Mann mit Osteoporose
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Osteoporose bei Männern

Von: Nathalie Blanck (Ärztin und Medizinautorin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 17.11.2020

Vielen Menschen glauben, Osteoporose sei eine reine Frauenkrankheit. Doch das stimmt nicht: 20 bis 30 Prozent der Betroffenen mit osteoporotischen Frakturen sind Männer. Wissenschaftler gehen davon aus: Die Häufigkeit von Osteoporose bei Männern wird in Zukunft aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung und der veränderten Lebensweise weiter ansteigen. Erfahren Sie hier, was Sie über Osteoporose beim Mann wissen sollten.

Woher kommt Osteoporose bei Männern?

Es ist anzunehmen, dass sich die Faktoren, die bei Männern zu Osteoporose führen können, kaum von denen unterscheiden, die auch bei Frauen Osteoporose auslösen.

Unter Osteoporose versteht man eine chronische Knochenerkrankung, bei der das Gleichgewicht zwischen beständig stattfindenden Auf- und Abbauprozessen der Knochen gestört ist. In der Folge nimmt die Dichte der Knochen ab – sie werden brüchig und porös, das Risiko für Knochenbrüche nimmt zu.

Es kann zwischen zwei verschiedenen Formen der Osteoporose unterschieden werden, die sowohl bei Männern als auch bei Frauen auftreten können.

Primäre Osteoporose bei Männern

Die primäre Osteoporose, zu der auch die senile Osteoporose gehört, tritt häufig in höherem Alter auf. Zum einen nimmt in dieser Lebensphase die Wahrscheinlichkeit für ein gestörtes Gleichgewicht im Auf- und Abbau von Knochenmasse zu. Zum anderen sinkt mit steigendem Alter der Hormonspiegel. Östrogen und Testosteron sind jedoch von zentraler Bedeutung für die Aufnahme von Kalzium in die Knochen und damit für deren Stabilisierung. Da bei Frauen der Hormonspiegel in den Wechseljahren häufig stärker sinkt als bei Männern in höherem Alter, sind sie deutlich häufiger von einer primären Osteoporose betroffen.

So haben circa 80 bis 90 Prozent aller Frauen mit Osteoporose eine primäre Form. Bei Männern sind es lediglich 40 Prozent. 60 Prozent der Männer sind damit von einer sogenannten sekundären Osteoporose betroffen.

Sekundäre Osteoporose bei Männern

Eine sekundäre Osteoporose kann infolge bestehender Vorerkrankungen oder der längerfristigen Einnahme von Medikamenten entstehen. Zu Erkrankungen, die häufig mit Osteoporose einhergehen, gehören:

Zudem können Therapien mit Medikamenten wie Kortison und Antiepileptika oder eine Chemotherapie Ursachen von Osteoporose sein.

Weitere Risikofaktoren, die Osteoporose bei Männern und Frauen begünstigen, sind:

  • Untergewicht (Bodymaßindex kleiner als 19) oder ungewollter Verlust von mehr als 10 Prozent des ursprünglichen Körpergewichts
  • Störungen der Nahrungsaufnahme im Verdauungstrakt (Malabsorptionssyndrom: zurückliegende Magenentfernung, Sprue)
  • Alkoholismus
  • Überfunktion der Nebenschilddrüse oder der Schilddrüse
  • familiäre Veranlagung (Verwandte mit Osteoporose, Rundrücken, Unterarm-, Wirbelkörper- oder Schenkelhalsbruch)
  • entzündlich-rheumatische Erkrankungen
  • Kalzium- oder Vitamin-D-Mangel, beispielsweise aufgrund einer vermehrten Kalziumausscheidung (Hyperkalzurie)
  • starkes Rauchen (mehr als 20 Zigaretten täglich)
  • Bewegungsmangel, insbesondere bei Bettlägerigkeit oder körperlicher Behinderung

Symptome von Osteoporose

Da Osteoporose immer noch vermehrt als "Frauenkrankheit" angesehen wird, erfolgt die Diagnose bei Männern häufig besonders spät. Eine frühe Diagnose der Erkrankung ist jedoch entscheidend, um Langzeitfolgen möglichst entgegenzuwirken.

Folgende Symptome können auf eine vorliegende Osteoporose hinweisen:

  • häufiges Fallen oder Stürzen (innerhalb von sechs Monaten zwei- oder mehrere Male).
  • zurückliegende oder aktuelle Knochenbrüche, die sich aus geringfügigem Anlass ereigneten
  • Verdacht auf Wirbelkörperbruch, zum Beispiel wegen akut aufgetretenen anhaltend starken Rückenschmerzen oder ein Körpergrößenverlust von über 4 cm und Bildung eines Rundrückens ("Witwenbuckel")
  • wackelnde oder ausfallende Zähne

Hormonmangel beim Mann

Eine besondere Rolle bei der Entstehung von Osteoporose bei Männern spielt das Hormon Testosteron. Es fördert den natürlichen Muskel- und Knochenaufbau und trägt dazu bei, dass das Skelettsystem belastbar bleibt. Steht dem Mann nicht genug Testosteron zur Verfügung, kommt es innerhalb weniger Wochen zum Knochenschwund (Osteoporose).

Im Gegensatz zu Frauen treten bei Männern keine Wechseljahre auf. Dennoch kann es auch bei Männern ab einem Alter von circa 40 Jahren zu einer geringeren Produktion von Geschlechtshormonen und damit zu einem Mangel an Testosteron kommen.

Dieses Hormon wird in den Hoden produziert. Neben dem Alter sind deshalb beispielsweise Schädigungen der Hoden, wie sie nach Viruserkrankungen (zum Beispiel Mumps) auftreten können, bei Männern ursächlich. Auch wenn die Hoden aufgrund einer Erkrankung, wie Prostatakrebs, entfernt werden mussten, kommt es zu einem Testosteronmangel. Zusätzlich kann eine Störung der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), die die Hormonproduktion im Körper steuert, einen Testosteronmangel auslösen.

Ein Hormonmangel beim Mann äußert sich beispielsweise durch folgende Symptome:

  • Erektionsstörungen oder weniger nächtliche Erektionen
  • schwächeres sexuelles Verlangen
  • abnehmende Körperbehaarung, weniger Bartwuchs
  • verminderte Spermienproduktion
  • Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, Stimmungsschwankungen
  • abnehmende Muskelmasse und zunehmendes Bauchfett

Diagnose: Osteoporose-Abklärung bei Männern

Wie bei Frauen müssen auch bei Männern eine sorgfältige Risikoerhebung und Ursachenabklärung durchgeführt werden, wenn der Verdacht auf Osteoporose besteht. Dazu gehört neben einer körperlichen Untersuchung, bei der beispielsweise die Mobilität und die Körpergröße bestimmt werden, auch ein Anamnese-Gespräch. Bei diesem erfragt der Arzt die Verwendung bestimmter Medikamente oder das Vorkommen von Osteoporose in der Familie.

Bei Verdacht auf Osteoporose wird dann in der Regel eine Knochendichtemessung (Osteodensitometrie) vorgenommen. Mit dieser wird der Knochenmineralgehalt bestimmt und mit den Werten einer gesunden Person verglichen.

Im Bedarfsfall wird bei Männern zusätzlich der Testosterongehalt im Blut bestimmt. In seltenen Fällen ist bei Männern auch eine Knochenprobe (Biopsie) sinnvoll. Diese wird aber vor allem bei atypischem Verlauf der Osteoporose, also beispielsweise bei fehlenden Therapieerfolgen oder bei Osteoporose bei jungen Männern durchgeführt.

Osteoporose bei Männern: Therapie

Als "Basistherapie" einer Osteoporose sind die ausreichende Gabe von Kalzium und Vitamin D sowie Muskelaufbautraining und Sturzprophylaxe neben hormonersetzenden beziehungsweise knochenstabilisierenden Medikamenten unverzichtbar.

Im Gegensatz zur postmenopausalen Osteoporose (also einer durch die Wechseljahre bedingten Osteoporose bei Frauen), bei der eine Vielzahl an Medikamenten zugelassen sind, stehen für die Therapie der Osteoporose beim Mann lediglich die hoch wirksamen, knochenstabilisierenden Bisphosphonate Alendronat, Risedronat und Zoledronat zur Verfügung.

Eine Therapie mit Schmerzmitteln sowie Krankengymnastik oder eine physikalische Therapie (unter anderem Massagen und Wärmebehandlung) können zusätzlich angewandt werden.

Testosteromangel beheben – Osteoporose behandeln

Ist Testosteronmangel an der Entstehung der Osteoporose beteiligt, kann (zusätzlich) eine sexualhormonersetzende Therapie erwogen werden. Eine Behandlung mit Medikamenten, die das Testostern erhöhen, muss der Arzt mit dem Betroffenen und gegebenenfalls auch mit der Lebenspartnerin detailliert besprechen.

Eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2017 konnte überzeugend darlegen, dass die Knochendichte von älteren Männern nach der einjährigen Behandlung mit einem testosteronhaltigen Gel deutlich zunahm. Die Studienteilnehmer waren jedoch nicht von Osteoporose betroffen. Ob diese Wirkung auch bei einer bereits bestehenden Osteoporose eintritt, konnte bisher noch nicht ausreichend belegt werden.

In wissenschaftlichen Studien konnte jedoch gezeigt werden, dass das Bisphosphonat Alendronat auch bei Männern wirksam ist, bei denen ein Testosteronmangel an der Entstehung der Osteoporose beteiligt war. Bei Alendronat beträgt die Behandlungsdauer in der Regel zwei bis drei Jahre.