Das bedeuten Ihre Schilddrüsenwerte
Die Schilddrüse hat eine zentrale Funktion im menschlichen Stoffwechsel. Sie produziert die Hormone T3 (Trijodthyronin), T4 (Thyroxin) und Calcitonin. Während T3 und T4 an zahlreichen Vorgängen im Energiestoffwechsel beteiligt sind, spielt Calcitonin eine wichtige Rolle im Kalzium-Stoffwechsel und beim Knochenaufbau. Wenn der Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung besteht, wird in der Regel ein Bluttest durchgeführt, um die verschiedenen Schilddrüsenwerte zu bestimmen. Wir erklären, welche Bedeutung die einzelnen Werte haben und welche Ursachen hinter einer Abweichung vom Normbereich stecken können.
Schilddrüsenwerte: Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen
Deuten die Symptome und die Vorgeschichte eines Patienten auf eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse hin, gibt die Konzentration der Hormone T3, T4 und TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon, Thyreotropin) im Blut Aufschluss über die Schilddrüsenfunktion. Liegen diese Werte im Normbereich, ist eine Funktionsstörung der Schilddrüse ausgeschlossen.
Bei Verdacht auf eine Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis) oder einer Autoimmunerkrankung wie Morbus Basedow wird das Blut auf das Vorliegen von speziellen Antikörpern gegen Bestandteile der Schilddrüse untersucht. Die Konzentration des Hormons Calcitonin im Blut wird hingegen normalerweise nur gemessen, um eine bestimmte Art von Schilddrüsenkrebs auszuschließen.
Normbereich der Schilddrüsenwerte
In der folgenden Tabelle haben wir für Sie einen Überblick über die Normbereiche der verschiedenen Schilddrüsenwerte zusammengestellt. Diese Übersicht dient allerdings nur als ungefähre Orientierung, da Normwerte von Alter und Geschlecht des Patienten sowie von dem untersuchenden Labor abhängig sind.
Wert | Normbereich |
TSH ohne Stimulation (basal) | 0,3-4,0 mU/l |
TSH 30 Minuten nach TRH-Stimulation (TRH-Test) | Anstieg von 2-25 mU/l im Vergleich zum basalen TSH |
freies T3 (fT3) | 1,7-3,7 ng/l |
freies T4 (fT4) | 7-15 ng/l |
Antikörper gegen Thyreoperoxidase (TPO-AK, Anti-TPO) | < 80 U/ml |
Antikörper gegen Thyreoglobulin (TAK, Anti-TG) | Frauen: < 100 IU/ml Männer: < 60 IU/ml |
Antikörper gegen TSH-Rezeptor (TRAK, Anti-TSH-R) | < 9 U/l |
Calcitonin (HCT) | Frauen: < 5,0 ng/l Männer: < 8,4 ng/l |
Thyreoglobulin (TG) | bei Schilddrüsen-Gesunden: < 75 µg/ml nach Schilddrüsenentfernung: < 3 µg/ml |
Abweichungen der Schilddrüsenwerte
Wenn Ihre Schilddrüsenwerte vom Normbereich abweichen, kann das verschiedene Ursachen haben. Nicht immer steckt eine ernsthafte Erkrankung hinter einem zu hohen oder zu niedrigen Schilddrüsenwert, denn Blutwerte können auch tages- oder jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen. Wir haben für Sie die Bedeutung und mögliche Ursachen von erhöhten oder erniedrigten Schilddrüsenwerten zusammengefasst.
Schilddrüsenhormone: Überfunktion oder Unterfunktion?
Besteht der Verdacht auf eine Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse, werden in der Regel das basale TSH und die freien Hormone T3 und T4 (fT3, fT4) durch einen Bluttest bestimmt. Frei bedeutet, dass die Hormone im Blut nicht an einen Transportstoff gebunden vorliegen. Für die Schilddrüsenwerte fT3 und fT4 gilt generell:
- Werte zu hoch: Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
- Werte zu niedrig: Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
In Verbindung mit dem basalen TSH-Wert kann der Arzt Rückschlüsse auf die Ursache der Schilddrüsenerkrankung ziehen. Dabei ist vor allem die Unterscheidung zwischen einer primären und einer sekundären Funktionsstörung wichtig. Primär bedeutet, dass die Störung in der Schilddrüse selbst liegt.
Basales TSH: Hinweis auf die Ursache der Funktionsstörung
Die Konzentration der Schilddrüsenhormone alleine lässt noch keine Aussage über die Ursache der Schilddrüsenfunktionsstörung zu. Deshalb wird zusätzlich das basale TSH bestimmt. Basal bedeutet, dass die TSH-Produktion nicht durch eine Verabreichung von TRH im Rahmen eines TRH-Tests angeregt wurde.
Die entstehende Konstellation aus den Schilddrüsenwerten fT3, fT4 und basalem TSH kann der Arzt interpretieren und einer Erkrankung zuordnen.
Dabei kann eine Abweichung des basalen TSH-Wertes folgende Ursachen haben:
- Wert zu hoch: primäre Schilddrüsenunterfunktion, sekundäre Schilddrüsenüberfunktion, Medikamente (MCP-Tropfen, bestimmte Wirkstoffe gegen Epilepsie und gegen psychische Erkrankungen)
- Wert zu niedrig: primäre Schilddrüsenüberfunktion, sekundäre Schilddrüsenunterfunktion, Medikamente (Heparin, Cortison, Opiate, Medikamente gegen Parkinson)
Ursachen einer primären Schilddrüsenüberfunktion
Ursachen für eine primäre Schilddrüsenüberfunktion können sein:
- Morbus Basedow
- Schilddrüsenentzündung im Frühstadium
- Schilddrüsenautonomie
Ursachen einer primären Schilddrüsenunterfunktion
Zu den möglichen Ursachen einer primären Schilddrüsenunterfunktion zählen:
- Jodmangel
- Jodverwertungsstörung
- fortgeschrittene Schilddrüsenentzündung
- operative Entfernung der Schilddrüse
Ursachen einer sekundären Funktionsstörung der Schilddrüse
Bei einer sekundären Funktionsstörung hingegen liegt die Störung in einem übergeordneten Organ des Hormonregelkreises, also im Hypothalamus oder – häufiger – in der Hypophyse.
Eine sekundäre Schilddrüsenunterfunktion wird meistens durch eine Hypophysenunterfunktion verursacht. Dabei wird von der Hypophyse zu wenig TSH gebildet und die Schilddrüse wird nicht ausreichend zur Bildung von T3 und T4 angeregt.
Dagegen kann eine sekundäre Schilddrüsenüberfunktion durch einen TSH-produzierenden Tumor der Hypophyse hervorgerufen werden – das ist allerdings relativ selten.
TRH-Test: Sicherheit bei grenzwertigen Ergebnissen
Wenn sich die Werte von TSH, fT3 und fT4 in einer "Grauzone" befinden, also nur wenig vom Normbereich abweichen, kann zur Sicherung der Diagnose ein TRH-Test durchgeführt werden. Dabei wird nach der Bestimmung des basalen TSH das Hypothalamus-Hormon TRH gespritzt oder als Nasenspray verabreicht, um die Produktion von TSH in der Hypophyse zu stimulieren. Nach 30 Minuten wird erneut eine Blutprobe entnommen und der Anstieg des TSH gemessen.
Beim Gesunden sollte das TSH um zwei bis 25 mU/l ansteigen. Abweichungen von diesem Bereich bestätigen das Vorliegen einer Hypophysen- oder Schilddrüsenfunktionsstörung:
- verminderter TSH-Anstieg: primäre Schilddrüsenüberfunktion (wenn fT3 und fT4 erhöht sind), Hypophysenunterfunktion (wenn fT3 und fT4 erniedrigt sind)
- übermäßiger TSH-Anstieg: primäre Schilddrüsenunterfunktion
Allerdings können auch verschiedene Medikamente und Erkrankungen wie das Cushing-Syndrom (übermäßige Produktion des Hormons Cortison) Einfluss auf den Anstieg des TSH haben. Wenn das Ergebnis des TRH-Tests im Normbereich liegt, ist eine Funktionsstörung der Schilddrüse unwahrscheinlich.
Schilddrüsen-Antikörper bei Autoimmunerkrankungen
Um eine Autoimmunerkrankung als Ursache für eine Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse auszuschließen, kann das Blut auf spezielle Antikörper gegen Bestandteile der Schilddrüse untersucht werden:
- Thyreoperoxidase-Antikörper (TPO-AK, Anti-TPO): Die Thyreoperoxidase ist ein Enzym, das eine wichtige Funktion bei der Bildung der Schilddrüsenhormone hat. Antikörper gegen die Thyreoperoxidase sind meist bei der Hashimoto-Thyreoiditis und anderen Formen der Schilddrüsenentzündung sowie bei Morbus Basedow im Blut zu finden. Jedoch lassen sich diese Antikörper auch bei fünf Prozent der gesunden Personen nachweisen. Ein positives Anti-TPO-Ergebnis alleine ist also kein Beweis für eine Autoimmunerkrankung.
- Thyreoglobulin-Antikörper (TAK, TG-AK, Anti-TG): Thyreoglobulin ist ein Speicherprotein für Schilddrüsenhormone. Antikörper gegen Thyreoglobulin lassen sich bei der Hashimoto-Thyreoiditis, anderen Formen der Schilddrüsenentzündung, Morbus Basedow, Schilddrüsenkrebs sowie bei fünf Prozent der gesunden Personen nachweisen.
- TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK, Anti-TSH-R): Der TSH-Rezeptor ist die "Andockstelle" für das Hormon TSH an der Schilddrüse. Antikörper gegen den TSH-Rezeptor liegen typischerweise bei Morbus Basedow vor. Nur in wenigen Fällen lassen sie sich bei anderen Schilddrüsenerkrankungen nachweisen. Bei gesunden Personen ist der TRAK-Wert negativ.
Calcitonin
Das Hormon Calcitonin wird in den sogenannten C-Zellen der Schilddrüse gebildet. Es spielt eine wichtige Rolle im Kalzium-Stoffwechsel und fördert den Knochenaufbau. Der Calcitonin-Wert im Blut wird bestimmt, wenn der Verdacht auf eine Form von Schilddrüsenkrebs (C-Zell-Karzinom, medulläres Schilddrüsenkarzinom) besteht. Auffällige Calcitonin-Werte können folgende Ursachen haben:
- Wert zu hoch: C-Zell-Karzinom, Nierenschwäche, Hypergastrinämie (erhöhte Produktion des Hormons Gastrin im Magen), Anti-Baby-Pille
- Wert zu niedrig: zu niedriger Kalzium-Spiegel im Blut
Thyreoglobulin
Neben dem Nachweis von Antikörpern gegen Thyreoglobulin lässt sich auch die Konzentration des Proteins selbst im Blut bestimmen. Der Thyreoglobulin-Wert ist erhöht bei Morbus Basedow, bei gutartiger Vergrößerung der Schilddrüse (euthyreote Struma) und bei Entzündungen der Schilddrüse.
Eine wichtige Bedeutung hat der Thyreoglobulin-Wert bei Kontrolluntersuchungen nach einer operativen Entfernung der Schilddrüse aufgrund von Schilddrüsenkrebs. Werden nach einer Schilddrüsenentfernung erhöhte Thyreoglobulin-Werte festgestellt, kann das ein Hinweis auf ein erneutes Auftreten des Krebses sein.