Halluzinationen – was steckt hinter Sinnestäuschungen als Symptom?
Wer halluziniert, sieht, hört oder fühlt Dinge, die es nicht gibt. Das kann sehr beängstigend sein, sowohl für die Betroffenen als auch für Angehörige. Dabei muss hinter Halluzinationen nicht immer eine Erkrankung stecken: Es gibt auch harmlose Gründe für die Sinnestäuschungen, zum Beispiel eine sogenannte Schlafparalyse. Im Folgenden stellen wir Ihnen verschiedene Arten von Halluzinationen vor. Darüber hinaus erfahren Sie, wie sich Halluzinationen von Wahnvorstellungen unterscheiden, ob Halluzinationen gefährlich werden können und was man dagegen tun kann.
Definition – was sind Halluzinationen?
Bei Halluzinationen handelt es sich um Sinnestäuschungen. Sie werden auch als Scheinwahrnehmungen, Trugwahrnehmungen oder Wahrnehmungsstörungen bezeichnet. Kennzeichnend für Halluzinationen ist, dass die Betroffenen etwas hören, sehen oder fühlen, ohne dass es dazu einen Sinnesreiz von außen gibt. Sie selbst sind jedoch davon überzeugt, dass die Wahrnehmung der Realität entspricht.
Ursachen – was ist der Grund für Halluzinationen?
Halluzinationen treten oft als Symptom von psychischen oder neurologischen Erkrankungen auf, bei denen es zu einer Schädigung der Nervenzellen kommt. Seltener liegt eine andere Krankheit zugrunde. Es gibt aber auch weitere Ursachen für Sinnestäuschungen. Dann werden diese beispielsweise durch Medikamente, sehr hohes Fieber oder eine Schlafparalyse ausgelöst. Halluzinationen im Alter können beispielsweise durch Demenz, eingenommene Medikamente, ein Delir (ein Krankheitsbild mit einem akuten Verwirrtheitszustand) oder Augenerkrankungen ausgelöst werden.
Mögliche Ursachen für Halluzinationen im Überblick:
- psychische Erkrankungen: Schizophrenie, Psychose, Depression oder ein Delir, etwa nach einer Operation
- neurologische Erkrankungen: Hirnverletzung, Schlaganfall, Gehirnentzündung, Demenz, Epilepsie, Huntington-Krankheit, Parkinson, Migräne oder Tinnitus
- Drogen-, Alkohol- oder Medikamentenkonsum beziehungsweise -entzug
- Schlafparalyse, Schlafentzug und Erschöpfung
- Augenerkrankungen, vor allem im Alter
- hohes Fieber
- soziale Isolation
- Narkose oder Sedierung
Werden Halluzinationen durch eine nachweisbare Hirnfunktionsstörung ausgelöst (etwa einen Tumor, eine Enzephalitis oder Epilepsie, aber auch als Folge jahrelangen Alkoholkonsums), dann spricht man von einer organischen Halluzinose.
Wissenswertes über Halluzinationen
Symptome: Wie äußern sich Halluzinationen?
In vielen Fällen – aber nicht in allen – ist die Halluzination das Symptom einer zugrundeliegenden Krankheit. Genauer gesagt handelt es sich um ein psychosomatisches Symptom. Psychosomatisch bedeutet, dass das Symptom nicht vollständig durch körperliche Ursachen erklärbar ist, sondern dass auch die Psyche einen entscheidenden Einfluss hat. Denn Psyche und Körper stehen in enger Beziehung zueinander und beeinflussen sich gegenseitig.
Von Halluzinationen können alle Sinne, entweder einzeln oder in verschiedenen Kombinationen, betroffen sein:
- Sehen
- Hören
- Riechen
- Schmecken
- Fühlen
Die Dauer und Intensität von Halluzinationen können stark variieren. Sie beginnen meist plötzlich und können Minuten, Stunden, Tage oder sogar Wochen andauern.
Welche Arten von Halluzinationen gibt es?
Je nachdem, welcher Sinn getäuscht wird, werden bei den Scheinwahrnehmungen verschiedene Arten von Halluzinationen unterschieden, die wiederum charakteristische Merkmale aufweisen. Am häufigsten kommen visuelle und akustische Halluzinationen vor. Im Folgenden stellen wir Ihnen die verschiedenen Formen von Halluzinationen vor und nennen Beispiele sowie mögliche Ursachen der gestörten Sinneswahrnehmungen.
Visuelle Halluzinationen: Sehen von Objekten
Wenn Dinge gesehen werden, die es in der Realität nicht gibt, dann ist von visuellen oder auch optischen Halluzinationen die Rede. Es kann sich dabei zum Beispiel um Lichter, Schatten, Blitze, Farben oder Funken handeln. Es werden auch Objekte wie Menschen, Tiere, Fantasiegestalten und Gegenstände gesehen, entweder statisch oder bewegt, in Farbe oder in Schwarzweiß. Sogar ganze Szenen oder Handlungsabläufe können halluziniert werden.
Visuelle Halluzinationen treten oft im Zusammenhang mit einer Schizophrenie auf, werden aber beispielsweise auch bei Epilepsie, Depressionen, Migräne, Demenz und Suchtkranken beobachtet. Im Rahmen einer religiösen Meditation können Menschen in Ekstase ebenfalls Dinge sehen, die es nicht gibt.
Akustische Halluzinationen: Hören von Geräuschen
Als akustische Halluzinationen wird das Hören von Geräuschen bezeichnet, für die es keine Ursache in der Umgebung gibt. So werden von Betroffenen etwa Stimmen, Musik oder Umweltgeräusche wahrgenommen. Diese können sehr leise sein, zum Beispiel ein Geflüster, Gemurmel, leise Melodien, ein Zirpen, Piepsen oder Rascheln. Aber es werden auch laute Schreie oder Worte gehört, die einen Befehlscharakter haben (imperative Halluzinationen).
Akustische Halluzinationen, insbesondere das Stimmenhören, sind ein verbreitetes Symptom bei psychischen Erkrankungen, wie der Schizophrenie oder Psychose. Aber auch Menschen, die sich in einer tiefen Trauerphase befinden, können in bestimmten Alltagssituationen die Stimmen derjenigen hören, die sie verloren haben. Geräusche im Ohr sind auch typisch bei Personen, die an einem Tinnitus leiden. Wenn jemand sehr einsam lebt und wenige Sinnesreize von außen bekommt oder sein Gehör verloren hat, kann das Gehirn zudem das ergänzen, was fehlt: Es werden Geräusche vorgetäuscht.
Olfaktorische Halluzinationen: Wahrnehmung von Gerüchen
Bei der olfaktorischen Halluzination (Geruchshalluzination) werden in Abwesenheit einer Reizquelle Gerüche wahrgenommen, die meist unangenehm sind, wie Fäulnis, Verwesung, Benzin oder Gas. Auch diese Art der Sinnestäuschung ist in vielen Fällen auf eine psychische oder neurologische Erkrankung zurückzuführen. Ebenso kann eine Riechstörung, das heißt eine Störung des Geruchssinns, die Ursache für die Wahrnehmung von Gerüchen sein, ohne dass ein Geruchsreiz besteht.
Olfaktorische Halluzinationen kommen häufig bei Schizophrenen oder Menschen mit wahnhaften Depressionen vor, wurden aber auch schon im Zusammenhang mit Tumoren in bestimmten Hirnregionen oder im Vorfeld von epileptischen Anfällen beschrieben.
Neben der Geruchshalluzination gibt es auch die Geschmackshalluzination (gustatorische Halluzination), bei der ein meist ekliger Geschmack im Mund nach Verfaultem, Seife oder Fäkalien festgestellt wird. Diese beiden Arten von Halluzinationen treten häufig gemeinsam auf.
Taktile Halluzinationen: Fühlen von Berührungen
Die taktile Halluzination wird auch als haptische Halluzination oder als Tast- beziehungsweise Berührungshalluzination bezeichnet. Betroffene bilden sich ein, berührt oder sogar geschlagen oder festgehalten zu werden. Es wird auch von der Empfindung berichtet, dass kleine Tiere auf der Haut krabbeln (Dermatozoenwahn) oder Wasser über den Körper fließt.
Die taktile Halluzination kommt vor allem bei psychischen Erkrankungen, bei Demenz und im Zusammenhang mit dem Konsum von Drogen wie Kokain, Ecstasy und Halluzinogenen wie beispielsweise Meskalin, LSD, Dimethyltryptamin (DMT) oder "Magic Mushrooms" (psilocybinhaltige Pilze) vor.
Eng verbunden mit der taktilen Halluzination ist die Leibhalluzination. Bei dieser bilden sich die Betroffenen ein, dass ihr Körper von außen verändert wird, zum Beispiel durch Strahlen oder Strom. Es ist auch möglich, dass Halluzinierende sich beispielsweise steif, geschrumpft, vertrocknet oder hohl fühlen.
Vestibuläre Halluzinationen: Gefühl, zu fliegen
Bei der vestibulären Halluzination ist der Gleichgewichtssinn betroffen. Menschen mit dieser Art der Sinnestäuschung haben den Eindruck, zu fliegen, zu schweben oder zu fallen.
Derartige Scheinwahrnehmungen können bei Psychosen, verursacht durch halluzinogene Drogen, auftreten, aber ebenso bei Hirnschädigungen (Hirnorganischen Psychosyndromen, HOPS) oder seltener bei Schizophrenie.
Hypnopompe Halluzinationen und hypnagoge Halluzinationen
Sowohl die hypnopombe als auch die hypnagoge Halluzination kann bei gesunden Menschen vorkommen. Es handelt sich dabei um Trugwahrnehmungen, die nachts oder morgens im Halbschlaf, beim Aufwachen oder Einschlafen auftreten. Dabei können alle Sinne von der Täuschung betroffen sein, am häufigsten sind es der Seh- und der Hörsinn.
Schlafparalyse: Probleme beim Aufwachen
Von den beiden letztgenannten Formen von Halluzination abzugrenzen ist die Schlaflähmung, die sogenannte Schlafparalyse. Dabei kommt es zu Problemen beim Übergang vom Schlafen zum Erwachen.
Normalerweise werden im Schlaf Bewegungen, die in Träumen gemacht werden, unterdrückt. Bei der Schlafparalyse schaltet sich dieser Mechanismus nicht rechtzeitig mit dem Aufwachen aus. Die Folge: die Muskeln lassen sich nicht bewegen. Der Geist ist schon wach, der Körper fühlt sich aber an, als sei er gelähmt.
Manche Menschen, die eine Schlafparalyse erleben, sehen in diesem Zustand Schatten oder dunkle Gestalten im Raum und fühlen sich teilweise bedroht oder glauben, sie würden festgehalten. Diese Empfindungen entstehen vermutlich, weil das Gehirn nur teilweise wach ist.
Eine Schlafparalyse ist grundsätzlich nicht gefährlich. Sie tritt vermehrt bei Menschen auf, die wenig schlafen, Rauschmittel konsumieren oder an psychischen Erkrankungen leiden. Aber auch jeder andere Mensch kann eine Schlafparalyse erleben.
Halluzinations-ähnliche Ereignisse
Es gibt weitere Wahrnehmungsstörungen, die nicht zu den echten Halluzinationen gezählt werden. Dazu zählen neben anderen Pseudohalluzinationen und Wahnvorstellungen.
Pseudohalluzinationen
Die Betroffenen nehmen Sinneseindrücke ohne äußeren Reiz wahr, sind sich der Täuschung jedoch bewusst. Schlafentzug, sehr hohes Fieber oder bestimmte Medikamente können Pseudohalluzinationen hervorrufen. Je nach Ursache gibt es einen fließenden Übergang zu echten Halluzinationen.
Ein weiteres Beispiel für eine Pseudohalluzination ist das sogenannte Charles-Bonnet-Syndrom. Daran leiden insbesondere ältere Personen mit eingeschränktem Sehvermögen oder Erblindete. Von den Betroffenen werden einfache Formen oder Farben, aber auch Figuren wie Menschen oder Tiere gesehen. Als Auslöser werden neurologische Ursachen diskutiert. Man geht davon aus, dass das Gehirn bei einem Verlust der Sehkraft eigene Bilder produziert, die als visuelle Halluzinationen wahrgenommen werden.
Wahnvorstellungen
Bei Wahnvorstellungen handelt es sich um eine Störung des Denkens und nicht, wie bei der Halluzination, um eine Störung der Wahrnehmung. Bei einem solchen Wahn messen Betroffene Dingen, die in ihrer Umgebung passieren, eine falsche Bedeutung bei und sind nicht in der Lage, von objektiv falschen Vorstellungen abzuweichen. Beispiele für Wahnvorstellungen sind Verfolgungswahn, Größenwahn oder Liebeswahn. Sowohl Wahnvorstellungen als auch Halluzinationen gehören zu den psychotischen Veränderungen, die etwa im Rahmen einer Psychose auftreten können.
Behandlung – was tun bei Halluzinationen?
Die Behandlung von Halluzinationen wird auf die Art und die Häufigkeit der Halluzination sowie die Lebenssituation der Betroffenen abgestimmt. Am wichtigsten ist es, zunächst herauszufinden, welche Ursachen es für die Halluzinationen gibt. Dann kann damit begonnen werden, mögliche Auslöser zu meiden oder zu beheben. Das kann beispielsweise der Verzicht auf bestimmte Medikamente sein oder eine Behandlung der organischen oder psychischen Ursachen.
Zur Anwendung können Medikamente (Psychopharmaka) kommen, um die Beschwerden zu lindern. Parallel dazu wird häufig eine Psychotherapie verordnet. Stellt sich unter diesen Therapien keine Besserung ein, können nicht-invasive oder invasive Elektrotherapieverfahren eingesetzt werden.
Zusammenfassend zählen zu den Behandlungsmöglichkeiten:
- Pharmakotherapie (Medikamente): Antipsychotika, wie klassische und atypische Neuroleptika oder Antiepileptika
- Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie
- Elektrotherapie: Repetitive transkranielle Magnetstimulation, transkranielle Gleichstrombehandlung, tiefe Hirnstimulation
In Fachkreisen wird der Einsatz von Medikamenten bei Halluzinationen kritisch gesehen, da sie diese – je nach Ursache – nur bedingt positiv beeinflussen und eine Reihe von Nebenwirkungen mit sich bringen. Daher ist das ausführliche, ärztliche Beratungsgespräch vor dem Beginn einer medikamentösen Therapie von großer Bedeutung.
Wie geht man mit Menschen um, die Halluzinationen haben?
Leiden Personen im persönlichen Umfeld an Halluzinationen, ist es wichtig, ihnen gegenüber Mitgefühl und Verständnis zu zeigen. Das bedeutet aber nicht, dass man den Halluzinationen zustimmen soll. Angemessen ist es mitzuteilen, dass man die von der halluzinierenden Person beschriebenen Stimmen, Geräusche oder Gefühle selbst nicht wahrnehmen kann.
Folgende Empfehlungen können helfen, mit Halluzinierenden umzugehen:
- Halluzinationen sind für die Betroffenen sehr real. Sie können nachfragen, was die Person sieht, hört, riecht oder fühlt, um sie besser zu verstehen.
- Am besten ist es, wenn Sie sich nicht von den Halluzinationen der Betroffenen beunruhigen lassen und mögliche Handlungen oder Aussagen nicht persönlich nehmen.
- Achten Sie darauf, keine Witze über die Halluzinationen zu machen und nicht zu lachen.
- Fragen Sie die Betroffenen, ob es etwas gibt, das die Halluzinationen vertreiben oder mildern kann. Falls es etwas gibt, bieten Sie Ihre Unterstützung an.
- Seien Sie geduldig und bleiben Sie bei der halluzinierenden Person. Diese sollte nicht unbeaufsichtigt sein, denn Halluzinationen können den Betroffenen nicht nur Angst machen, sondern für diese Menschen selbst und für andere eine Bedrohung darstellen, wenn sie gefährliche Handlungen zur Folge haben.
- Ermutigen Sie die betroffene Person, professionelle Hilfe aufzusuchen, falls dies noch nicht geschehen ist. Erste Anlaufstelle ist meist die hausärztliche Praxis.
Können Halluzinationen gefährlich werden?
Eine Halluzination per se ist nicht gefährlich. Es droht jedoch Gefahr, wenn sich Betroffene im Verlauf einer Halluzination in eine gefährliche Situation bringen. Das kann beispielsweise passieren, wenn sie eingebildeten Stimmen folgen, die ihnen befehlen, über eine befahrene Straße zu laufen. Oder wenn sie sich selbst verletzen, weil sie Tiere loswerden wollen, die über den Körper krabbeln, die aber gar nicht vorhanden sind.
Eine andere Gefahr stellt die mögliche Abhängigkeit von Medikamenten oder Drogen dar, die Halluzinationen auslösen (Halluzinogene).
Selten sind Halluzinationen auch ein Symptom bei einem Schlaganfall. Da es sich hierbei um einen medizinischen Notfall handelt, muss umgehend ärztliche Hilfe unter der Notrufnummer 112 angefordert werden.