Akutes Abdomen
Ein akutes Abdomen macht sich durch plötzlich auftretende, starke Bauchschmerzen bemerkbar. Dafür kann es unterschiedliche Ursachen geben. Die verschiedenen Symptome und der Allgemeinzustand der Betroffenen weisen beim akuten Abdomen insgesamt auf eine Notfallsituation hin, in der gehandelt werden muss. Eine Diagnose kann aufgrund der Zeitnot oft nur provisorisch gestellt werden. Was Sie über das akute Abdomen wissen sollten, erklären wir Ihnen hier.
Was ist ein akutes Abdomen?
Ein akutes Abdomen wird auch als "akuter Bauch" bezeichnet. Der Begriff beschreibt in der gängigen Definition keine Erkrankung, sondern ein Krankheitsbild, bei dem eine Kombination aus verschiedenen Symptomen vorliegt: plötzlich auftretende heftige Bauchschmerzen, eine Abwehrspannung der Bauchdeckenmuskulatur sowie Kreislaufprobleme – bis hin zu einem Kreislaufschock.
Aus medizinischer Sicht handelt es beim akuten Abdomen immer um einen Notfall. Da das Krankheitsbild unterschiedlichste Ursachen haben kann, ist deren schnelle Abklärung besonders wichtig, um rechtzeitig die notwendige Therapie einleiten zu können. In weniger akuten Fällen wird auch der Begriff "unklares Abdomen" verwendet.
Ursachen eines akuten Abdomens
Viele Krankheiten können die Ursache eines akuten Abdomens sein, unter anderem:
- Entzündungen verschiedener Organe: Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), Gallenblase (Cholezystitis), Blinddarm (Appendizitis), Dickdarm (Divertikulitis) und Magen (Gastritis)
- Durchbruch (Perforation) von Geschwüren (Magen, Darm) oder von entzündeten Organen wie Galle oder Blinddarm
- Verschluss von Hohlorganen: Darm (Ileus), Gallenwege oder Gallenblase durch Steineinklemmung
- Einklemmung von Darmschlingen
- Verschluss oder Ruptur von Blutgefäßen (Mesenterialinfarkt; Aortenaneurysma)
- Verletzung von Organen mit nachfolgender Blutung
- gynäkologische Erkrankungen: Entzündung der Gebärmutter oder der Eierstöcke, Bauchhöhlenschwangerschaft
- Vergiftungen
Ein akutes Abdomen kann auch durch Erkrankungen, die außerhalb des Bauchraumes liegen, vorgetäuscht werden. So können beispielsweise ein Herzinfarkt, eine Lungenembolie, Wirbelsäulenschmerzen oder urologische Erkrankungen wie Nierensteine und Harnverhalt ähnliche Beschwerden wie bei einem akuten Abdomen verursachen und daher leicht verwechselt werden.
Symptome und Diagnose
Ein akutes Abdomen muss möglichst früh erkannt werden, da es rasch zu einer lebensbedrohlichen Verschlechterung kommen kann. Beim Erfragen der Krankengeschichte (Anamnese) und bei der körperlichen Untersuchung steht meist der Schmerz im Vordergrund: Dieser kann diffus den ganzen Bauch erfassen, aber auch eindeutig lokalisiert sein. Die Lage der Bauchschmerzen kann dann Rückschlüsse auf das betroffene Organ zulassen: Schmerzen im rechten Oberbauch beispielsweise würden auf die Galle als Ursache hindeuten.
Für den untersuchenden Arzt von großer Bedeutung ist die bei Abtasten des Bauches entstehende Abwehrspannung. Sie kann nur sehr diskret sein, aber auch als brettharter Bauch erscheinen und spricht für eine Entzündung des Bauchfells (Peritonitis).
Mit dem Stethoskop kann man Störungen der Darmbewegung (Darmperistaltik) beurteilen und Rückschlüsse auf die Ursache ziehen. Kollern und Gurren spricht für vermehrte Flüssigkeit, klingende Geräusche und Tröpfeln für Enge oder Verschluss (Ileus). "Totenstille" für Erschöpfung oder Lähmung des Darms (paralytischer Ileus).
Darüber hinaus befinden sich Betroffene meist in einem sehr schlechten Allgemeinzustand, begleitet von Fieber, Atemnot, Unruhe oder Kreislaufbeschwerden bis hin zu einem Kreislaufkollaps oder Schock. Oft zeigen Betroffene eine Schonatmung oder Schonhaltung, um den Schmerz zu vermeiden.
Häufige Begleitsymptome
Übelkeit und Erbrechen sind häufige Begleitsymptome im Sinne eines Reflexes auf den Schmerz, beispielsweise bei Koliken (Galle, Niere), Entzündungen (Appendizitis) oder Darmverschluss. Bei letzterem kann es durch zunehmende Lähmung des Darmes auch zu einem Überlauferbrechen kommen. Das Erbrochene selbst gibt Aufschluss über die Lokalisation des Verschlusses (Galle, Dünndarminhalt, Kot).
Häufige Begleitsymptome sind neben Durchfall auch Stuhl- und Windverhalt.
Untersuchungen bei einem akuten Abdomen
Neben den bereits beschriebenen Untersuchungen stehen dem Arzt weitere Hilfsmittel zum Erkennen der Ursache zur Verfügung. Dazu zählen:
- Laboruntersuchungen
- Ultraschall des Abdomens, also des Bauches (Sonographie)
- Röntgen von Abdomen und Brustkorb
- Computertomographie (CT)
- Endoskopie
- in seltenen Fällen auch Magnetresonanztomographie (MRT)
Schwere, Kombination und Reihenfolge des Auftretens der Symptome erlauben es dem behandelnden Arzt, die Ursache des akuten Abdomens einzugrenzen und die Diagnose zu stellen.
Komplikationen beim akuten Abdomen
Ein Abdomen kann sehr gefährlich sein und aufgrund der Unterschiedlichkeit der Ursachen auch verschiedenste Komplikationen nach sich ziehen. Welche Komplikationen auftreten können, ist dabei abhängig von der zugrundeliegenden Erkrankung.
Entzündungen von Organen können beispielsweise zu einem Absterben von Gewebe führen, nach einem Sekretstau auch zu einem Durchbruch (Perforation) und einer Streuung von Keimen in den Bauchraum mit nachfolgender Peritonitis. Breitet sich die Infektion dann ungehemmt im Körper aus, spricht man von einer Sepsis (auch bekannt als Blutvergiftung), die lebensbedrohlich sein kann.
Die Einklemmung von Darmschlingen wie auch der Verschluss von Blutgefäßen können die Blut- und damit Sauerstoffversorgung entsprechender Gewebsbereiche unterbinden, sodass diese absterben können. Die bei Verletzungen oder einem rupturierten Gefäß hinzukommende Blutung kann mit einem Volumenmangelschock für die Betroffenen tödlich enden.
Behandlung eines akuten Abdomens
Die Behandlung erfolgt in Abhängigkeit vom Schweregrad des Krankheitsbildes. Besteht eine Peritonitis (also eine Entzündung des Bauchfells) mit schlechtem Allgemeinzustand mit oder ohne Anzeichen eines instabilen Kreislaufs (absinkender Blutdruck, schneller Puls), so muss innerhalb kürzester Zeit der Bauchraum operativ geöffnet und die Ursache gesucht und entsprechend versorgt werden.
Ist der Kreislauf stabil, die Schmerzen wechselnd und die Beteiligung des Bauchfells gering, so kann zunächst eine genauere Abklärung der Ursache der Symptome erfolgen.
Bei einzelnen Diagnosen ist auch eine konservative Behandlung möglich, zum Beispiel bei Pankreatitis, Divertikulitis oder Cholezystitis. Die betroffene Person muss nüchtern bleiben, bis die Notwendigkeit einer Operation ausgeschlossen wurde. Sie erhält einen venösen Zugang, über den die verlorene Flüssigkeit ersetzt und Medikamente gespritzt werden können.
Was tun im Notfall?
Ein akutes Abdomen erfordert immer ärztliche Hilfe. Besteht der Verdacht auf das Vorliegen eines akuten Abdomens, sollten Sie sofort den Notarzt verständigen. Die erkrankte Person sollte in einer bequemen Lage liegen, zum Beispiel mit angezogenen Beinen – decken Sie sie gegebenenfalls zu, falls ihr kalt ist. Keinesfalls sollte sie etwas essen oder trinken.
Kontrollieren Sie regelmäßig Atmung und Bewusstsein der Person. Bei Problemen mit der Atmung sollte der Oberkörper aufgerichtet werden. Zeigt die betroffene Person Anzeichen eines Schocks, sollten Sie sie in Schocklagerung bringen, also auf dem Rücken auf den Boden legen und die Beine hochlagern, etwa auf einen Stuhl.
Vorbeugende Maßnahmen
Da einem akuten Abdomen verschiedenste Erkrankungen zugrunde liegen können, werden die jeweiligen vorbeugenden Maßnahmen durch die einzelnen Ursachen bestimmt. Bei vielen Ursachen sind jedoch keine Methoden der Vorbeugung bekannt. Eine allgemeingültige Möglichkeit zur Vorbeugung eines akuten Abdomens besteht daher nicht.