilft sogar, Adipositas von einem Lipödem zu unterscheiden.
Adipositas: Behandlung von starkem Übergewicht
Starkes Übergewicht sollte behandelt werden, wenn es eine Gefahr für die Gesundheit darstellt oder wenn sich die Betroffenen in ihrem Körper nicht mehr wohl fühlen. Bei der Behandlung spielen die Ernährung bei Adipositas und die Bewegung eine herausragende Rolle. Daher erfolgt die Adipositastherapie zunächst durch eine Kombination aus Ernährungsumstellung und Bewegungsprogramm.
Unterstützend kann auch eine Verhaltenstherapie durchgeführt werden, um den Lebensstil anzupassen und infolgedessen Gewicht zu verlieren. Nicht alle Krankenkassen übernehmen die Kosten für diese Maßnahme, häufig wird die Teilnahme an einer solchen Therapie jedoch bezuschusst.
Führen eine angepasste Ernährung und mehr Bewegung alleine nicht zum gewünschten Behandlungserfolg, kann im nächsten Schritt zusätzlich ein Medikament verabreicht werden, um die Gewichtsabnahme zu unterstützen. Hierzu empfehlen die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und andere Fachgesellschaften Arzneimittel mit dem Wirkstoff Orlistat als einziges Medikament, wenngleich auch dieses Nebenwirkungen haben kann. Von anderen Präparaten, die zum Abnehmen im Handel erhältlich sind, wird hingegen abgeraten.
Adipositastherapie: Wie kann eine OP beim Abnehmen helfen?
Wenn das Gewicht durch konservative Therapiemaßnahmen, also die Kombination aus Ernährungsumstellung, mehr Bewegung und Medikamenten, über einen Zeitraum von sechs Monaten nicht zufriedenstellend verringert werden konnte, kann bei schwerer Adipositas eine Operation in Erwägung gezogen werden.
Das Ziel der sogenannten Adipositaschirurgie (bariatrische Chirurgie) ist eine langfristige Gewichtsabnahme, die sich positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen auswirken soll. Insbesondere sollen Begleiterkrankungen verbessert werden, beispielsweise Bluthochduck oder Diabetes.
Eine Operation kann je nach angewendetem Verfahren auf unterschiedliche Weise zu einer Gewichtsabnahme beitragen:
- Es kann nicht mehr so viel Nahrung auf einmal aufgenommen werden.
- Die Nahrung kann nicht vollständig vom Körper verwertet werden.
- Das Sättigungsgefühl stellt sich früher ein.
Adipositaschirurgie: Welche OP-Methoden gibt es?
Eine Operation zur Verringerung des starken Übergewichts sollte nach Möglichkeit in einer Klinik mit angeschlossenem Adipositas-Zentrum durchgeführt werden. Adipositas-Zentren beschäftigen sich interdisziplinär mit der Behandlung von Patient*innen mit starkem Übergewicht.
Zu den am häufigsten angewendeten Operationsmethoden in der bariatrischen Chirurgie gehören:
- Schlauchmagen (Magenverkleinerung): Der Magen wird verkleinert, sodass nur noch ein schlauchartiger Teil erhalten bleibt. Dank dieses kleinen Magens, der eine Füllmenge von ungefähr 100 bis 120 Millilitern hat, stellt sich nach der Nahrungsaufnahme recht schnell das Sättigungsgefühl ein.
- Magenbypass: Ebenso wie beim Schlauchmagen wird hierbei der Magen verkleinert, wodurch man sich schon nach dem Essen von kleinen Portionen satt fühlt. Zusätzlich wird aber noch ein Teil des Dünndarms umgangen, sodass die Nahrung nicht so gut vom Körper verwertet werden kann.
- Magenband: Hierbei handelt es sich um ein Silikonband, das um den oberen Teil des Magens gebunden wird, wodurch sich ein kleiner Vormagen bildet. Schon wenn sich dieser mit wenig Nahrung füllt, tritt ein Sättigungsgefühl ein. Während Schlauchmagen und Magenbypass Operationen sind, die den Magen dauerhaft verkleinern und nicht mehr rückgängig zu machen sind, kann das Magenband auch wieder entfernt werden.
- Magenballon: Streng genommen gehört diese Behandlung nicht zu den chirurgischen Verfahren, da keine Operation notwendig ist. Der Magenballon wird im Zuge einer Magenspiegelung über einen biegsamen Schlauch (Endoskop) in den Magen eingebracht. Dort wird er mit Wasser gefüllt und nimmt so einen großen Teil des Mageninnenraums ein. Auf diese Weise ist der Magen bei Nahrungsaufnahme zügig gefüllt und man fühlt sich rasch satt. Der Ballon kann längstens ein halbes Jahr im Magen verbleiben und muss dann entfernt werden.
Nach der Adipositas-OP kommt es im ersten Jahr meist zu einem Verlust von etwa 15 bis 25 Prozent des ursprünglichen Gewichts. Vor der Entscheidung für eine OP ist es ratsam, sich gründlich über die Vorteile und Risiken des jeweiligen Eingriffs zu informieren.
Wie geht es nach der Adipositas-Operation weiter?
In den Wochen direkt nach der Operation ist es zunächst notwendig, die Ernährung auf die veränderte Situation im Verdauungstrakt anzupassen. Das bedeutet:
- auf feste Nahrung verzichten und nur flüssige oder breiige Kost zu sich nehmen, um Magen und Darm zu schonen
- kleine Portionen verzehren
- langsam essen und gründlich kauen
- wenig Zucker, Fett und Alkohol konsumieren
Nach einer Magenbypass-Operation kann es sein, dass dem Körper nicht mehr genügend Nährstoffe und Vitamine über die Ernährung zur Verfügung gestellt werden. Ob die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll oder erforderlich ist, entscheidet der*die behandelnde Arzt*Ärztin in der Regel unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer Blutanalyse.
Das Hinzuziehen einer professionellen Ernährungsberatung oder einer Ernährungstherapie kann in diesem Zusammenhang ebenfalls sehr hilfreich sein. Die Kosten hierfür werden jedoch nicht immer von den Krankenkassen übernommen oder bezuschusst. Es ist daher ratsam, im Vorfeld bei der zuständigen Krankenkasse Informationen einzuholen.
Verlorenes Gewicht halten
Kam es durch die Adipositas-Behandlung – ganz gleich, ob durch die konservative oder die chirurgische Therapie – zu einer Gewichtsabnahme, ist es wichtig, das reduzierte Gewicht langfristig zu erhalten. Daher ist es unerlässlich, sich ein Leben lang bewusst zu ernähren und ausreichend zu bewegen. Betroffene benötigen dazu oft und immer wieder viel Selbstmotivation.
Reicht die eigene Antriebskraft nicht aus, können folgende Angebote über die haus- oder fachärztliche Betreuung hinaus Unterstützung bieten:
- Selbsthilfegruppen
- Abnehmprogramme
- Bewegungsangebote
- Rehabilitationsmaßnahmen
- Kur-Aufenthalte
- psychotherapeutische Behandlungen
Auch die Unterstützung von Familie und Freundeskreis kann dabei eine wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Kochbücher speziell für adipöse oder übergewichtige Menschen oder für Betroffene nach einer Adipositas-Therapie. Darin finden sich neben vielen Rezepten auch Tipps und Empfehlungen, wie durch gesundes Essen eine Gewichtsreduktion und der Erhalt des Wunschgewichts gelingen können.