Cortisol: Wirkung des Hormons & Cortisolspiegel deuten
Cortisol ist ein körpereigenes Hormon, das im Körper eine äußerst vielfältige Wirkung entfaltet. Beispielsweise dient es zur Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutzuckerspiegel. Cortisol ist im allgemeinen Sprachgebrauch auch als "Stresshormon" bekannt. Sind die Cortisolwerte zu hoch oder zu niedrig, können deshalb auch verschiedene gesundheitliche Beschwerden auftreten. Welche sind das, wie wird Cortisol gemessen und welche Ursachen stecken hinter einem veränderten Cortisolspiegel? Das und mehr erfahren Sie hier.
Cortisol und Kortison als körpereigene Hormone
Bei körpereigenem Hormon Kortison (oder Cortison) handelt sich um die inaktive Vorstufe von Cortisol (auch Kortisol oder Hydrocortison). Kortison wird zur Bildung von Cortisol benötigt, einem lebenswichtigen Hormon, das in der Nebennierenrinde produziert wird.
Cortisol gehört zu den Glukokortikoiden. Diese wiederum zählen zur Gruppe der Kortikosteroide (kurz Kortikoide). Darunter fallen alle Hormone, die in der Nebennierenrinde gebildet werden. Es handelt sich dabei um sogenannte Steroidhormone.
Synthetische Glukokortikoide, die heute beispielsweise in Form von Salben oder Tabletten vielfältige Anwendung finden, werden im allgemeinen Sprachgebrauch häufig als Kortison bezeichnet. Oftmals wird Kortison also mit Medikamenten gleichgesetzt, obwohl mit dem Begriff eigentlich das körpereigene Hormon gemeint ist. Die richtige Bezeichnung für diese Medikamente lautet Glukokortikoide.
Wirkung von Cortisol
Cortisol spielt für den Stoffwechsel eine wichtige Rolle. Als Botenstoff mobilisiert es bei Bedarf die im Körper gespeicherten Energiereserven, zum Beispiel indem es durch verschiedene Prozesse den Blutzuckerspiegel steigen lässt und die Fettfreisetzung ankurbelt. Zudem trägt es (gemeinsam mit Adrenalin und Noradrenalin) dazu bei, dass das Herz stärker schlägt, die Atmung beschleunigt wird und die Konzentrationsfähigkeit steigt.
Die Anregung dieser Funktionen soll den Körper in angespannten Situationen unterstützen. Da es vor allem in solchen Momenten ausgeschüttet wird, die für die betroffene Person mit psychischer Belastung verbunden sind (eine reale oder vermeintliche Bedrohung, wie ein Unfall oder eine Prüfungssituation), wird Cortisol auch als Stresshormon bezeichnet. Umgekehrt kann ein durch körperliche Erkrankungen unnatürlich erhöhter Cortisolspiegel aber auch Symptome verursachen, die mit psychischen Beschwerden in Verbindung gebracht werden, wie Unruhe und ein gestörter Schlaf.
Daneben haben Glukokortikoide eine wichtige Funktion bei Entzündungen: Sie können entzündliche Reaktionen hemmen (antiphlogistischer Effekt) – die Haupteigenschaft, für die man Cortisol beziehungsweise Kortison medikamentös einsetzt.
Obwohl Cortisol für den Körper überlebenswichtig ist, kann ein dauerhaft zu hoher Cortisolspiegel auch negative gesundheitliche Folgen mit sich bringen. So steigen beispielsweise die Infektanfälligkeit und das Risiko für Osteoporose, da Knochenmasse verstärkt abgebaut wird. Auch sind ein permanent erhöhter Blutdruck und Blutzuckerspiegel schädlich für die Gesundheit.
Cortisolspiegel variiert stark
Im Ruhezustand bildet der Körper zehn bis 25 Milligramm Cortisol pro Tag, bei Stressbelastungen auch bis zu 300 Milligramm. Da das Hormon dem Körper immer zur Verfügung stehen muss, wird sein Vorkommen über einen komplizierten Regelmechanismus gesteuert.
Innerhalb dieses Mechanismus wird die größte Menge an Cortisol in mehreren Schüben morgens zwischen 6 und 8 Uhr gebildet, danach nimmt die Hormonproduktion im Tagesverlauf bis zu einem Minimum um Mitternacht wieder ab. So ist der natürliche Cortisolspiegel um 16 Uhr nur etwa halb so hoch wie frühmorgens.
Die genaue Kenntnis dieses Regelkreises, unter Umständen sogar individuell für jede Person, ist eine der Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Kortison-Behandlung. Auch bei der Messung des Cortisolspiegels sollte der Zeitpunkt der Messung beachtet werden.
Cortisol senken – das hilft!
Cortisolspiegel messen: Normalwerte
Besteht aufgrund gesundheitlicher Beschwerden der Verdacht, dass der Cortisolspiegel zu hoch sein könnte, wird dieser im Labor ermittelt. Für einen entsprechenden Test wenden Sie sich am besten an Ihre*n Hausärztin*Hausarzt. Dort kann eine Blut-, Urin- oder Speichelprobe genommen werden.
Speichel- und Blutproben sollten aufgrund des im Tagesverlauf natürlicherweise veränderlichen Cortisolspiegels morgens und nachts genommen werden. Nur dann sind die Werte des Tests aussagekräftig. Bei Urinproben wird 24-Stunden-Sammelurin zur Untersuchung herangezogen.
Folgende Werte dienen als Referenzwerte für die Messung des Cortisolspiegels bei Erwachsenen ab 19 Jahren mithilfe von Blutproben:
- morgens (8 Uhr): 145 ‐ 620 nmol/l
- abends (23 Uhr): weniger als 138 nmol/l
Bei Speichelproben liegen für Erwachsene ab 18 Jahren folgende Referenzwerte vor:
- morgens (8 Uhr): 0,09 ‐ 1,04 μg/dl
- abends (23 Uhr): 0,02 ‐ 0,34 μg/dl
Folgende Normalwerte gelten für Urintests bei Erwachsenen ab 18 Jahren:
- 79 - 590 nmol/24h
Bei Kindern und Jugendlichen sind die Normalwerte entsprechend niedriger anzusetzen. Generell können sich die Normwerte bei den verschiedenen Laboren unterscheiden. Die Ergebnisse der Laboruntersuchung sollten daher immer noch einmal ärztlich besprochen werden.
Parallel zum Cortisolspiegel sollte auch stets der ACTH-Wert bestimmt werden. Dieses Hormon wird in der Hirnhangdrüse gebildet und beeinflusst die Produktion bestimmter Hormone (unter anderem auch von Cortisol) in der Nebennierenrinde. Zudem werden meist weitere Tests zur Untermauerung der Ergebnisse durchgeführt. Dazu gehören der ACTH-Stimulationstest, der CRH-Test sowie der Dexamethason-Suppressionstest.
Cortisol zu niedrig – welche Ursachen stecken dahinter?
Ein Hypocortisolismus, also ein Cortisolmangel, wird durch eine Insuffizienz der Nebennierenrinde ausgelöst. Diese produziert dann weniger Hormone. Dabei unterscheidet man zwischen einer primären Form (Morbus Addison) und einer sekundären Form.
Die sekundäre Form entsteht durch das abrupte Absetzen von Medikamenten mit künstlichem Kortison nach einer länger andauernden Therapie oder als Folge einer Unterfunktion der Hirnanhangdrüse. Dort werden Botenstoffe gebildet, welche wiederum die Arbeit der Nebennieren, der Schilddrüse oder der Geschlechtsorgane steuern. Funktionsstörungen der Hypophyse können sich also auch auf die Cortisol- beziehungsweise Kortisonproduktion auswirken.
Symptome bei Cortisolmangel
Auch ein Mangel an Cortisol kann gesundheitliche Beschwerden auslösen. Typische Symptome sind beispielsweise:
- Leistungsabfall
- Müdigkeit
- Übelkeit
- Gewichtsverlust
- niedriger Blutdruck
Cortisol zu hoch – was sind die Ursachen?
Werden bei der Messung des Cortisolspiegels zu hohe Werte festgestellt, spricht man von einem Hypercortisolismus. Dieser wird in der Medizin auch "Cushing-Syndrom" genannt.
Ein Cortisolüberschuss entsteht entweder durch die langfristige Überschreitung der maximalen Dosis bei Anwendung eines Kortison-Präparates (exogenes Cushing-Syndrom) oder durch einen Tumor in der Hirnhangdrüse oder der Nebennierenrinde, wodurch wiederum die Produktion von Hormonen in der Nebennierenrinde zu stark stimuliert wird (endogenes Cushing-Syndrom).
Neben körperlichen Erkrankungen kann auch die Psyche den Cortisolspiegel beeinflussen. Befinden wir uns häufig in für uns angespannten Situationen, kann dies zu einem dauerhaft hohen Cortisol-Level beitragen. Auslöser des sogenannten Pseudo-Cushing-Syndroms sind neben Stress auch Angststörungen, Depressionen, aber auch der Missbrauch von Substanzen (zum Beispiel Alkoholabhängigkeit), Adipositas oder ein Schädelhirntrauma.
Welche Anzeichen deuten auf zu hohe Werte hin?
Typische Anzeichen zu hoher Cortisol-Werte sind unter anderem:
- Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme
- innere Unruhe und verstärkte Angstgefühle
- Bluthochdruck
- erhöhte Infektanfälligkeit durch ein geschwächtes Immunsystem
- geschwollenes Gesicht (Vollmondgesicht)
- vermehrtes Fettgewebe im Nacken (Stiernacken)
- Fetteinlagerungen am Oberkörper (Stammfettsucht)
Bei Verdacht auf einen dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel sollte immer ärztlicher Rat gesucht werden, um möglicherweise zugrundeliegende Erkrankungen behandeln zu können. Ist das Hormon situationsabhängig erhöht (beispielsweise durch Stress), kann die betroffene Person auch selbst versuchen, das Cortisol zu senken. Hält die psychische Belastung aber an, sollte auch hier im Zweifelsfall ein*e Arzt*Ärztin aufgesucht werden, um die Entwicklung eines Burnouts oder einer Depression zu vermeiden.
Cortisol senken – was kann man selbst tun?
Ein paar Tipps können dabei helfen, das Stresslevel im Alltag zu reduzieren und somit dauerhaft erhöhten Cortisolwerten entgegenzuwirken.
So können Sie Ihr Cortisol senken:
- Treiben Sie Sport: Bewegung reduziert nachweislich Stress und kann somit auch den Cortisolspiegel senken. Gut geeignet sind moderater Ausdauersport wie Joggen, Radfahren oder Schwimmen, aber auch Yoga. Diese Sportart hat den Vorteil, dass dabei Bewegung mit einer bewussten Atmung verbunden wird. Achten Sie aber auf ein angemessenes Pensum und überfordern Sie sich nicht. Zu extreme Sporteinheiten können den Körper stressen und damit das Cortisol-Level in die Höhe treiben.
- Sorgen Sie gezielt für Entspannung: Kurze Pausen im Alltag können dabei helfen, Stress abzubauen und damit die Ausschüttung von Cortisol herunterzufahren. Planen Sie sich dazu feste Einheiten ein, in denen Sie sich auf sich konzentrieren und bewusst atmen. Einige Minuten reichen oft schon aus. Auch ist es hilfreich, abendliche Meditationseinheiten einzubauen. Auch autogenes Training kann sinnvoll sein.
- Reduzieren Sie Ihren Koffeinkonsum: Koffein sorgt dafür, dass eine erhöhte Freisetzung von Cortisol stattfindet. Deshalb ist es sinnvoll, bei Stress den Koffeinkonsum zu reduzieren oder ganz auszusetzen. Wer dennoch nicht auf den morgendlichen Kaffee verzichten möchte, sollte diesen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen frühestens eine bis eineinhalb Stunden nach dem Aufstehen trinken. Da die Cortisolausschüttung morgens besonders hoch ist, wird der Effekt des Hormons sonst deutlich verstärkt.
- Lachen Sie: Lachen reduziert nachweislich die Cortisolproduktion. Im Rahmen einer (nicht repräsentativen) Untersuchung mit 16 männlichen Testpersonen sank deren Cortisolspiegel während des Anschauens einer Komödie im Fernsehen um 35 bis 70 Prozent.
- Lassen Sie Ihre Medikation überprüfen: Vermuten Sie, dass eine zu hohe Dosierung eines kortisonhaltigen Medikaments als Auslöser für Ihre Beschwerden infrage kommt, sollten Sie das Mittel (meist Tabletten) nicht einfach absetzen, um das Cortisol zu senken. Halten Sie stets vorher ärztliche Rücksprache, da ein falsches Absetzen der Medikamente die Beschwerden sogar verschlimmern kann.