Mann mit Harnröhrenentzündung
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Harnröhrenentzündung (Urethritis)

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 20.08.2019

Die Harnröhre ist die Verbindung zwischen Harnblase und Außenwelt. Zwar spült der Harnstrahl mögliche Krankheitserreger regelmäßig nach draußen, trotzdem kann es Keimen gelingen, die Harnröhre hoch zu wandern: Eine Harnröhrenentzündung ist die Folge. Die infektiöse Urethritis ist eine der häufigsten Folgen sexuell übertragbarer Erkrankungen. Daneben gibt es auch andere Ursachen für eine Entzündung der Harnröhre. Die Symptome können sich bei Mann und Frau unterschiedlich äußern. Was hilft bei einer Harnröhrenentzündung?

Harnröhrenentzündung: Wer ist gefährdet?

Eine Urethritis kann Männer und Frauen gleichermaßen betreffen. Sie kann allein oder in Kombination mit anderen Entzündungen von Nieren und Harnwegen auftreten. Besonders anfällig sind:

Welche Formen und Ursachen der Urethritis gibt es?

Fachleute unterscheiden die spezifische von der unspezifischen Urethritis:

  • Spezifische Urethritis (gonorrhoische Urethritis): Ursache dieser Harnröhrenentzündung ist eine Infektion mit den Tripper-Erregern Neisseria gonorrhoeae (Gonokokken), die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden.
  • Unspezifische Urethritis (nicht-gonorrhoischen Urethritis): Dies Form wird ebenfalls oft durch Keime ausgelöst (in 50 Prozent Chlamydien), aber auch andere Bakterien, Viren und Pilze), die vor allem beim Geschlechtsverkehr oder zum Beispiel im Rahmen einer Untersuchung wie der Blasenspiegelung übertragen werden können. Die unspezifische Urethritis kann aber auch auf anderen Ursachen beruhen. Sie kann akut oder chronisch verlaufen.

Akute Urethritis: Wie entsteht sie?

Bei der akuten Form gibt es prinzipiell drei Entstehungsmechanismen:

  1. eine Infektion durch Erreger, die von außen kommen und die Harnröhre hoch wandern ("aszendierende Infektion")
  2. eine Entzündung, die durch Keime verursacht wird, die sich bereits oberhalb der Harnröhre in Harnblase, Prostata oder Nieren befinden und nach unten wandern ("deszendierende Infektion")
  3. eine seltene allergische Entzündung durch in die Scheide eingebrachte Verhütungsmittel wie Zäpfchen oder Salben

Weitere Ursachen der Harnröhrenentzündung

Die chronische oder immer wiederkehrende Form kann entweder durch besonders widerstandsfähige Erreger, eine nicht ausreichend behandelte akute Infektion oder eine erneute Ansteckung durch den Geschlechtspartner entstehen.

Bei Frauen nach der Menopause oder nach Entfernung der Eierstöcke kann es infolge des Östrogenmangels zu einer Veränderung der Schleimhaut von Scheide und Harnröhre kommen, was ebenfalls Entzündungsreaktionen hervorrufen kann (senile Urethritis).

Bei der Reiter-Krankheit gehört die Urethritis neben einer Entzündung der Gelenke und der Augenbindehaut zu den typischen Symptomen.

Weitere Ursachen der chronischen Form sind:

  • mechanische Reize (zum Beispiel wenn ständig ein Blasenkatheter liegt)
  • chemische Reize (Beispiel durch Krebsmedikamente, die mit dem Harn ausgeschieden werden)
  • Bestrahlungen (bei der Krebsbehandlung)

Eine so vorgeschädigte Harnröhre ist dann wiederum anfälliger für Keime und damit für eine Harnröhrenentzündung.

Wie äußert sich eine Harnröhrenentzündung?

Die Harnröhre des Mannes ist etwa 25 bis 30 Zentimeter lang, die der Frau nur drei bis vier Zentimeter. Kein Wunder also, dass beim Mann Entzündungen der Harnröhre häufiger auftreten und meist mehr Beschwerden verursachen, bei Frauen hingegen die Keime öfter direkt bis zur Harnblase wandern und eher dort die Entzündung hervorrufen (Blasenentzündung).

Eine Harnröhrenentzündung kann bei Männern und Frauen unterschiedliche Symptome verursachen und ist nicht immer einfach zu erkennen.

Symptome und Anzeichen einer Harnröhrenentzündung

Die Beschwerden variieren je nach Erreger, Form und Geschlecht. Man schätzt, dass bei einem Viertel der Fälle (vor allem bei Frauen) keine oder kaum wahrnehmbare Beschwerden auftreten, weshalb die Keime häufig unbemerkt weitergetragen werden. Neben den üblichen Symptomen können jedoch auch Unterbauchschmerzen auftreten.

Typisch bei einer Entzündung ist Ausfluss, der bei einer akuten Form eher eitrig, bei einer chronischen Form weißlich-glasig ist. Weitere Symptome einer Harnröhrenentzündung sind:

  • eine unangenehme, brennende oder schmerzhafte Harnentleerung
  • häufiger Harndrang
  • Jucken oder Brennen in der Harnröhre
  • eventuell Blut im Urin
  • möglicherweise eine Rötung des Harnröhrenausgangs

Selten treten auch Fieber und Allgemeinsymptome auf. Bei der senilen Urethritis können auch Blasenschwäche (Harninkontinenz) und Juckreiz in der Scheide hinzukommen; der Ausfluss fehlt dagegen.

Urethritis: Wie wird die Diagnose gestellt?

Zunächst wird der Arzt – zum Beispiel der Hausarzt oder der Urologe – nach genauen Beschwerden und der Vorgeschichte fragen, insbesondere nach Krankheiten, Untersuchungen und Behandlungen des Harnsystems.

Bei der körperlichen Untersuchung, bei der sich oft eine gerötete Harnröhrenöffnung zeigt, wird mit einer kleinen Drahtschlinge ein Abstrich aus dem der Harnröhre entnommen. Dieses Sekret wird unter dem Mikroskop untersucht und zum Nachweis der Erreger gegebenenfalls auf einem Nährboden bebrütet.

Auch im Urin wird nach Entzündungszeichen und Keimen geforscht. Die weiteren Tests (zum Beispiel Blutuntersuchung, Urogramm, Blasenspiegelung) richten sich nach den Befunden und der Verdachtsdiagnose.

Therapie: Was hilft bei Harnröhrenentzündung?

Bei der Behandlung einer Harnröhrenentzündung spielen Medikamente eine wichtige Rolle. Wie eine Harnröhrenentzündung behandelt wird, hängt von der Ursache ab. Keime werden mit passenden Antibiotika oder Pilzmitteln bekämpft. Unverzichtbar ist dabei die Mitbehandlung des Sexualpartners, um einen "Ping-Pong-Effekt" (also eine gegenseitige Wiederinfektion) zu vermeiden. Ratsam ist der Verzicht auf Geschlechtsverkehr, bis die Infektion abgeklungen ist.

Bei der senilen Urethritis sind eventuell östrogenhaltige Zäpfchen angezeigt.

Hausmittel gegen Harnröhrenentzündung

Aber auch Hausmittel und einige Hygienemaßnahmen können helfen, die Therapie zu unterstützen oder einer Urethritis vorzubeugen. Studien haben gezeigt, dass Preiselbeer- beziehungsweise Cranberrysaft das Anhaften von Keimen an der Harnröhren- und Harnblasenschleimhaut verhindert. Bei Patienten, die zu wiederholten Infektionen des Harntrakts neigen, könnte das regelmäßige Trinken des Safts also den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.

Einsatz von Heilpflanzen

In der Volksmedizin kommen verschiedene Heilpflanzen zum Einsatz, die zum Beispiel als Tee getrunken werden können, teilweise auch als Fertigarzneimittel erhältlich sind. Klassische Heilkräuter bei der Harnröhrenentzündung sind zum Beispiel:

  • Ackerschachtelhalm
  • Bärentraubenblätter
  • Birkenblätter
  • Brennnessel
  • Goldrute
  • Hagebutte
  • Hauhechel
  • Wacholder

In der Homöopathie wird häufig Cantharis verwendet.

Einer Urethritis vorbeugen – so geht's!

Weitere "Hausmittel" zur Vorbeugung sind:

  • die Entleerung der Blase nach dem Geschlechtsverkehr
  • das Vermeiden von Unterkühlung
  • der Verzicht auf übertriebene Genitalhygiene
  • die Zufuhr von täglich mehr als zwei Litern Flüssigkeit

Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wurde bisher allerdings nicht in Studien überprüft.

Wie sind Verlauf und Prognose?

Wird eine Infektion rechtzeitig behandelt, ist die Prognose gut. Setzt die Therapie zu spät oder – zum Beispiel wegen mangelnder Beschwerden – gar nicht ein, breiten sich die Keime möglicherweise weiter aus. So können Abszesse, Infektionen der Nieren, der Nebenhoden, der Prostata, der Gebärmutter, Eileiter oder Eierstöcke auftreten oder auch ein akuter Harnverhalt. Als Folge der Entzündungsprozesse kann es zur Narbenbildung und Verengung der Harnröhre oder zur Verklebung der Eileiter und Unfruchtbarkeit kommen.

Schwangere können während der Geburt die Keime auf ihr Kind übertragen, was – bei Chlamydien und Gonokokken – zu einer schwerwiegenden Bindehautentzündung des Neugeborenen führen kann. Manche Keime stehen auch im Verdacht, das Risiko für einen vorzeitigen Blasensprung und eine Fehlgeburt zu erhöhen.